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Mietvertragskündigung

Kultkneipe „Vergebung“ muss schließen

Gasthaus Barabbas, besser bekannt als Vergebung, von außen © Rico Thumser

Die "Vergebung" in der Bornaischen Straße 33 hatte es in den vergangenen Jahren nicht leicht: Corona, eine Großbaustelle vor der Tür und ein Brand im Hinterhaus haben die Kiezkneipe in Bedrängnis gebracht.

Jetzt kommt das endgültige Aus für die Kultkneipe, die eigentlich „Gasthaus Barabbas“ heißt und nach dem Mann benannt ist, der unter Pontios Pilatus anstelle von Jesus freigelassen wurde. Inhaber Andreas Strobel hat sein letztes Bier ausgeschenkt, den letzten deftige Käseteller serviert und die letzte Flasche Rotwein geöffnet. Der Hauseigentümer hat den Mietvertrag gekündigt.

Zum Verhängnis wurde der Connewitzer Kultkneipe, dass Inhaber Strobel im Hof In der alten Remise wohnte. Das Gebäude ist unbeheizt und sollte ausschließlich der Gastronomie als Lager dienen. Zwar war die ungewöhnliche Nutzung lange Zeit von den damaligen Eigentümern geduldet, jedoch änderten sich die Besitzverhältnisse der Immobilie und die neuen Eigentümer duldeten kein Wohnen auf einer Gewerbefläche.

Auch gab es im Dezember 2021 einen Brand in der Hinterhof-Remise, ausgelöst durch selbsteingebaute Heizstrahler, der glücklicherweise nicht auf das Hauptgebäude übergegangen ist und so keine Menschen zu Schaden gekommen sind. Strobel bestreitet den Brand nicht. Er habe dafür eine Strafe gezahlt, die Ermittlungen seien abgeschlossen. Auch der Brand war wohl ein Grund für die Kündigung.

Die "Vergebung" war eine Institution im Kiez

Dabei war die „Vergebung“ zur Kultkneipe avanciert, mit der sich die Connewitzer identifizierten. Hörte man sich im Stadtteil um, wo man auf einheimische Weise ein Bier bekäme, schickte man ihn dorthin. Die „Vergebung“ wurde zur Institution, die nicht nur jeder in Connewitz kannte, sondern anhand derer man bemaß, wer denn überhaupt Connewitzer sei. Wer nie vor Ort war oder gar vom „Barabbas“ sprach, konnte kein echter Connewitzer sein. Wer hier hin und wieder, umzingelt von Kerzen, Heiligenbildern, Grabsteinen und Urnen, einen Wein trank und einen Käseteller dazu aß, der ganz sicher.

Inhaber Strobel wäre gern geblieben. „Natürlich macht mich das traurig.“ Erzählt er, wie alles zu Ende ging.

Das Inventar der „Vergebung“ stellt Strobel in einem Lager in Grimma unter. Was er dann macht, weiß er noch nicht. „Etwas Neues kann ich nicht aufbauen“ sagt er. „Wer soll das bezahlen?“ Es stimmt: Das alte Leipzig, das Strobel in der „Vergebung“ konservierte, gibt es nicht mehr. Am 1. April soll unter www.sandkoenigin.de eine Website online gehen, auf der Strobel die Geschichte der „Vergebung“ erzählen will.

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