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  • Interviews
Musik aus dem Projekt „Trieders Holz“

Vertraute Orte

Ausnahmekünstlerin Conni Trieder mit einem ihrer Musikinstrumente © Lutz Voigtländer

Leipziger sehen sich sehr gerne als weltoffen, nur mit dem Interesse an der kleinen Schwester gleich vor der Haustür hapert es etwas. „Die Welt retten …“ klingt ja auch besser als: „Mal schauen, was in Halle so kulturell läuft …“. In Halle gibt es nämlich viel Aufregendes. Es muss nur besucht werden.

Ahoi-Redakteur Volly Tanner sprach deshalb mit der halleschen Ausnahmekünstlerin Conni Trieder über „Vertraute Orte“. Auch damit Hiesige nicht wieder sagen können: „woher sollte ich das denn wissen?“:

Ahoi: Guten Tag in die Nachbarstadt, liebe Conni Trieder. Du hast mit deinem Projekt „Trieders Holz“ eine Hommage namens „Vertraute Orte“ an meine Geburtsstadt Halle an der Saale veröffentlicht. Ein faszinierendes, überraschendes und poetisches Album. Nun kennen dich die Menschen in Hauptsache als Komponistin und Musikerin. Doch auch die auf dem Album von der wundervollen Mareike Hein eingesprochenen Texte sind von dir. Wie viel Jazz ist in deiner Poesie?

Conni Trieder: Meine Texte in diesem Projekt stützen sich alle auf meine eigenen Kindheits- und Jugenderinnerungen. Das sind flüchtige Momente, die ich versucht habe, einzufangen. Im Jazz gibt es Standards, Stücke, die die meisten Musikerinnen und Musiker kennen. Auch wenn meine Erinnerungen nicht dieselben sind, glaube ich, dass sich viele darin wiedererkennen können oder sich selbst als Kind begegnen, auch wenn wir nicht zur selben Zeit in derselben Stadt groß geworden sind 

Ahoi: „Trieders Holz“? Heißt dies, es kommt bei dieser Kapelle nur Instrumentarium aus Holz zum Einsatz? Wenn ja, wer spielt denn was? Und wenn nein, was bedeutet dann das Holz und wer spielt was?

Conni Trieder: Richtig, es sind drei Holzblasinstrumente und der Kontrabass besteht auch aus Holz. Letzteren spielt Athina Kontou, die zurzeit mit ihrem Projekt „Mother“ sehr erfolgreich unterwegs ist. Leonhard Huhn spiel hier Bassklarinette, meistens spielt er Saxofon und hat sich in Köln und deutschlandweit einen Namen erspielt. Quentin Coppalle kommt aus Frankreich und spielt fantastisch Querflöte. Es macht mir riesigen Spaß, mit ihm als Flöten-Kompagnon zu musizieren. Ich spiele bei dem Projekt die Altquerflöte. Sie ist etwas größer als ihre bekanntere Schwester die Querflöte und erklingt eine Quarte tiefer.

Ahoi: Als Musikerin gibt es dich auch bei „Das kleine Grusel“, dem „Conni Trieder Trio“ und bei „Dunkelwellen“. Ganz viel dunkel hier, da geht mein schwarzes Herz auf. Kannst du uns bitte etwas zu den anderen Projekten erzählen, die du neben „Trieders Holz“ noch betreibst?

Conni Trieder: „Das Kleine Grusel" ist ein Quartett mit Klavier, Bass und Schlagzeug. Wir spielen Filmtitel von alten Horrorstreifen von Polanski oder Hitchcock, aber auch Stücke von Kurt Weill und Hanns Eisler, ebenso wie von Tom Waits und Eigenkompositionen. Ich wollte gruselige Musik spielen und weil es aber eben nicht so einfach ist, wirklich furchteinflößend zu sein, sind wir eben „nur" das KLEINE Grusel.

„Dunkelwellen" ist mein Duo mit Kai Niggemann. Er spielt die Buchla Music Box, einen modularen Synthesizer und ich Querflöte mit Effekten. Es ist elektroakustische Musik, die wir nach Konzepten frei improvisieren. Wir arbeiten momentan an unserem Album. Da unsere Musik sehr atmosphärisch und düster klingt, passt der Bandname sehr gut, finde ich.

Mit dem „Conni Trieder Trio" habe ich mein erstes Album auf nWog Records veröffentlicht. Mit Lukas Keller am Kontrabass und Simon Bräumer am Schlagzeug habe ich zwei Mitstreiter gefunden, mit denen ich die Kompositionen richtig zum Leben erwecken kann. Wir sind mittlerweile ein sehr eingespieltes Team und werden immer freier in den Konzerten. Auch das Trio wird dies Jahr noch Singles und ein Video veröffentlichen. 

Vielleicht ist das Dunkle eben ein Gegenpol zu der sehr hohen und klaren Stimme der Querflöte.

Ahoi: Die Texte auf „Vertraute Orte“ sind sehr, sehr „Halle“. Für mich eine berührende Reise in einen Ort, der von der Leipziger Kulturgesellschaft doch äußerst stiefmütterlich oder stiefgeschwisterlich, manchmal sogar abwertend, behandelt wird. Was ist Halle für dich? Was macht Halle zu dem vertrauten Ort, von dem berichtet werden muss in Kunst und Kultur?

Connie Trieder: In keiner anderen Stadt habe ich mich je so ausgekannt, wie dort. In keiner Stadt kannte ich mehr Straßennamen auswendig. In Halle bin ich aufgewachsen, in Halle habe ich meine Jugend verbracht. Sicher habe ich eine romantisch verklärte Sicht, weil ich dort meine jugendliche Aufbruchsstimmung erlebt habe. Aber es ist auch eine besonders grüne Stadt mit schönen Parks und Alleen. Es gibt die Kunsthochschule, die Kirchenmusikhochschule und eine große Universität. Schon zur Zeit der Aufklärung war Halle eine beliebte Stadt zum Studieren. Romantische Dichter haben über der Saale gestanden und sich des Lebens gefreut. Ich liebe diese Stadt. Für mich ist sie Heimat.

Ahoi: Als Gastmusikerin warst du auch neben anderem bei Faber und The Hirsch Effekt aktiv. Das sind schon klangvolle Namen und Ensembles. Wie kommen solche Zusammenarbeiten eigentlich zustande?

Connie Trieder: Das sind ehrlich gesagt nur kleine Studioaufnahmen, die durch die Tonmeister zustande kamen. Aber richtig, bei Faber habe ich bei „Lass mich nicht los" und „Sei ein Faber im Wind“ gespielt, bei letzterem habe ich sogar gesungen. Meine Side-Woman-Projekte sind mir viel wichtiger zu erwähnen. Das sind momentan Luise Volkmanns „Été Large" und „LEONEsauvage" sowie das Projekt „Gianni Brezzo".

Ahoi: Dein Album „Vertraute Orte“ ist bei nWog erschienen. Was ist das denn für ein Label?

Conni Trieder:nWog Records ist das Label des Posaunisten Nils Wogram. Es versteht sich als eine Genossenschaft, die Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform zur Verfügung stellt, über die ihre Tonträger hergestellt, vertrieben und medial beworben werden können. Das ist ein festes Team für Management, Promotion und Artwork. Jährlich werden nur eine kleine Anzahl Produktionen veröffentlicht.

Ahoi: 2022 konnten wir dich im WUK Theater Halle erleben. Die wenigsten Leipzigerinnen und Leipziger waren dort schon einmal, obwohl das Theater mit den Mitteln des ÖPNV innerhalb von einuneinerviertel Stunde vom Lindenauer Markt in Leipzig erreichbar ist. Hier darfst du eine Lanze fürs WUK-Theater brechen. Mach mal. Was ist so grandios an diesem Ort?

Conni Trieder: Du hast recht, das war leider schon letztes Jahr. Es gab viel Publikum und der Abend war wunderschön. Das WUK-Theater Quartier hat einen sehr hübschen alten Saal, der die perfekte Akustik für uns hat. Das WUK-Theater Quartier macht spannende Projekte. Es arbeitet nicht in Spielzeiten, die über ein ganzes Jahr gehen, sondern in kleineren zeitlichen Fenstern, die jeweils ein bestimmtes Thema haben. Es gibt Gastspiele, Produktionen vom Haus und auch Gruppen, die zum Arbeiten dorthin kommen, soweit ich weiß.

Es ist auf jeden Fall mal ein Besuch wert und eine Chance, Halle in neuem Licht zu sehen. So wie das Album „Trieders Holz - Vertraute Orte" auch! Es erscheint am 21. April auf www.nwogrecords.bandcamp.com/, wo man auch die CD kaufen kann und auf allen bekannten Streaming Diensten.

Ahoi: Danke, liebe Conni für deine Zeit und dafür, dass du von Halle kündest. Halle ist es jedenfalls wert und die Menschen aus Halle ebenfalls, besonders meine ehemaligen Klassenkameraden, doch die wissen das glücklicherweise selbst.

Conni Trieder im Netz:
​​​​​​​https://connitrieder.de/​​​​​​​

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