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  • Interviews
Vom Wettstreit der „Intelligenzen“

Gespräch mit Friederike Behr, Matthias Schwarzmüller und Roman Raschke vom Ensemble „Die Schönen und das Biest“

Die Schönen und das Biest. Schwarzmüller weißbärtig, Behr weiblich und Raschke staunend © Cred. Die Schönen und das Biest mit Selbstauslöser

Kabarett war einst Ventil, um angestauten Frust sinnvoll abzuleiten. Heute sucht Kabarett erst einmal nach sich selbst und der Position in der Welt der Kleinkunst. Schließlich werden TV-Possenreißer und Menschenbeschimpfer inklusive weiblicher –schimpferinnen zu moralischen Instanzen im ausgehenden demokratischen Wettstreit. Wettstreit scheint mittlerweile sowieso das Non plus Ultra des Lebens zu sein. Selbst der Wettstreit zwischen künstlichen und natürlichen (vermeintlichen) Intelligenzen schwehlt.

Ahoi-Redakteur Volly Tanner traf deshalb auf Kabarettmenschen, die diesen Wettstreit mit Witz füllen. Und sprach mit ihnen:

 

Ahoi: Ihr seid die Schönen und das Biest. Wer ist denn das Biest von Euch?

Matthias Schwarzmüller: Das Biest ist auf ihren eigenen Wunsch die schöne Friederike. Sie hat uns zu diesem Ensemblenamen inspiriert.

 

Ahoi: Euer derzeit im Kabarett Sanftwut gefeiertes Programm heißt „Auge um Auge, Byte um Byte – Alexa geht zu weit“. Wie weit geht Alexa denn und warum eigentlich?

Friederike Behr: Alexa treibt „ihren“ Menschen gemeinsam mit verbündeten Geräten des Smarthomes an den Rand des Wahnsinns.

Matthias Schwarzmüller: Alexa ist davon überzeugt, dass die künstliche Intelligenz das Ruder übernehmen muss, um die Erde vor den Menschen zu schützen.

 

Ahoi: Nun ist Roman Raschke ja der Neue in Eurem Bunde. Wie fühlt es sich denn an, so neuaufgestellt?

Matthias Schwarzmüller: Für mich ist Roman kein Neuer. Wir haben bereits erfolgreich zusammengearbeitet.

Friederike Behr: Aus meiner Sicht ist Roman ein absoluter Gewinn für das Ensemble.

Roman Raschke: Vielen Dank für die Blumen. Für mich ist dieses Ensemble ein Gewinn.

 

Ahoi: Das Alexaproblem ist ja nur dann ein Problem, wenn man eine Alexa hat. Das ist ungefähr so wie der weltbeliebte Spruch: „HipHop klingt am besten, wenn man Metal hört!“

Wer hat denn von Euch drei Schönen und Biestigen welche Rolle und warum?

Friederike Behr: Ich spiele Alexa – die Sprachassistentin vom Primatenforscher Dr. Kramer, der sie im Sonderangebot des Media Marktes erworben hat. Und dessen Mutter, die sich immer noch als die Erziehungsberechtigte ihres Sohnes sieht.

Matthias Schwarzmüller: Ich spiele den Menschen Kramer und versuche im Kampf mit Alexa Auge um Auge, Byte um Byte ein Mensch zu blieben. Wer sich tagtäglich mit seiner modernen Technik auseinanderzusetzen hat, wird sich in den erfolglosen Versuchen von Herrn Kramer im Kampf mit seinem Laptop wiederfinden.

Roman Raschke: Ich kämpfe als Router Seite an Seite mit Alexa, schlüpfe in die Rollen der Geräte des Smarthomes – vom Kühlschrank bis zum Saugroboter. Außerdem spiele ich den sächselnden MDR-Moderator der Sendung „Bernhard bringt es auf den Bungd!“ Und ich spiele noch Klavier und singe.

 

Ahoi: Und welche Rolle im Ensemble habt ihr eigentlich?

Friederike Behr: Matthias ist der Autor dieses Stücks, Roman der musikalische Leiter und ich werte dieses Ensemble optisch auf. Im Ernst: Ich kümmere mich um die Öffentlichkeitsarbeit. Außerdem drängt es uns alle Drei schon immer auf die Bretter, die die Welt bedeuten.

 

Ahoi: Liebe Friederike – ich weiß ja, dass Dein Herz auch für Impro schlägt. Kannst Du uns da etwas erzählen? Wie theatert es sich impro? Mit wem, wo und unter welcher Flagge?

Friederike Behr: Improvisationstheater begeistert mich schon seit über 16 Jahren. Mit meinem Ensemble „ImbH“ (Improvisationtheater mit beschränkter Haftung) spielen wir regelmäßig öffentlich im Mückenschlösschen Leipzig. Wir werden auch für Firmen- und Privatfeiern engagiert. Außerdem nutze ich das Improvisationstheater für Teamcoaching. Hier arbeite ich seit vielen Jahren mit Annekatrin Michler – Die Ändertainerin® zusammen. Das Publikum ist immer wieder davon begeistert, was wir aus ihren Vorgaben spontan an Geschichten, Liedern, Gedichten und sogar Tänzen auf der Bühne entstehen lassen. Und im Gegensatz zu einem festen Stück muss ich keinen Text lernen.

 

Ahoi: Und Roman: Bei Dir gibt es ja neben diesem Ensemble auch immer viel Neues: Radio und so und Musik. Was bricht denn demnächst aus dem Boden im Raschkeschen Lande?

Roman Raschke: Ich liebäugle auch damit, ab und zu Impro spielen. Zudem bin ich von Simone Danaylow in die Revue „Neues aus der Rumpelkammer“, die im CENTRAL KABARETT läuft, „berufen“ worden. Simone Danaylow ist die Regisseurin von Annemarie Schmidt und mir. Daher freue ich mich darüber sehr und auch darauf, in einer Produktion von ihr und zusammen mit ihr zu spielen. Annemarie und ich spielen nach wie vor sehr gern zusammen und brüten über Ideen zu einem neuen, dann unserem sechsten gemeinsamen Programm. Mit Patrick Passehr, mit dem ich bei den „Profikateuren“ gemeinsam auf der Bühne stand, gab es Auftritte und wir werden öfter gemeinsame Sache machen. Meine Lieblingsband „Linie 7ieben“, in der ich ja nach wie vor der Tastenmann bin, produziert gerade neue Songs und bald gibt’s da Neues auf die Ohren. Und da ich ja mal auf der Kleinkunstbühne quasi alleine angefangen habe, verspüre ich große Lust, mit einem abendfüllenden Soloprogramm auf die Bretter zu gehen. Einen Vorgucker gab es bereits und die Ideen fließen schon in die Tastatur. Und mit dem wunderbaren Ensemble „Die Schönen und das Biest“ soll und wird es nach dem aktuellen Programm schön und biestig weitergehen.

 

Ahoi: Lieber Matthias. Du selbst bist ja als Kabarettist und Texter ein ansonsten eher einsamer Wolf, sagte meine Internetrecherchistin. Wie ist es denn nun bei den Schönen und dem Biest? Gerade auch jetzt mit dem wirklich schönen Roman?

Matthias Schwarzmüller: Einsam war ich nie und als Wolf geht es mir ja als geschützte Art ganz gut. Für einen Autor ist es schön, Menschen zu finden, die die Texte auch spielen wollen. Und wenn man dann noch mitspielen darf, ist es perfekt.

 

Ahoi: Die KI-Liebe wird ja doch irgendwann als Krise aufploppen. Habt Ihr aus Eurer Erfahrung heraus jetzt schon Lösungen?

Roman Raschke: Eine Lösung habe ich sicher nicht. Wenn ich es hier verraten darf: Ich habe selbst gar keine Alexa. Manchmal frage und beauftrage ich eine gewisse Siri. Doch die Knöpfe für Lautstärke und das Aus- und Einschalten bediene ich ausschließlich selbst. Und alles, was ich als Konsequenz alleine tragen muss, entscheide ich auch alleine. Es wäre für mich eine Horrorvorstellung, wenn eine KI über mein Wohl und Wehe entscheidet oder diese eigenmächtig beeinflusst. Die wirklich wichtigen Dinge werden immer menschlich bleiben: Liebe, Frieden, Emotionen, Zuwendung, Kreativität und so viel mehr. Ich hoffe und wünsche mir, dass dies als Garant einer Zukunft bleibt, ob mit oder ohne einer gewisse KI.

Friederike Behr: Ich habe weder Siri noch Alexa und mache quasi fast alles selbst. Ansonsten schließe ich mich Romans Worten gern an.

Matthias Schwarzmüller: Ich habe weder eine Siri noch eine Alexa. Sie heißt anders. Und weiß auch nicht alles. Zum Glück. Aber ich habe Handy, Computer und Navi. Ich habe die Befürchtung, dass die Menschheit alles weiterentwickeln möchte, was sie weiterentwickeln kann. Und wenn dann ein Programmierer meint, dass seine von ihm programmierte KI ein Bewusstsein entwickelt hat ...

 

Ahoi: Dann danke ich Euch, auch für die nachdenklicheren Worte und wünsche Euch immervolle Auftrittsorte und körperwarme Liebe.

F+M+R: Ganz lieben Dank von uns! Und Alexa dankt auch!

Die Auftrittstermine vom Ensemble „Die Schönen und das Biest“ im Kabarett Sanftwut:

www.kabarett-theater-sanftwut.de

 

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