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Renitentes Rebellentum, mit allergrößter Demut

Gespräch mit Leslie Mandoki von den Mandoki Soulmates

Mandoki Soulmates in New York © Mandoki Soulmates Pressematerial

Er ist ein musikalischer Held, dieser Leslie Mandoki. Unbenommen! Im September beehrt er Leipzigs Gewandhaus gemeinsam mit seinen Freunden, um den hiesigen Menschen kleine Serotoninstürme zu schenken. Diese sind dringend notwendig. Ahoi-Redakteur Volly Tanner sprach mit ihm über Musik, die Band, Widerspruch, Flucht und Dankbarkeit gegenüber seiner Heimat Deutschland:

 

Ahoi: Guten Tag, Leslie Mandoki. Am 05. September 2023 gastieren Sie mit Ihren Mandoki Soulmates im Gewandhaus zu Leipzig. Dabei feiern wir gemeinsam auch gleichzeitig 30 Jahre Bestehen der Mandoki Soulmates. Dafür erst einmal Berge an Glückwünschen. Ist auch nicht mehr normal im Musikbusiness, 30 Jahre gemeinsam Musik zu machen. Was ist Ihr Geheimnis? Wie kommt es, dass die Mandoki Soulmates durch alle Zeitengewitter hindurch weiter den Soul, den Jazz und die Liebe zur Musik feiern?

Leslie Mandoki: Zunächst einmal „Danke“ für die Glückwünsche, auch im Namen aller Soulmates. Wir sind eine musikalische Wertegemeinschaft, wir sind spielwütig und uns verbindet die Vorstellung, dass Musik in der Gesellschaft eine Verantwortung hat. Wir waren alle in unserer Teenagerzeit dem britischen progressive Rock und dem amerikanischen JazzRock zugewandt. Wir teilen die Vision, diese beiden Stilrichtungen zu fusionieren, und daraus eine zukunftsorientierte Musik mit poetischen Texten zu entwickeln. Eine gesellschaftspolitisch relevante Musik als Stachel im Fleisch der Gesellschaft, eine Kunst, die unser renitentes Rebellentum als Musiker widerspiegelt, wodurch wir versuchen, auf die dringlichen Fragen unseres Lebens auch in diesen schwermütigen Zeiten, in denen die Welt scheinbar den Kompass verloren hat, musikalische Antworten zu definieren. Das verbindet uns. Auch die Liebe zum handwerklichen Teil unseres Berufes, den wir einfach „dedicated to perfection“ nennen, ist ein weiteres Bindeglied. Und natürlich auch, dass wir immer mit allergrößter Demut vor unserem Publikum gemeinsam auf der Bühne stehen. Wir versuchen dabei immer, unser Allerbestes zu geben, weil wir nach einer so langen Zeit der schöpferisch musikalischen Tätigkeit nur allzu gut wissen, was wir unserem Publikum verdanken. Denn unsere Stimme erhält nur so viel Gewicht, wie unser Publikum uns sein Vertrauen schenkt. Deshalb gibt es gerade in diesen herausfordernden Zeiten für uns die klare Aufgabe, von dieser Liebe, die wir jahrzehntelang von unserem Publikum erfahren durften, etwas zurückzugeben.

 

Ahoi: Am Beginn Ihrer Mandoki Soulmates standen solch schillernde Namen wie Ian Anderson von Jethro Tull, Jack Bruce von Toto, der göttliche Jazz- & Fusion-Gitarrist Al Di Meola oder David Clayton-Thomas von Blood, Sweat & Tears auf der Mitspielerliste. Wer ist denn heute mit dabei?

Leslie Monadoki: Keiner hat die Band jemals verlassen, außer, jemand wurde in den Himmel berufen, um mit Jimi Hendrix zu spielen wie etwa unser Gründungsmitglied Jack Bruce von Cream, John Lord von Deep Purple, Greg Lake von Emerson Lake and Palmer. Wir nehmen gerade unser neues Album auf, das im nächsten Jahr erscheinen wird. Es sind wieder alle dabei und natürlich auch junge Virtuosen wie Cory Henry, oder Richard Bona, der als Nachfolger von Jack Bruce auf Empfehlung von Quincy Jones zu uns kam. Großartige Gründungsmitglieder wie der mit 16 Grammys ausgezeichnete Randy Brecker stehen selbstverständlich auch in Leipzig auf der Bühne, ebenso wie unsere legendenbildenden Ikonen von Supertramp John Helliwell, Jesse Siebenberg und natürlich wird auch Till Brönner mitspielen, um nur einige zu nennen.

 

Ahoi: Eine wichtige Episode in Ihrem künstlerischen Schaffen ist mit der Band Dschingis Khan verbunden. Ich bin da immer noch uneins mit mir: Die Stücke waren extreme Ohrwürmer, trotzdem hatte ich als Sprachverliebter meine Schwierigkeit mit der Zeile „Moskau ist ein schönes Land, schmeißt die Gläser an die Wand …“. Wer hat denn diesen Text geschrieben? „Moskau ist ’ne schöne Stadt, die zerschmissne Gläser hat …“ wäre doch auch gegangen …

Leslie Mandoki: Ich war, heute würde ich sagen „leider", nicht für die Texte zuständig. Die hat Dr. Bernd Meinunger mit seiner ganz eigenen Vorstellung von Lyrics entworfen. Er meinte damals, dass es lustig werden muss, und das wurde es ja auch - unterhaltsam eben. Wobei ich den Kollegen in diesem konkreten Beispiel ein wenig in Schutz nehmen muss, denn im Text heißt es „Wirf‘ die Gläser an die Wand, Russland ist ein schönes Land…“.

 

Ahoi: Ihr künstlerisches Portfolio ist breitgefächert, Sie arbeiteten mit Lionel Richie, Phil Collins, Disney, Volkswagen und neben vielen, vielen anderen internationalen Acts auch mit dem FC Bayern München zusammen. Was begeistert Sie aber an Deutschland – gerade auch aus Ihrer Sicht als in Budapest Geborener und 1975 zu Fuß von dort nach Österreich Geflohener?

Leslie Mandoki: Ich bin richtig dankbar für diese Frage: Deutschland ist meine Heimat. Dafür gibt es einen bestimmten Grund: Ich habe mich in dieses Land, die Menschen, ihre Herzlichkeit und Kultur verliebt. Obwohl ich damals als illegaler und asylsuchender 20jähriger Einwanderer, der kein Wort deutsch sprechen konnte, hier nach Deutschland kam, haben sich mir hier dann unendlich viele Chancen geboten. Natürlich habe ich auch später versucht, Amerika für mich als Künstler zu erobern. Deshalb auch die Zusammenarbeit mit vielen großartigen amerikanischen Künstlern, unter anderem auch als Musical Director für Disney. Viele amerikanische Weltstars und britische Superstars haben mir in der gemeinsamen Arbeit ihr Vertrauen geschenkt. Aber ich wollte dennoch immer zurück nach Deutschland. Hier sind meine Kinder geboren und hier bin ich zuhause. Ich bin sehr dankbar, dass ich mich in meinem schöpferischen Beruf hier in Deutschland so entfalten kann. Deshalb müssen wir die Werte dieses wunderbaren Landes bewahren und dürfen sie niemals zur Disposition stellen.

 

Ahoi: Zurück zu den Mandoki Soulmates. Ich habe eine faszinierende Liste mit Menschen hier, die mit Ihnen gemeinsam schon einmal in diesem Projekt agiert haben. Gerade Chaka Khan, Nik Kershaw, Till Brönner oder Midge Ure lassen meine kulturelle Sozialisation in ihrer Größe noch einmal hindurch blinken. Gibt es noch Künstler, die Sie gerne mit ins Boot holen wollen würden? Und wenn ja, wer wäre dies denn?

Leslie Mandoki: Für mich ist es ist ein ehrenvolles Privileg, dass mir so viele großartige Talente ihr Vertrauen schenken. Wir haben einen sehr starken inneren Zusammenhalt, was mich in meiner Kreativität auch sehr beflügelt. Wann immer ich jemanden in der Band haben wollte, ist es mir auch meist gelungen, manchmal auch auf Empfehlung anderer Musikerkollegen.

 

Ahoi: Am 7. Januar dieses Jahres feierten Sie Ihren 70. Geburtstag. Auch hier noch einmal Glückwünsche und viel Gesundheit auf Ihrem weiteren Weg. Wie halten Sie sich aber fit? Rein körperlich und auch geistig?

Leslie Mandoki: Vielen Dank für die guten Wünsche. Ich fühle mich wie mit 30. Wir wohnen direkt am See, haben auch ein Bootshäuschen. Da bin ich mit dem Kanu viel draußen auf dem See und genieße die Natur. Ich übe viel und weder meine Neugierde hat nachgelassen noch mein Mut zum schöpferischen Schaffen. Ich denke, diese ständige Verpflichtung, als Musiker Stachel im Fleisch der Gesellschaft und renitenter Rebell zu sein, nicht immer im Mainstream mitzuschwimmen, sondern sich auch durchaus mal im Widerspruch zu üben, hält mich einfach jung und frisch.

 

Ahoi: Danke, Leslie Mandoki, für Ihre Zeit, Ihre Antworten und Ihre Musik!

30 Years On Stage Mandoki Soulmates:

https://www.youtube.com/watch?v=z91zImtB6VU

Die offizielle Homepage:

https://mandoki-soulmates.com/

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