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Ortsvorsteher Denis Achtner im Interview

Ohne Rand kein Zentrum

Eine Großstadt wie Leipzig ist nicht an jeder Stelle gleich. Und so kommt es auch, dass die Bedürfnisse und Probleme der Menschen zutiefst unterschiedlich sind. Wäre ja auch äußerst unangenehm, wenn alle 600.000 Leipziger derselben Meinung wären. Deshalb macht es sich die Ahoi auch zur Aufgabe, politisch Aktive zu befragen, was so gärt in den unterschiedlichsten Stadtteilen – und da die Stadtteile an den Rändern medial oft zu kurz kommen, beginnen wir mit ihnen. In Teil 1 unserer politischen Interviews treffen wir auf Denis Achtner, der in Böhlitz-Ehrenberg seit vielen Jahren Verantwortung übernimmt.

Denis Achtner ist Ortsvorsteher von Böhlitz-Ehrenberg © Volly Tanner

Ahoi: Guten Tag, Denis Achtner. Sie sind Ortsvorsteher in Böhlitz-Ehrenberg. Dies ist ein erst vor einigen Jahren eingemeindeter Ortsteil Leipzigs, heißt: bis dahin war Böhlitz-Ehrenberg ein eigenständiger Ort. War die Eingemeindung eine gute Sache? Hat es der Entwicklung des Ortsteils geholfen? Welche Nachteile gab und gibt es?



Die Meinungen, ob die Eingemeindung gut für Böhlitz-Ehrenberg war oder ist, gehen weit auseinander. Diejenigen, die nach Böhlitz-Ehrenberg zugezogen sind, werden aufgrund der fehlenden Vergleichslage wohl eher zu denen gehören, die sagen, dass die Eingemeindung gut für unseren Ort war. Alteingesessene hingegen hegen nicht selten noch einen Groll auf die, ihrer Meinung nach, „freiwillige Zwangseingemeindung“ und fühlen sich auch in den letzten Kommunalwahlergebnissen bestätigt. Bekanntlich haben alle Randgemeinden anders als der Stadtkern gewählt. Die Stadtverwaltung hat es in den vergangenen zwanzig Jahren nicht geschafft, die Randlagen „mitzunehmen“ und anzuschließen. Das fängt mit dem schlechteren ÖPNV-Anschluss an. Böhlitz-Ehrenberg ist da noch einer der Ortsteile, mit einer weniger schlechten Anbindung wie Rückmarsdorf oder Burghausen. Dennoch ist die Straßenbahnlinie 7 eine der meistfrequentierten Linien, die aber auch am unpünktlichsten ist mit zahlreichen Tram-Ausfällen. Viele Bürgerinnen und Bürger sind deshalb auch noch auf das Auto angewiesen. Aber auch in der Verkehrspolitik kann man den Eindruck bekommen, dass die gewählten Vertreter nur den Stadtkern im Auge haben. Da muss man sich nicht wundern, warum die Bürgerinnen und Bürger bei einer angestrebten Erhöhung der Parkgebühren von über 100 Prozent nur mit dem Kopf schütteln. Der Weg auf die „Grüne Wiese“ zum Einkauf wird da wieder sehr attraktiv. Hier wird wieder der zweite Schritt vorm ersten gemacht. Zuerst müsste in die Infrastruktur investiert werden. Nur mit Zwang, statt mit Anreizen zu arbeiten, führt hier zu nichts.

Ebenfalls, gegenüber dem Zentrum, fühlen sich die Randlagen hinsichtlich von Ordnung und Sauberkeit benachteiligt. Aufgrund der mangelnden personellen Besetzung und Ausstattung des Stadtordnungsdienstes sind dessen Mitarbeiter gefühlt im Ortsbild kaum wahrzunehmen. So entsteht der Eindruck, dass sich wieder nur um den Stadtkern gekümmert wird. Nehmen wir das Beispiel nächtliche Ruhestörung. Damit Einsatzkräfte des Ordnungsamtes dieser nachgehen können – die Polizei sieht sich dafür nicht zuständig – muss man schon über hellseherische Kräfte verfügen, denn bekanntlich herrscht ab 22 Uhr Nachtruhe, die Mitarbeiter des Stadtordnungsdienstes – respektive Polizeibehörde wie es jetzt heißt – haben aber bereits ab 21.30 Uhr Feierabend. Im Bedarfsfall erreicht der Bürger um 22.00 Uhr also unter dem Ordnungstelefon 1238888 niemanden mehr. In seiner Not ruft der Bürger dann die 110 und muss sich dort belehren lassen, dass dies nicht die Nummer dafür sei, sondern die des zuständigen Polizeireviers. Da sich die Polizei aber – wie oben beschrieben – nicht zuständig fühlt und in der Einsatzhierarchie logischerweise nach Dringlichkeit vorangeordnete Fälle abarbeiten muss, setzt sich beim Bürger der Eindruck fest, dass er nicht ernstgenommen wird. Nur diese wenigen Beispiele zeigen, dass hier einiges im Argen liegt und aufgearbeitet werden müsste.

Positiv an der Eingemeindung ist aber anzumerken, dass meine hauptamtlichen Vorgänger sich die Eingemeindung von der Stadt teuer bezahlen ließen. So wurde im Eingemeindungsvertrag und dessen Ergänzung festgeschrieben, dass Böhlitz-Ehrenberg jährlich 51.100 Euro Brauchtumsmittel zur Verfügung stehen. Nach der Anpassung im vergangenen Jahr sind das nun 56.200 Euro. Das sind also rund 5,60 pro Einwohner unseres Ortes. Mit diesem Geld unterstützt der Ortschaftsrat die Vereine und Institutionen innerhalb der Brauchtumspflege. Aus diesem Grund hat Böhlitz-Ehrenberg noch ein reges Vereinsleben. Wenn man da in andere Ortsteile schaut, sieht das schon weitaus trauriger aus. Da zahlreiche Umlandgemeinden zwangseingemeindet wurden, haben sie auch keine vertraglichen Vereinbarungen und müssen sich mit einem Bruchteil an Brauchtumsmitteln zufriedengeben. Das ist der Vereinskultur natürlich abträglich. Hier wäre es ratsam, den Randgemeinden zu zeigen, was sie für die Stadt wert sind. Der Bürger in Rückmarsdorf darf pro Kopf nicht weniger Wert sein als in Böhlitz-Ehrenberg. Und ja, auch dieses Geld muss irgendwo herkommen. Im Vergleich zum Gesamtvolumen sind diese Mittel, um im „Deutsche Bank-Sprech“ zu bleiben „Peanuts“.

Sie sehen anhand dieser wenigen Beispiele, dass man die Frage, ob die Eingemeindung gut oder schlecht für Böhlitz-Ehrenberg war oder ist, nicht eindeutig beantworten kann. Zum Zeitpunkt der Eingemeindung hat niemand gewusst, wie sich die einst größte Industriegemeinde der DDR weiterentwickelt. Und sind wir mal ehrlich, so schlecht geht es uns in Böhlitz-Ehrenberg nicht, wir profitieren zu Teilen auch von der großen Messestadt. Aber dass das so bleibt, daran wird der Ortschaftsrat die Stadt stetig erinnern.

Ahoi: Funktioniert eigentlich die Kommunikation mit den Damen und Herren in den Entscheidungsgremien der Stadt gut? Wie und wann ist diese möglich?



Also hier muss man differenzieren. Ich kann mich über die Kommunikation zu Stadträten meines Wahlkreises nicht beschweren. Ich hatte fraktionsübergreifend nie den Eindruck, dass man sich Problemen des Ortes nicht annimmt. Auch der direkte Kontakt mit dem Büro für Ratsangelegenheiten, das für die Kommunikation mit den Ortschaftsräten zuständig zeichnet, ist gut.

Dennoch gibt es Baustellen in der Verwaltung. So hat der Ortsvorsteher zum Beispiel das Recht, nichtöffentliche Sitzungen der Ausschüsse zu besuchen, wenn es ein Thema des Ortes betrifft. Doch Einladungen der Ausschüsse kommen nur sporadisch und auch den Vorlagen ist nicht immer zu entnehmen, dass der Inhalt auch unseren Ortsteil zum Beispiel betrifft. Das war zuletzt mehrfach beim Thema „Schlobachshof“ so. Wer ahnt denn schon, dass in einer Vorlage zu Seehausen Ausgleichsflächen auf Böhlitz-Ehrenberger Flur behandelt werden? Der Vorlage fehlte die Gemarkungszuordnung, nach der ich im Ratsinformationssystem suchen kann. Damit wurde mir als Ortsvorsteher die Möglichkeit genommen, mich adäquat zu informieren. Das kann ganz schnell nachteilig für den Ort sein.

Darüber hinaus hat man das Gefühl, je höher man in der Hierarchie anklopft, um so weiter sind die Damen und Herren vom Problem entfernt. Gerade da sollte man sich die Erfahrung und das Wissen der Ortschaftsräte und Ortsvorsteher ins Boot holen. Gut finde ich den Ansatz, dass jeder Ortsteil einen „Patenbürgermeister“ bekommen soll, der in regelmäßigen Abständen sich vor Ort über Sachverhalte und Probleme informiert. Auch der Oberbürgermeister wollte ja nach seinem nur knappen Wahlsieg auf die Ortsteile zugehen. Ich bin gespannt.

Ahoi: Was gibt es für Problemstellungen in Böhlitz-Ehrenberg?

Einige Probleme habe ich ja bereits benannt. Eines der größten Probleme war einst unser Schulstandort. Meine Amtsvorvorgängerin hatte mehrfach in ihrer Amtszeit darauf hingewiesen, dass die Kinderzahlen im Ort nicht stimmen könnten und mehr Bedarf als Platz da sei. Sie musste sogar bis vor Gericht ziehen, um die Einhaltung des Eingemeindungsvertrages, der den Schulstandort sichert, einzufordern. Damals ging es um den Neubau von vier Klassenräumen. Die Einwohnerentwicklung hat Frau Teubner recht gegeben. Seit Juli laufen nun die Arbeiten am 3. Neubau auf dem Gelände. Neben dem ersten Grundschulneubau und der Mensa entsteht nun ein zweiter Neubau mit dem Vielfachen an Räumen. Laut Versprechen des OBMs soll dieser nun 2021 ans Netz gehen.

Aber damit ist das Schulproblem dann nicht vollständig gelöst. Auch in Gundorf muss die Grundschule erweitert werden. Die Vorplanungen laufen, es scheint aber mit dem Erwerb des Grundstücks Probleme zu geben. Die Stadt möchte eher kaufen als erbpachten. Wie schnell sich Zeiten ändern – ich sage nur Stadionverkauf an RB – aber das ist eine andere Sache.

Ordnung und Sicherheit als Thema hatte ich ja schon benannt. In den vergangenen Jahren gab es viele Vorfälle mit missbräuchlichen Nutzungen von öffentlichen Parkanlagen und Plätzen zu nächtlicher Stunde. Hier ist das Unrechtsbewusstsein wie auch bei anderen Sachen wie Müll, Kippen wegwerfen, unangeleinten Hunden etc. abhandengekommen. Hier fehlt eindeutig das (maß)regelnde Element. Doch eine Einsicht zur angemessenen Erhöhung des Stadtordnungspersonals gibt es nicht. Dieser müsste 24/7 im Dienst sein. Das würde auch die Polizei entlasten.

Darüber hinaus gibt es die üblichen Probleme eines Ortes, defekte Straßen und Wege etc. Unsere Brunnenanlage auf dem Marktplatz im neuen Ortszentrum von 1994 ist defekt und äußerst unschön anzuschauen. Übrigens trotz der fast 25 Jahre ist die Brunnenanlage eigentlich noch nicht fertiggestellt. Eine ursprünglich angedachte Kunstinstallation ist bis heute nicht aufgebaut. Im letzten Jahr scheiterte schon ein Antrag zu Sanierung, wenn auch nur ganz knapp. Und wir benötigen für unser traditionelles Ortsfest, das in diesem Jahr seine 21. Auflage erlebt hätte, einen neuen Festplatz, nachdem der alte Festplatz einer notwendigen KITA weichen musste und auch die neue Dreifeldhalle – die hoffentlich nach den ausbleibenden Fördermittelbescheiden aus Sachsen dennoch kommen wird, denn sie wird unbedingt benötigt. Vielleicht kann man ja hier zwischen neuem Festplatz, der alten Brunnenanlage und den anliegenden und ungenutzten städtischen Grundstücken (Wiesen) eine Schnittmenge finden.

In jüngster Zeit hatten wir Probleme mit der Besitzübernahme des Schlobachshofes durch die Stadt. Im Zuge derer hielten Vandalismus und Vermüllung auf dem Gelände Einzug. Der Ortschaftsrat handelte sofort und forderte sofortige Sicherungsmaßnahmen auf dem Hof. Ein zunächst sporadisch eingesetzter Sicherheitsdienst konnte einen ersten Brand nicht verhindern und auch ein 24-stündiger Wachdienst den 2. Brand nicht. Nun arbeitet die Stadtverwaltung an Plänen der weiteren Nutzungsmöglichkeit der denkmalgeschützten Gebäude. Das Thema wird uns also noch eine Weile begleiten.

Ein aktuelles Problem ist die Unkenntlichmachung und Beschädigung von Verkehrsschildern durch Aufkleber und Beschmierungen. Fast alle Verkehrsschilder im Ortskern sind mit „Chemie Leipzig“-Aufklebern verunstaltet. Ich möchte das Problem aber nicht an einem Verein festmachen, in ganz Leipzig hat diese Unsitte Einzug gehalten. Als Mitglied eines Sportvereins bin ich einer ordentlichen Fankultur sehr zugetan. Doch was hier passiert, ist hoch gefährlich. Ein Hauptstraßenschild oder ein Achtungsschild kann man vielleicht noch an seiner Form erkennen, aber bei Geschwindigkeitsbegrenzungen, vor allem – aber nicht nur – an Schulen und Kindertagesstätten, hört für mich der Spaß auf. Aber daran denken die Aufkleberaufklebenden wohl eher nicht. 



Ahoi: Und welche Lösungsansätze gibt es?


In Bezug auf das zuletzt genannte Beispiel leider noch gar keine Ansätze. Dass der Verein hier keine direkte Handhabe hat, ist mir schon verständlich. Allerdings kann der Verein sich hinter dieser Aussage nicht verstecken und muss Wege finden, auf seine Fans einzuwirken. Sicherlich kann man dazu auch zusammen mit dem Ordnungsdezernat etwas auf die Beine stellen. Vielleicht gibt es auch schon ein Projekt dazu. Leider habe ich auf meine bisher vier Anfragen seit Juni dieses Jahres von Chemie Leipzig noch keine Antwort bekommen. Die Einladung zum Meinungsaustausch mit dem Ortschaftsrat ist gestellt. Ich hoffe, im Sinne des bisher ungetrübten nachbarschaftlichen Verhältnisses, dass diese Einladung angenommen wird. Vielleicht ja auch im Hinblick der im Ortschaftsrat anstehenden Beschlüsse zum Alfred-Kunze-Sportpark und zu unserem Stadtratsantrag.

Ich sehe hier aber in erster Linie die Stadtverwaltung in der Pflicht. Dem Ordnungsdezernat ist das Problem bekannt. Ihm seien aber die Hände gebunden, da man die Täter auf frischer Tat ertappen müsse, um sie zu belangen. Hier schließt sich wieder der Kreis zu meinen Aussagen zur Unterbesetzung von Stadtordnungsdienst und Polizei. 



Ahoi: Nach der letzten Wahl gab es einen Button einer SPD-Politikerin, auf dem der Stadtrand als der schwarze Rest diskreditiert wurde und die Innenstadt als rotes Herz. Wie fühlt man sich als Einwohner von Böhlitz-Ehrenberg ganz persönlich, wenn man so ausgegrenzt wird?



Ich bin ein großer Freund von Metaphern. Und Frau Rudolph-Kokot hat ja zunächst ein passendes Bild aufgezeichnet. Die Wahlergebnisse zeigen eindeutig, dass der Kern Leipzigs rot gewählt hat, der gesamte Außenbereich schwarz. Nur die Schlussfolgerungen waren falsch. Der schwarze Kreis erdrückt nicht das Herz in der Mitte – Leipzig wollte die Ortsteile unbedingt einverleiben. Wenn man das Bild von Frau Rudolf-Kokot aber weiterführt und mit meinen zuvor genannten Schilderungen verknüpft, dann kann man nur zu dem Schluss kommen, dass ein gesundes Herz auch in der Lage sein sollte, den Herzkranz angemessen zu versorgen. Sonst droht ein Infarkt.

Ich hoffe sehr, dass das von Frau Rudolph-Kokot gezeichnete Bild sich bei den Entscheidungsträgern nicht manifestiert hat. Leider hat die Frau unseres Oberbürgermeisters in ihren Posts in den sozialen Medien ein ähnliches Bild gezeichnet. Ich bin nun gespannt, wie das „auf die Ortsteile zugehen“ des OBMs aussehen wird.

Ahoi: Wie funktioniert denn die Arbeit im Ortsrat? Da gibt es ja auch unterschiedliche politische Ausrichtungen.


Im Böhlitz-Ehrenberger Ortschaftsrat sind zurzeit drei Parteien vertreten. Sechs von insgesamt neun Sitzen hat die CDU, zwei Sitze DIE LINKE und einen Sitz die SPD. Und dennoch spielt Parteipolitik im Rat kaum eine Rolle. Hier arbeiten alle Parteien sehr gut zum Wohle der Ortschaft zusammen. Das ist sehr wichtig, da in Richtung Stadtrat und Verwaltung durch entsprechende, möglichst einstimmige Abstimmungsergebnisse ein Zeichen gesetzt werden kann. Dazu muss man wissen, dass der Ortschaftsrat zu Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen, gehört werden muss. Ein bindendes Votum kann durch den Ortschaftsrat aber nicht erfolgen. Das entscheidende Gremium ist der Stadtrat. Das gilt natürlich auch für Anträge, die der Ortschaftsrat in den Stadtrat selbst einbringt. Daher ist auch die fraktionsübergreifende Zusammenarbeit mit den Stadträten enorm wichtig. Hier muss man in Gesprächen abseits der Ratsversammlung – in der ich als Ortsvorsteher einen Sitz habe, aber nicht stimmberechtigt bin – gemeinsame Schnittmengen finden. Wenn man hier in der Funktion des Ortsvorstehers die Parteibrille aufhätte, käme man nicht sehr weit.

Ahoi: Böhlitz-Ehrenberg ist – wie so viele Ortsteile am Stadtrand – eine grüne Oase in der städtischen Raserei. Hier leben Menschen, die sich oft bewusst für den ruhigeren Lebensstil entschieden haben. Andere Menschen leben hier schon seit ihrer Geburt und haben den Ortsteil mitgeprägt. Wohin würden sie interessierte Menschen gern einmal einladen? Was muss man unbedingt gesehen haben, hier in Böhlitz-Ehrenberg?


Große Sehenswürdigkeiten hat Böhlitz-Ehrenberg nicht wirklich zu bieten. Dennoch gibt es viele kleine Dinge, die einen Besuch wert sind. Ich denke da zum Beispiel an das Heimatmuseum des Fördervereins Ortsgeschichte Böhlitz-Ehrenberg in der Südstraße 10. Wer sich für Ortsgeschichte interessiert, ist hier an der richtigen Adresse. Der Besuch im Museum lohnt sich auf jeden Fall und wer lieber einen historischen Streifzug durch den Ort machen möchte, erhält durch vom Verein installierte Info-Tafeln an ausgewählten Orten nützliches Hintergrundwissen. Demnächst wird es dazu auch eine Broschüre geben, die dann in meiner Werbeagentur erhältlich sein wird.

Im 100. Jahr seines Bestehens wäre auch der Schlobachshof einen Besuch wert. Allerdings ist er für die Öffentlichkeit zurzeit nicht zugänglich. Dennoch wird es – aber bedingt durch Corona nur im kleinen Umfang – ein kleines Jubiläumspicknick geben.

Ebenfalls ein Kleinod ist das Gundorfer Schloss, in dem einst auch mal der Leipziger Industriepionier Karl Heine wohnte. Dem schön sanierten Anwesen ist ein Reiterhof angeschlossen und wer einen kleinen Spaziergang machen möchte, kann dies auch um den Teich hinter dem Schloss. Der kleine Park ist von jeher öffentlich zugänglich und wird es auch hoffentlich nach der Übernahme des neuen Eigentümers bleiben.

Wer es etwas sportlicher oder rasanter mag, der sollte einmal das Rollhockeystadion des Rollhockeyclubs (RHC) Aufbau Böhlitz-Ehrenberg am Ende der Ludwig-Jahn-Straße besuchen. Rollhockey was? Rollhockey ist nach Eishockey die zweitschnellste Mannschaftsportart und wird am Rande Leipzigs seit den 1940er Jahren erfolgreich betrieben. Aber eben nicht auf Schlittschuhen, sondern auf Rollschuhen. Der RHC ist zwölffacher DDR-Meister gewesen, elfmaliger Pokalsieger und spielt im Moment in der 2. Bundesliga. Aktuelle Spieltermine gibt es unter www.rhc-aufbau.de.

Und natürlich lohnt sich auch ein Besuch der zahlreichen Feste im Ort – zumindest, wenn diese wieder stattfinden können und dürfen. Hier sei als Beispiel das traditionelle Ortsfest mit Dreitageprogramm immer Ende August genannt oder das Halloweenspektakel und natürlich der Tag der offenen Tür der Böhlitz-Ehrenberger Freiwilligen Feuerwehr.

In Sachen Kultur seien die Veranstaltungen der Bürgergesellschaft genannt, die mehrmals im Jahr Kabarett-Auftritte oder Musik-Veranstaltungen organisiert – leider auch nicht im Moment wegen Corona.



Ahoi: Wie können die städtischen Verantwortlichen ganz konkret helfen, Verwerfungen zwischen den hochgepeitschten „Kiezen“ und dem Stadtrand zu verhindern oder zu mäßigen?


Erste Bestrebungen, auf die Stadtränder zuzugehen, gibt es ja schon. So soll es eine „Bürgermeisterpatenschaft“ für die Ortsteile geben. Somit könnte man zumindest den Eindruck erwecken, dass die Stadtverwaltung nicht so weit weg ist und sich auch einmal vor Ort ein Bild von den Problemen macht. Ob sich das bewähren wird, muss sich zeigen.

Zweitens müsste der Fokus nicht nur auf die Innenstadt gelegt werden. Der Eindruck am Stadtrand ist momentan so. Die ÖPNV-Anbindung muss verbessert werden, die Ausstattung der Ortsteile – auch mit entsprechenden Haushaltsmitteln (nicht zu verwechseln mit Brauchtumsmitteln) wie in der Sächsischen Gemeindeordnung niedergeschrieben –, Aufstockung der Ordnungsbeamten, damit sie auch in den Ortsteilen wahrgenommen werden können und so weiter. Die Stadt wollte die Ortsteile unbedingt haben, jetzt muss man uns aber auch konsequent wollen!

Ahoi: Danke, Herr Achtner, für ihre Zeit und ihre Antworten.



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