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Interview: Sachsens Umweltminister Wolfram Günther

Über die Zukunft des Leipziger Auwalds

Sachsens Umweltminister Wolfram Günther bei einer Begehung des Leipziger Auwalds © SMEKUL – Tom Schulze

Klimaschutz ist eingebunden in gesellschaftliche Prozesse. Dies hat Wolfram Günther, der Sächsische Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft sowie Stellvertretender Ministerpräsident von Sachsen, glücklicherweise erkannt und arbeitet daran mit seinem Team.

Ahoi-Redakteur Volly Tanner traf ihn und fragte nach – ganz besonders wie es mit dem Leipziger Auwald weitergehen soll.

Ahoi: Guten Tag, Herr Staatsminister. Lieber Wolfram Günther. Seit deinem Amtsantritt bewegt sich ja richtig etwas im Bereich Umweltschutz. Schon ganz zu Beginn hast du ja auch das Gespräch mit protestierenden Bauern gesucht, bist zu ihnen hingegangen. Jetzt ist Leipzig als urbanes Zentrum nun nicht so das Landwirtschaftsmekka – aber wir haben mit dem Auwald ein europäisches Kulturgut zu bieten. Auch hier gibt es endlich eine Strategie zur Rettung, einen Maßnahmenplan für die nächsten Jahre. War es schwierig, alle Player an einen Tisch zu bekommen?

Ja, der Auwald ist ein ökologischer Schatz von europäischem Rang. Beim Thema Auwald sind viele Beteiligte einzubinden: Kommunen, zwei Landkreise, Flächeneigentümerinnen und -eigentümer und zivilgesellschaftliche Gruppen, Umwelt- und Naturschutzverbände etwa. Das geht natürlich einher mit unterschiedlichen Zielen und Vorstellungen. Gleichzeitig gibt es schon jetzt Projekte, Gremien und Strukturen, die sich der Entwicklung des Leipziger Auwalds widmen. Mit dem Thesenpapier zur Entwicklung des Auwalds haben wir nun ein fachstrategisches Konzept in der Hand, mit dem wir in einem partizipativen Prozess die unterschiedlichen Vorstellungen zusammenführen. Die große Zustimmung zum Papier stimmt mich hoffnungsvoll. Wir sitzen alle an einem Tisch, auch wenn mir klar ist, dass wir am Anfang eines langen Prozesses stehen. 

Und mein Ministerium richtet gerade eine Koordinierungsstelle für die Auwald-Revitalisierung ein. Sie soll durch eine Arbeitsgruppe aus Gebietskennerinnen und -kennern des Landes, der Landkreise und der Städte Leipzig und Schkeuditz unterstützt werden. Auch haben wir gerade begonnen, ein Beteiligungskonzept zu erarbeiten. Mit all dem können wir die vielfältigen Aktivitäten in der Region koordinieren und unterstützen. 


Ahoi: Thema ist ja auch dort die Wiedereinwässerung in Abständen, wozu das Luppe-Wehr ja verändert werden soll, wenn ich das richtig verstanden habe. Nun haben sich in den letzten Jahrzehnten im avisierten Flutungsgebiet Kleingartenanlagen angesiedelt. Wie soll mit den dortigen Pächtern, die ja jahrzehntelang auch für den ökologischen Aspekt der Stadtentwicklung wichtig waren, eigentlich umgegangen werden?

In Leipzig existieren an der Luppe mehrere Wehre und sogenannte Siele. Mit ihnen werden Wassermengen gesteuert und bewirtschaftet. Künftig sollen einige Anlagen auch dazu genutzt werden, um Wasser in den Leipziger Auwald einzuleiten. Wegen der Dürre und gesunkener Grundwasserstände in den letzten Jahren muss hier dringend gehandelt werden. Sonst drohen dem Auwald weitere erhebliche Schäden. Wenn wir aber wieder Wasser einleiten, können sich die auwaldtypischen Gehölze regenerieren. Das hilft, dieses hochbedeutsame Gebiet zu erhalten. 

Um welche Anlagen es geht, welche Flächen betroffen sein können, all das wird konkret ermittelt und geplant. Es wird darauf geachtet, dass möglichst wenige privat oder wirtschaftlich genutzte Flächen betroffen sind. Dazu gehört auch, dass die Kleingärten möglichst wenig berührt sind. Wir brauchen ja breit akzeptierte Lösungen. Daran arbeiten Stadt und Land gemeinsam.

Vor allem ist mir wichtig, dass gut und transparent kommuniziert wird.Staatsminister Wolfram Günther

Ahoi: Kurz vor den Feiertagen wurde bei dir Corona diagnostiziert. War es schlimm? Wie war das Arbeiten als Vizeministerpräsident von Sachsen in Heimarbeit?

Ich hatte grippeartige, vor allem aber mir bis dahin völlig unbekannte Symptome. Das hätte ich nicht gebraucht. Die Arbeit vom Homeoffice aus ist logistisch herausfordernd, gleichzeitig verbringe ich mehr Zeit mit der Familie. Dass es zu Hause stressfreier wäre, kann ich auf jeden Fall nicht bestätigen.


Ahoi: Prof. Dr. Michael Maul – der Bachfestintendant – baut ja gerade mit der Stiftung Wald für Sachsen den „Bachwald“ am Störmthaler See auf. Ist da das Land Sachsen mit involviert? Wenn ja – wie?

Die geplante Fläche liegt ja bei rund 25 Hektar, was bedeutet, dass dort etwa 125.000 Bäume gepflanzt werden. Das ist ein großes Projekt aus der Zivilgesellschaft heraus, das mir sehr nahe ist. Hier wird kulturelles Leben mit Ökologie und Landschaftsgestaltung verbunden. Dabei wird das Projekt ganz wesentlich mit durch die Stiftung „Wald für Sachsen“ getragen. Die Stiftung wird vom Freistaat finanziell unterstützt, um den Wald in Sachsen zu mehren. Das tut sie seit nahezu 25 Jahren und führt dabei auch Spender und Akteure der Waldmehrung in Sachsen zusammen. Das ist ein wichtiges Engagement.

 

Ahoi: Der nächste Sommer kommt bestimmt – und mit ihm Trockenheit und Hitze. Ganz besonders in den Städten. Welche Pläne verfolgt dein Ministerium, hier in städtische Entwicklungen einzugreifen? Gibt es Pläne? Ideen?

Städte und Gemeinden gestalten ihre Entwicklung in eigener Verantwortung. Das ist mir wichtig. Aber wir bieten als Land künftig deutlich mehr Anreize und Unterstützung. Ein prominentes Beispiel: Jüngst hat der Landtag das Sächsische Naturschutzgesetz geändert und damit den Kommunen wieder die Möglichkeit gegeben, Gehölzschutzsatzungen zu erlassen. Das ist ein Instrument, mit dem gerade Städte Klimawandelanpassung betreiben können. Ein anderes Beispiel: Wir wollen ein „Förderprogramm Klimawandelanpassung“ für die Kommunen auflegen, wo wir ebenfalls einen Schwerpunkt auf das Stadtgrün legen wollen. Voraussetzung ist, dass wir die Mittel dafür im kommenden Haushalt bekommen.

Das Thema Klimawandelanpassung spielt neben dem Ausbau der Erneuerbaren in Sachsen auch in unserem Energie- und Klimaprogramm eine Rolle, an dem wir gerade arbeiten.

Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft

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