Zwischen Hochglanz und Verantwortung

Das Leipziger Model Widget ist national wie international gut gebucht. © Ralf Cornesse

Der Modeljob wird von einigen Menschen gern abschätzig betrachtet. Dass es jedoch äußerst guttun kann, auf Plakatwänden lächelnde Menschen statt menschenverachtender Slogans zu sehen, fällt gerne einmal hinten runter. Ahoi-Redakteur Volly Tanner sprach mit dem Leipziger Model Widget über Model-Casting-Formate im Fernsehen, ihren Weg ins Geschäft mit der Schönheit und das andere Leben, abseits ästhetischer Bilder.

Ahoi: Wenn man es genau nimmt, bist du derzeit wahrscheinlich das bekannteste Gesicht Leipzigs. Dein Lächeln ist auf Großplakaten und in Anzeigen zu sehen – von Aldi Talk bis hin zur Apotheken-Zeitung. Wann hast du begonnen, dich fotografieren zu lassen – und wie kam es dazu?

Widget: Naja, ich glaube nicht, dass ich das bekannteste Gesicht Leipzigs bin (lacht). Aber ich stimme dir zu, dass mein Gesicht national und international schon häufiger die Menschen anstrahlt. Auch für mich ist es komisch. Ich muss dann immer schmunzeln, wenn ich mich selbst irgendwo sehe.

Meine ersten Schritte vor der Kamera begannen 2005 – ganz zaghaft. Der Ursprung lag tatsächlich in einem Wettbewerb, der sich „Ascherslebener Gesicht 2005“ nannte. Ich wurde nach der Teilnahme gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte zu modeln. Und so nahm die Geschichte seinen Lauf. In den ersten drei Jahren kam die Jobs eher unregelmäßig. Seit 2009, als ich zur Kleinunternehmerin wurde, ging es langsam, aber stetig bergauf. Ich wurde von den ersten Agenturen angefragt und aufgenommen.

Ahoi: Das gesamte Management machst du ja nicht allein, du erwähntest gerade deine Agentur. Mit wem und wie arbeitest du konkret?

Widget: Direktanfragen über meine Homepage und die ganze Organisation auf meinen Social-Media-Kanälen mache ich komplett allein. Wenn ich zum Beispiel mal wieder neue Referenzbilder benötige, organisiere ich mir die auch selbst. Anfragen von großen Kunden kommen dann immer über meine Agenturen, die die Organisation und Vermittlung übernehmen.

Ahoi: Dein Markenzeichen sind dein wirklich wundervolles Lachen und dein rotes, natürliches Haar. Bei all dem Lachen – gibt es dich auch in „finster“?

Widget: Also in finster vielleicht nicht direkt. Aber klar gibt es auch künstlerisch ernste und traurige Projekte. Auf meiner Homepage sind einige davon zu sehen.

Ahoi: Viele junge Mädchen orientieren sich an der Sendung „Germanys Next Topmodel“. Ich habe persönlich das Gefühl, dass die Frauen in dem Format verbrannt werden. Die Gewinnerin aus dem letzten Jahr lebt jetzt auf Bali und macht Yoga. Auch von vielen anderen Beteiligten hört man wenig bis nichts. Wie stehst du zum Konzept GNTM?

Widget: Puh, da fragst du wirklich die Falsche. Ich habe damals die ersten drei Staffeln gesehen und auch die Staffel mit Simone Kowalski. Ich habe sonst keine Ahnung wer, wie, wo, was gewonnen hat und dabei war oder was dann mit den Mädels passiert ist. Ich denke, dass dieses Format sich mit der Zeit verändert hat und es mittlerweile eher ein Sprungbrett geworden ist, um im Social-Media-Bereich erfolgreicher zu werden. Das haben ja auch ein paar Mitstreiterinnen von Simone Kowalski gut hinbekommen. Ich kann dazu die Kanäle von Jana Heinisch empfehlen. Sie war selbst mal bei GNTM und gibt dort gute Eindrücke, was hinter den Kulissen abgeht.

Ahoi: Du fotografierst auch selbst. Was interessiert Dich da besonders?

Widget: Das Einzige, was ich benutze, ist mein Handy für Fotos und Videos und wenn ich Lust und Laune habe, hole ich meine alte Polaroid raus und mach Schnappschüsse. Aber ich würde es nicht unbedingt als ,Ich fotografiere selbst' bezeichnen.

Ahoi: Du forcierst deine Modellaufbahn weiter von Leipzig aus – und eben nicht aus Berlin, Mailand oder New York. Wieso denn das?

Widget: Ich habe ehrlich gesagt nie darüber nachgedacht, für das Modeln nach Berlin oder irgendwo anders hinzuziehen. Ich bin damals nach der Schule nach Leipzig gezogen, weil ich dort meine Ausbildungsstelle zur Gesundheits- und Krankenpflegerin bekommen hatte und ich diese Stadt schon immer toll fand. Ich habe später noch studiert und einen Platz in Leipzig bekommen – also warum dann umziehen?

Ich denke, dass dieses Format sich mit der Zeit verändert hat und es mittlerweile eher ein Sprungbrett geworden ist, um im Social-Media-Bereich erfolgreicher zu werden. [Widget über das Format „Germanys Next Topmodel“]

Ahoi: Du arbeitest neben dem Modeln noch in einem ganz anderen Bereich. Einem, wie ich finde, sehr wichtigen, der Kraft erfordert. Für unsere Leser: Was tust du?

Widget: Ich bin seit Januar 2019 approbierte Ärztin und habe Mitte 2020 angefangen, in diesem Beruf zu arbeiten. Ich habe mich zunächst für die Facharztrichtung Anästhesiologie/ Intensivmedizin/ Notfallmedizin/ Schmerzmedizin entschieden und bin aktuell mittendrin in der Assistenzarztausbildung.

Ahoi: Gefühlt gibt es tausende veröffentlichte Bilder von dir. Hast du da noch einen Überblick?

Widget: Ich würde es nicht als Überblick bezeichnen. Ich bekomme von so vielen lieben Menschen Bilder geschickt, wenn sie mich sehen und die sammle ich gerne – einfach auch als Erinnerung. Über die direkten Buchungen und Agenturbuchungen habe ich natürlich den kompletten Überblick. Auch über die anderen Werbebilder. Aber eine genaue Anzahl kann ich dir nicht sagen.

Ahoi: Ein guter Freund von mir erzählte mir, dass du eine leuchtende Flamme im Leipziger Nachtleben bist. Welche Läden werden denn gerne von dir frequentiert?

Widget: Im Ernst? Das ist aber schon ganz schön lange her. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wann ich das letzte Mal so richtig tanzen war. Klar: Corona fügt sein Übriges dazu, aber vor dieser Zeit... Wo ich gerne hingegangen bin, war das Elsterartig, weil es so urig und gemütlich ist, in den SpizzKeller, weil ich da so viele schöne Erinenrungen mitnehmen konnte, manchmal in den TV-Club wegen der Medizinerpartys und das Nachtcafé, weil ich die Musik liebe.