Leipzig kann wundervoll sein. Magisch. Mystisch. Traumverwoben. Mira Sommer hat mit ihrem Team im Auwald und an vielen anderen Schauplätzen einen Film darüber gedreht: „Lipsias fantastische Fabelwesen“. Ahoi-Redakteur Volly Tanner fragte nach, worum es da geht.
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Magische Reise durch Leipzig

Ahoi: Guten Tag, liebe Mira Sommer. Gerade sah ich den wirklich traumhaften Kurzfilm „Lipsias fantastische Fabelwesen“, den du mit deinem Team gedreht hast. Ein wunderschöner Blick auf unsere Stadt. Wie kam es zur Idee?
Guten Tag, mein lieber Volly – vielen Dank für die lieben Worte zu den „Fantastischen Fabelwesen". Den Drang, dass man zu unserer schönen Stadt irgendwas machen muss, hatte ich schon immer. Bei so vielen tollen Ecken, Geschichten, Menschen fällt es aber schwer, etwas herauszustellen, was besonders ist, bzw. einen roten Faden zu finden. Das Überangebot an Stoffen ist einfach zu berauschend. Dass es ein Kurzfilm werden sollte, war mir aber schon länger bewusst. Zauberhafte High-End-Fotos gibt es ja schon zuhauf, wenn auch nie genug.
Ahoi: Der Film ist Teil der Aktion Mitmachfonds Sachsen. War zuerst der Fonds oder zuerst der Film da? Wie lief das bei euch?
Der Aufruf der Mitmachfonds kam wie gerufen, um sich endlich mal fokussiert mit der Idee auseinanderzusetzen. Da ich schon einige Filme mit Kinder- und Jugendgruppen als Unterrichts-Projektarbeiten im DaF-Umfeld (DaF = Deutsch als Fremdsprache, Anm. der Red.) umgesetzt hatte, wollte ich unbedingt da anknüpfen. Also war die Idee, einen Workshop ins Leben zu rufen. Beginnend mit der Recherche zu lokalen Sagen, Drehortsuche über Kostüm und Requistenbau, Script und Storyboard Erstellung, bis hin zum eigentlichen Dreh.
Ahoi: Corona hat ja doch viele Projekte gekippt, die Abstandsregeln sind da beinhart. Und Küssen mit Mundschutz fetzt ja auch nicht wirklich. Wie waren da eure Erfahrungen beim Dreh?
Bei uns waren Kuss-Szenen ja nie vorgesehen, also fiel dieser Schwierigkeitsgrad schon mal weg. Allerdings haben uns die mannigfaltigen Hygieneregeln vor harte Herausforderungen gestellt. Zunächst mussten alle Vorproduktionsarbeiten via digitaler Medien erledigt werden. Sprich: Bastelanleitungen via E-Mail und Youtube-Tutorials. Leseproben und Rollenauswahl im Home Office. Audioaufnahmen mit den Smartphones und der Hilfe der Eltern von zu Hause aus.
Beim Dreh hatten wir das Glück, dass die Drehorte sich ja sowieso alle draußen befanden. Einen großen Teil der Dreharbeiten habe ich aber auch draußen mit Visier gemacht.
Dann musste ich die Teilnehmer*innen in Gruppen aufteilen. Die Schüler*innen, die in eine Klasse gingen, konnten zusammen in einer Szene auftreten. Oder Geschwisterpaare. Alle anderen separat. Das musste dann aber wiederum zu den Rollen und zum Script passen. Also viel Kopfzerbrechen, aber am Ende hat es geklappt.
Besonders anspruchsvoll waren dann die Szenen an der Auwaldstation, die auch noch ziemlich aufwendig waren. Wir hatten zwar einen Umkleideraum, der grüppchenweise genutzt werden konnte aber die Toilette war teilweise wegen der Hygieneverordnung ganz gesperrt. Also hieß es – wenig trinken und schnell abarbeiten, damit die Blase uns nicht einen Strich durch die Rechnung macht. Denn Trolle, die sich im Gebüsch ihres Geschäftes entledigen und dabei die vielen Spaziergänger im Schloßpark Lützschena verschrecken, konnten wir dann doch nicht riskieren.
Ahoi: Und du selber? Bist du voll und ganz im Filmgeschäft gelandet, Mira? Oder gibt es da noch einen Broterwerbsjob? Viele von Fördergeldern abhängige und daran gewöhnte Kulturmacher kommen ja gerade ins Straucheln.
Zunächst mache ich ja auch Theater und andere Multimedia Projekte. Zum Beispiel hatte ich eine Ausstellung gemeinsam mit meiner Schwester Nora zum Thema „Tarotkarten" in der Sixtina Leipzig. Diese mussten wir vorzeitig abbrechen, da mittendrin der erste Lockdown kam. Die Sixtina gibt es nun leider auch schon nicht mehr. Reminiszenzen zu diesem Abbruch konnte man in der Corona-Ausstellung des Stadtgeschichtlichen Forums sehen und kürzlich dann bei Instagram unter @spaukonart. Diesen Account habe ich auch erst kürzlich erstellt, um Online-Vernissagen machen zu können. Verschiedene KünstlerInnen zeigen in unterschiedlichen Zeiträumen ihre Arbeiten in einer Ausstellung auf dem Account. Natürlich zeige ich da auch viele meiner Werke in verschiedenen Themen-Ausstellungen. Reinschauen und abonnieren lohnt sich.
Ganz generell changieren meine Broterwerbsjobs von Fotografin bis hin zu DaF-Sprachcampleitung. Letzteres würde ich aber eher als „Herzensjob" bezeichnen. Die Arbeit mit den Kids & Teens ist im Grunde die Dankbarste und Schönste, die man sich denken kann. Dahingehend wird es in Zukunft sicher wieder Workshops geben. Zunächst habe ich aufgrund der Umstände einige Online-Workshops geplant.
Ahoi: Wo sind denn eigentlich eure Darsteller der Fabelwesen her? Da sind ja auch ganz Kleine dabei.
Die Darstellerzahl musste ich aufgrund der Verordnung ja möglichst gering und homogen halten. Wir hatten daher zwei Geschwisterpaare und einzelne Protagonisten von verschiedenen Schulen in Leipzig und eine größere Gruppe von einer Grundschule in Leipzig. Unsere Jüngste, Pola, war zum Dreh erst vier Jahre alt und gehört zur Familie. Daher wächst sie schon ein bisschen in die Kunst- und Kulturszene herein und es war für mich nicht schwierig, mit ihr zu arbeiten.
Ahoi: Am 17.10.2020 feierte der Film Premiere. Wo und wie denn eigentlich?
Das haben wir als geschlossene Veranstaltung im Cinestar Leipzig gefeiert. Zum Glück haben wir es noch vor dem 2. Lockdown geschafft. Aber auch da hieß es wieder: strenge Regeln. Wir waren nur 50 Personen, immer eine Reihe + Sitze frei, Mundschutz und Liste. Aber auch das hat trotz allem großen Spaß gemacht und es war einfach wunderbar für die Kids (und natürlich die Eltern), sich auf der Leinwand zu sehen. Darum ging es ja auch letztendlich. Die Premiere war eine Ersatzfeier für eine eigentliche Abschlussfeier unseres Projektes.

Ahoi: Und gibt es schon ein neues Projekt, liebe Mira? Kannst du uns da schon etwas erzählen oder spricht man in der Branche nicht über ungelegte Eier?
Ich spreche nie über ungelegte Eier, daher halte ich mich da bedeckt. Allerdings hatte ich ja schon die Online-Workshops angesprochen. Diese Art des Workshop-Machens ersetzt zwar nicht die Real-Life-Begegnung, kann aber eine wunderbare Basis sein und eine Beschäftigung für trübe Tage zu Hause. Es wird hauptsächlich um das Thema Film bzw. Filmproduktion gehen. Script und Storyboarderstellung (für Youtube, Tiktok, Kurzfilm, Musikvideo). Geplant sind aber auch Kunst - und Achtsamkeitsworkshops.
Die Workshops sind zwar so konzipiert, dass sie wunderbar zur Kids-und Teens „Fernbetreuung" funktionieren, ohne dass zwingend die Eltern mithelfen müssen, aber natürlich sind sie auch prima für die älteren Semester geeignet. Wer sich für einen Workshop interessiert kann mir gern unter mircraftworkshops@gmail.com eine Mail senden.
Einer dieser Workshops für Menschen ab 10 Jahren ist sogar schon jetzt verfügbar: „Von der ersten Idee bis zum fertigen Storyboard.“ Wie erstelle ich das Script für ein Musikvideo mit Fantasyelementen? Der Workshop ist komplett von Zuhause machbar, man brauch nichts als einen Rechner, wenn man oldschool will natürlich Bastel- und Schreibzeug. HIER gibt es noch mehr Informationen.
Ahoi: Zurück zu Lipsias fantastischen Fabelwesen. Wo habt ihr denn eigentlich gedreht und warum dort?
Die Liste der magischen Orte in und um Leipzig ist lang. In dem Film wird ein Bruchteil dessen gezeigt, von dem was eigentlich gezeigt werden könnte. Roter Faden sind hier steilvorlagig natürlich unsere Fließgewässer. Wie Hauptschlagadern ziehen sie sich durch die Geschichte. An diesen spielt sich letztendlich ja auch die Historie der Stadt ab. Von den ersten bronzezeitlichen Besiedlungen, über den slawischen „Lindenort" bis hin zur Messe- und Unistadt.
Zweites lebenswichtigstes Organ unserer Lipsia ist die Grüne Lunge. Vom Auwald ist nicht mehr viel übrig. Umso wichtiger ist es, dass dieser bewahrt wird. Dies den Kindern zu vermitteln, war neben den technischen Kenntnissen mein Hauptanliegen. Die Elfen und Trolle sind eigentlich die Seelen der Bäume. Dies haben mir übrigens die Kids erzählt, als ich sie gefragt habe, was sie sich unter diesen Wesen vorstellen. Die Dunkelelfen fungieren als schlechtes Gewissen, wenn man mal wieder die Plasteverpackung achtlos weggeworfen oder den Müll vom Grillen nicht weggeräumt hat. Verschwindet der Wald, verschwindet auch die Magie.
Im Auwald selber haben wir dann auch die meisten Drehorte gefunden: der verwunschene Palmengarten, mit seinen verlassenen Pavillons und düsteren Puttenfiguren. Die schwarze Brücke, der Wildschwein-Weiler, der Waldsee Lauer, an dem einst ein Spuk-Ritterschloß stand. Der Elfen-Urwald auf den Trümmern der Südvorstadt – der Fockeberg, ein tiefmagischer Ort.
Aber auch das moderne Zauberwald-Terrarium Gondwanaland gehört meiner Meinung nach zu den märchenhaften Orten. Der Eintritt in die riesige Glaskuppel ist jedes Mal wie der Eintritt in eine andere, surreale Welt. Ein Ort, losgelöst von Raum und Zeit mitten in Leipzig. Bei Winterkälte kann man drinnen im T-Shirt unter Palmen sitzen. Besonders beeindruckend sind dann die abendlichen Tropennächte mit Riesendiskokugel und Neonbeleuchtung. Ab da ist man spätestens in der Anderswelt angekommen.
Der Schloßpark Lützschena, mit hobbitartiger Auwald-Lehrstation, verwunschenen Weihern und Gräbern am nördlichen Rand von Leipzig ist gleichzeitig Einkehr-Empfehlung, denn dort kann man viel Wissenswertes über die heimische Natur lernen. Die Orte umspannen so die gesamte Nord-Südachse Leipzigs. Geplant waren noch einige mehr in der Stadt Leipzig, aber das wäre dann schon wieder Stoff für Teil Zwei.
Ahoi. Und wo kann man den Film sehen?
Auf der Seite der Sächsischen Mitmachfonds und auf Youtube.
Ahoi: Danke, liebe Mira. Und weiter so.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
„Lipsias fantastische Fabelwesen“ von Mira Sommer