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Streetworker Tino Neufert im Interview

„Obdachlosigkeit ist ein strukturelles Problem“

Wohnungslosigkeit wird immer sichtbarer in Leipzig und jetzt, wo die Tage und Nächte auch wieder kälter werden, richtig gefährlich für die Betroffenen. Wie hier der Stand der Dinge ist, was man dagegen tun kann und warum viele Vorurteile an der Realität völlig vorbei gehen, erzählt Streetworker Tino Neufert vom Suchtzentrum Leipzig unserem Ahoi-Redakteur Volly Tanner im Interview.

Tino Neufart zu Obdachlosigkeit in Leipzig
© Volly Tanner

Ahoi: Du arbeitest seit vielen Jahren für das Suchtzentrum Leipzig auf der Straße, ganz nah dran an den Leuten, die Hilfe brauchen. Dabei ist das Thema Wohnungslosigkeit ein immer größer werdendes, so habe ich das Gefühl. Trügt mich meine Wahrnehmung? Wie hat sich die Stadt Leipzig in den letzten Jahren beim Thema Wohnungslosigkeit ganz real und in der Praxis auf der Straße entwickelt?

Tino Neufert: Ich bin mittlerweile seit über zehn Jahren im Streetwork für Erwachsene beim Suchtzentrum tätig. Am Anfang waren wir noch zu zweit unterwegs und auch „nur" in Lindenau und Plagwitz. Mittlerweile gibt es bei uns zwei Teams, die im Leipziger Westen bzw. im Leipziger Norden tagsüber unterwegs sind. Der zum Streetworkprojekt gehörende Hilfebus ist täglich abends im gesamten Stadtgebiet Leipzigs on Tour. Wir sind mittlerweile zu elft und werden von ca. zwanzig Ehrenamtlichen in unserer Arbeit unterstützt. Allein das zeigt ja schon auf, wie die Bedarfe an Straßensozialarbeit gestiegen sind. Das Thema Obdach- und Wohnungslosigkeit beschäftigt uns dabei seit ca. 2012/2013, als wir einen deutlichen Anstieg in diesem Bereich wahrnahmen. Seitdem steigen die Zahlen kontinuierlich. Dabei ist das ursprüngliche Team „Konsum" eigentlich mal initiiert worden, um legal und illegalisiert konsumierenden erwachsenen Menschen Unterstützung in ihren Lebenslagen anbieten zu können. Das machen wir zwar immer noch, aber jetzt haben viele Menschen, mit denen wir Kontakt haben, auch Probleme mit Wohnraum bzw. sind obdachlos.

2016 kam dann das Team „Wohnen" dazu, das sich, wie der Name schon sagt, um obdach- bzw. wohnungslose Menschen kümmert. Mit dem Start des Hilfebusses im letzten Jahr ist bei uns der bis dato letzte Schritt zur Anpassung der Hilfen getan worden. Dabei muss aber gesehen werden, dass man Menschen nicht so einfach in ein Raster (obdachlos, suchtkrank, psychisch krank etc.) pressen kann. Durch die Zunahme der Wohnungslosigkeit haben viele unserer Adressaten einfach noch ein Problem mehr – und dazu auch kein kleines. Leipzig reiht sich da aber in den bundesweiten Reigen ein und steht im Vergleich zu anderen Großstädten noch nicht einmal so schlecht da. Sicher liegt das auch daran, dass Verwaltung und Politik sich mittlerweile aktiv mit dem Thema beschäftigen, es also nicht nur beim „Normalbürger" angekommen ist, sondern auch bei Entscheidungsträgern, die dann zum Beispiel ein Projekt wie den Hilfebus anschieben.

Ahoi: Gibt es eigentlich Zahlen und wenn ja: sind diese nahe an der Realität? Erzähl mal bitte.

Wir evaluieren jeden Kontakt anonymisiert. Dabei kann ich sagen, dass wir pro Team ungefähr 2500 Gespräche mit 600 bis 700 verschiedenen Menschen pro Jahr führen. Das sind also ca. 7500 Kontaktgespräche mit 1800 bis 2100 verschiedenen Menschen. Zwischen 15 und 20 % davon sind wohnungs- bzw. obdachlos oder haben eine Kündigung oder Räumungsklage vor sich. Da wir mit den beiden „Tag-Streetwork-Teams" nur in Teilen der Stadt unterwegs sind, sind unsere Zahlen natürlich auch nur für diese Stadtgebiete aussagekräftig.

Die Kollegen vom Hilfebus haben im letzten Jahr zwischen April und Dezember ungefähr 300 obdach- bzw. wohnungslose Menschen angetroffen. Diese Zahlen sind da schon anwendbarer. Aber auch hier muss gesehen werden, dass wir in den Einsatzzeiten des Hilfebusses nicht überall unterwegs sein können. Eine stadtweite Statistik gibt es aktuell „nur" als Stichtagserhebung, das heißt, das alle mit dieser Zielgruppe arbeitenden Initiativen an einem bestimmten Tag die Anzahl der angetroffenen Menschen mit Wohnraumproblemen an das Sozialamt melden. Dabei fallen aber sicher auch Menschen durchs Raster.

Die Erhebung von Zahlen ist ein komplexes Thema und nicht einfach lösbar. Menschen sind keine Statuen, sondern bewegen sich im öffentlichen Raum. Ihre Situation verändert sich. Da Zahlen aber sehr wichtig sind, um Bedarfe aufzudecken und sichtbar zu machen, bleibt das Thema weiterhin zu bearbeiten.

Ahoi: Der Winter steht vor der Tür, es gibt zwar Einrichtungen zur Übernachtung, jedoch bei weitem nicht genug und nicht wirklich auf alle Fälle zugeschnitten. Gibt es da in den städtischen Entscheidungsgremien genug Aufmerksamkeit? Was sollte geändert werden? Oder ist alles bestens?

Da sag ich mal: Glück im Unglück – Durch die Pandemie bedingt wurde neben der Notunterbringung für wohnungslose Männer in der Rückmarsdorfer Straße 7 ein zweites Übernachtungshaus in der Torgauer Straße 290 durch das Sozialamt der Stadt Leipzig eröffnet. Dadurch haben sich die Platzkapazitäten deutlich erhöht. Auch wenn es sicher ein logistisch und personell schwierig zu lösendes Problem war und ist, zeigt es doch, wie wichtig das Thema in der Stadt ist und dass Verwaltung und Politik sich kümmern.

Zwischen dem 15.11. und dem 31.3. werden die Kapazitäten noch einmal erhöht bzw. angepasst. Im Rahmen der in diesem Zeitraum startenden Winternothilfe gibt es auch einen sogenannten Kälteschutz, der sicher noch ausgebaut werden sollte, um allen Personen, die unfreiwillig draußen nächtigen, einen sicheren Schlafplatz anbieten zu können. Menschen und ihre Probleme sind individuell. Da gibt es Paare, die nicht getrennt schlafen wollen, Hundebesitzer, die in einer Notübernachtung nicht mit ihrem Hund schlafen können. Auch gibt es psychisch kranke Menschen, die bestehende Angebote nicht nutzen wollen bzw. können. Ich habe die letzten Jahre genug über fehlende Angebote hier in der Stadt gemeckert. Politik und Verwaltung drehen sich mittlerweile. Das Thema ist angekommen, wird ernst genommen und es wird versucht, auch bei schwierigen Einzelfällen zusammen Lösungen zu finden. Dass dies nicht immer leicht ist und man auch an Grenzen stößt, ist nicht unnormal.

Was Leipzig sich als Stadt beim Thema Wohnungslosigkeit auf die Fahnen schreibt bzw. bereits umsetzt, steht übrigens auch hier: static.leipzig.de/fileadmin/mediendatenbank/leipzig-de/Stadt/02.5_Dez5_Jugend_Soziales_Gesundheit_Schule/50_Sozialamt/Wohnungsnotfallhilfe_und_Notunterbringung/Fachplan-Wohnungsnotfallhilfe_nicht-barrierefrei.pdf

Ahoi: Ich habe das Gefühl, dass die sichtbar Obdachlosen älter werden und viele auch Schwierigkeiten mit der Wahrnehmung der hiesigen Realität bekommen. Wie kann überhaupt wirklich geholfen werden?

Das kann ich so erstmal nicht bestätigen. Im Gegenteil. Die Zahlen beim Hilfebus sagen eher, dass sich die Gruppe der obdachlosen Menschen leicht verjüngt. Du beschreibst hier natürlich deine Wahrnehmung und leider ist es so, dass viele obdachlose Menschen kaum bis gar nicht wahrgenommen werden. Auch ist das Thema immer noch sehr klischeebehaftet. So trinken natürlich alle Obdachlosen bzw. konsumieren irgendetwas Illegales, wollen nicht arbeiten und können sowieso keine Wohnung halten, weil sie die Miete versaufen oder Messis sind. Obwohl Obdachlosigkeit ein strukturelles Problem ist, sind doch die Menschen dahinter sehr individuell zu betrachten. Unsere Aufgabe im Streetwork ist es, diese individuellen Bedürfnisse (und Fähigkeiten!) herauszufinden und den Menschen Angebote zu unterbreiten, die sie annehmen können und wollen. Dazu braucht man eine tragfähige Beziehung zum Gegenüber, man braucht Vertrauen und Verständnis. Das hört sich vielleicht alles nach Allgemeinposten an, ist aber tatsächlich unsere Hauptaufgabe.

Daneben machen wir auch viel Öffentlichkeitsarbeit und versuchen, das Thema immer wieder in den Fokus zu bringen, denn wie gesagt, ist Obdachlosigkeit ein strukturelles Problem. So engagieren wir uns seit Jahren für die Umsetzung von Housing First, einem Arbeitsansatz, der einfacher nicht sein könnte – obdachlosen Menschen eine Wohnung zu geben, die sie abschließen können, die sie einrichten können, die ihnen Sicherheit und Geborgenheit gibt. Auch solche Aktionen wie der Tag der Wohnungslosen, der am 11.9. auf dem Richard-Wagner-Platz stattfand, gehören dazu, um das Thema immer wieder in den Blickpunkt der Allgemeinheit zu rücken.

Ahoi: Welche Möglichkeiten haben Anwohner, wenn sie sehen, dass direkt vor ihrer Haustür oder auf dem Markt ein Mensch dahinvegetiert und nach und nach stirbt? Letzten Sommer gab es ja den Fall auf dem Lindenauer Markt – auf der Trinkerbank, du weißt bestimmt noch, was ich meine…

Immer wieder sterben Adressaten von uns. Der Tod gehört überall dazu, da machen wir auch keine Ausnahme. Auch ist unser Angebot vollkommen freiwillig, anders würde die Arbeit auch gar keinen Sinn machen. Wir sehen Menschen als sich freiwillig entscheidende Individuen an, die natürlich auch das Recht haben, Nein zu sagen. Wir haben da alle unsere Grenzen und auch Wünsche für unser Gegenüber. Nur dass das halt unsere Wünsche und unsere Grenzen sind. Das ist nicht einfach, aber denk mal andersherum: Wenn zu dir jemand kommen würde, um dir zu erzählen, wie du jetzt dein Leben anzugehen hast und was du alles anders machen solltest ...!?

Was mensch immer machen kann, ist Interesse zu zeigen und nicht einfach nur wegzuschauen. Bei Notfällen sollte natürlich ein Notarzt hinzugezogen werden, auch wenn da vielleicht manchmal Zweifel aufkommen, ob das jetzt die richtige Entscheidung ist. Wegschauen kann schlimmer sein, wie man am Tod des obdachlosen Menschen auf dem Lindenauer Markt gesehen hat. Auch kann man den Hilfebus anrufen, der täglich zwischen 18 und 23 Uhr unterwegs und erreichbar ist. Die Nummer ist 0152/33 66 10 87. Oder man schreibt ein Mail an hilfebus@suchtzentrum.de. Die zweite Möglichkeit ist, das Sozialamt (Abteilung soziale Wohnhilfen) zu kontaktieren und auf unterstützungsbedürftige Menschen hinzuweisen. Leipzig hat verschiedene Streetworkteams im gesamten Stadtgebiet. Die Kollegen vom Sozialamt wissen am besten, welches Team wo unterwegs ist und geben solche Hinweise entsprechend weiter.

Ahoi: Gerade im Winter sehe ich viele Menschen völlig hilflos werden mit der Situation obdachloser Menschen und dementsprechend auch wegschauen, wenn dann wirklich mal Not am Mann ist, besonders wenn Trink-Geschädigte und Betroffene sich gegen Hilfe mit allen Mitteln wehren. Verzweifelst du auch selber mal? Wie gehst du mit dem psychologischen Druck um?

Da kann ich ganz entspannt sagen, ich bin professioneller Helfer und gehe professionell mit solchen Situationen um. Es kommt sehr selten vor, dass mich Situationen so fordern, dass ich an meine psychische Belastungsgrenze komme. Das soll jetzt aber nicht heißen, dass mich alles kalt lässt – es ist halt ein professioneller Abstand entstanden, der in der Arbeit einfach notwendig ist, um nicht „aufgefressen" zu werden. Im Streetwork ist mensch auch nie allein. Wir haben ein super tolles Team und kümmern uns umeinander. Wenn es dann doch mal zu schlimm wird, kann man das untereinander besprechen. Auch haben wir regelmäßige Supervision und nehmen uns an Teamtagen Zeit füreinander. Streetwork ist Beziehungsarbeit, das heißt, dass man auch im Kollegium füreinander da ist.

Ahoi: Wenn man den Menschen auf der Straße mal wirklich in die Gesichter schaut, stehen da lange Lebensreisen geschrieben – in den seltensten Fällen gibt es Wurzeln in der Stadt – zumeist wirken sie wie hier hängengeblieben. Ist Leipzig überhaupt ein guter Ort? Ich wünsche mir manchmal leidende und an sich verzweifelnde Menschen auf einen Bauernhof mit klaren Strukturen und klaren Aufgaben, dadurch resultierenden positiven Erlebnissen und Erfahrungen. Ist dies utopisch? Gibt es überhaupt Lösungsansätze, um Menschen wirklich zu helfen? Welche sind das? Du steckst doch da auch in Strategiepapierentwicklungen mit drin, Tino...

Ich lebe sehr gern in dieser Stadt und schätze ihre alternative, linke, künstlerische und kulturelle Seite. Warum sollten das nicht auch andere Menschen gut finden und hier leben wollen. Wie oben schon gesagt, die Idee mit dem Bauernhof ist deine Idee mit all den klaren Strukturen und Aufgaben. Ob das dann ein obdachloser Mensch gut findet, bleibt ihm oder ihr überlassen. Ich bin sehr froh darüber, das Leipzig so offen ist und die Bewohner in der überwiegenden Mehrzahl sehr sozial denken. Das merkt man auch am Interesse für unsere Arbeit und die vielen Angebote, sich ehrenamtlich bei uns zu engagieren.

Dann ist Leipzig mittlerweile auch eine Großstadt. Es gibt da schon so einige alternative Einnahmequellen wie beispielsweise Betteln, Flaschensammeln oder KIPPE verkaufen. Diese Einnahmen würden auf deinem Bauernhof wohl deutlich kleiner ausfallen. Auch gibt es Menschen, die gar keinen Anspruch auf solch eine Unterbringung haben, weil die bundesdeutsche Gesetzgebung sie aus dem Sozialleistungsbezug faktisch ausgrenzt. Da möchte ich beispielhaft den schwarzarbeitenden Osteuropäer nennen, der unsere schönen neuen Wohnkomplexe baut und dann einfach auf der Straße sitzt, wenn er krank wird oder seine Rechte einfordert. Woher würdest du denn diesem Menschen Geld zukommen lassen, Essen, Kleidung? Jeder Mensch hat das Recht auf ein menschenwürdiges Leben und da geht es los, denn auch eine eigene Wohnung zählt meiner Meinung nach dazu.

Der schon angesprochene Ansatz „Housing First" ist ein super simpler und wirkungsvoller Ansatz, der unbedingt auch Eingang in die soziale Arbeit der Stadt Leipzig finden sollte. Politik und Verwaltung bekennen sich zu diesem Ansatz und es wird sicher in nächster Zeit mehr Infos dazu geben. Wen das Thema interessiert, der findet im Netz sicher viele gute Projekte und Beschreibungen dazu.

Ahoi: Der Hilfebus ist ja nun nach vielen Jahren des Kampfes Realität. Was macht die Besatzung denn da ganz konkret?

Wenn wir den Bus nicht gerade in die Werkstatt bringen oder da abholen, weil er leider schon einige Jahre auf dem Buckel hat, hat sich die Arbeit (die wir ja letztes Jahr quasi von null aufgebaut haben) super gut eingeruckelt. Jeden Abend ab 18 Uhr sind eine sozialarbeitende Person und ein ehrenamtlicher Helfer zusammen in Leipzig unterwegs und suchen Orte auf, an denen sich obdachlose Personen aufhalten. Da geht es nicht nur um den so viel beschriebenen Hauptbahnhof. Wir sind in ganz Leipzig unterwegs und haben auch mal einen Einsatz in Marienbrunn oder in Lindenthal.

Im Bus haben wir immer einige Essensspenden und Getränke sowie eine kleine mobile Kleiderkammer. Außerdem geben wir Schlafsäcke und Nothilferucksäcke aus, die so einige Dinge enthalten, die man auf der Straße braucht (Taschenlampe, Essbesteck, Isomatte, Thermoskanne, Infomaterialien etc.). Wir gehen ins Gespräch mit den Menschen, informieren, beraten und unterstützen ganz individuell. Da sich mittlerweile rumgesprochen hat, dass man die Kollegen abends auch anrufen kann, reagieren wir immer öfter auch auf Hinweise aus der Bevölkerung. Und nicht zuletzt bringen wir Menschen auch in die Notübernachtungshäuser oder rufen einen Rettungswagen, falls dies notwendig erscheint.

Um 23 Uhr ist dann offiziell Schichtende, wobei wir meinst noch etwas Nachbereitung haben, sprich den Bus sauber machen, desinfizieren oder fehlende Dinge wieder auffüllen. Darüber hinaus (und das sind Dinge, die man nicht auf den ersten Blick sieht, die aber sehr viel Zeit neben dem eigentlichen Einsatz benötigen) koordinieren wir tagsüber das Ehrenamtssystem, beschaffen Spenden, sprechen uns mit den Kollegen ab, haben Fallkonferenzen und Netzwerktreffen und und und. Das braucht sehr viel Zeit und ehrlich gesagt, sind wir da an unseren Grenzen angekommen. Wenn ich mal ein bisschen jammern darf, wir benötigen unbedingt eine Erhöhung der Stundenanteile, um die Arbeit auch weiterhin so gut machen zu können.

Ahoi: Viele Wohnungslose haben auch keine Krankenversicherung, sind jedoch durch ihre toxische Lebensweise körperlich sehr angegriffen. Gibt es da Möglichkeiten und Abläufe, zu helfen?

Gut, dass du das ansprichst. Eine medizinische Versorgung von obdachlosen Menschen, die nah an ihrer Lebensrealität ist, muss unbedingt geschaffen werden. Oft geht es dabei um unkomplizierte Dinge, die aber unbehandelt zu Krankenhausaufenthalten etc. führen können. Ich spreche da nicht nur von den Folgen einer Suchterkrankung, sondern eher von offenen Wunden, parasitärem Befall, Brüchen usw. Aktuell gibt es einzelne ehrenamtlich engagierte Ärzte, die diese Aufgaben partiell übernehmen. Und dann gibt es zum Glück noch CAB-L (Clearingstelle anonymisierter Behandlungsschein Leipzig). Dort können alle Menschen unabhängig von ihrem Versicherungsstatus hin und sich medizinische Hilfe holen. Zusammen mit Medinetz Leipzig, die ehrenamtlich und spendenfinanziert arbeiten, haben wir als Streetworker zwei Anlaufstellen, die wir, bzw. unsere Adressaten nutzen können. Dieses schon bestehende Angebot muss unbedingt ausgebaut werden, um mehr Menschen zu erreichen und alles auf feste Füße zu stellen.

Ahoi: Was wünschst du dir von den Leipzigern?

Neben dem viel beschriebenen Weltfrieden bin ich Pragmatiker und habe ganz konkrete Wünsche. Aktuell benötigen wir unbedingt Unterwäsche und Socken sowie Schlafsäcke, Trainingsanzüge und Jogginghosen. Gern kann mensch auch einfach Geld spenden. Oft ploppen Bedarfe auf, die wir im Vorfeld nicht gesehen haben und die wir dann einfach einkaufen können, wenn es die Spendeneinnahmen zulassen. Alle Infos dazu findet man unter suchtzentrum.de/unsere-angebote/streetwork/hilfebus. Wer weiterführende Fragen hat, kann auch gern mich unter tino.neufert@suchtzentrum.de oder 0175 / 675 80 41 kontaktieren. Ach so, wenn noch jemand einen gut funktionierenden Bus hat ...!? Ansonsten kann ich nur sagen: Liebe Leipziger, bleibt so nett und habt euch lieb. Anders wird das nix.

Suchtzentrum Leipzig: www.suchtzentrum.de

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