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Ich wünsche mir die Gelassenheit zurück

Gespräch mit der Schauspielerin, Sängerin und Gesangslehrerin Barbara Weiß

Gerade in der Schauspielerei werden die dort beruflich Verhafteten derzeit vor große Herausforderungen gestellt. Die Theater bröckeln und werden in den Zuschauerräumen staubig, Filme gibt es nur noch in konform und irgendwie auch viel zu viele Männerrollen, obwohl doch viel mehr Frauen das Metier befruchten. Ahoi-Redakteur Volly Tanner sprach darüber mit der in Leipzig lebenden Barbara Weiß, die nicht nur in der SOKO Leipzig spielt, sondern auch singt und weiß wie Kabarett geht.

Frau Weiß blickt in die Welt und macht sich Gedanken © Jörg Singer

Ahoi: Guten Tag, Barbara Weiß. Du bist als Gesangslehrerin an der Musikschule Neue Musik Leipzig gelistet. Nun ist ja derzeit das Singen in Räumen doch sehr reglementiert. Wie arbeitest Du gerade? Nur noch in Kleinstgruppen, mit Mundschutz – schlimm beim Singen – oder virtuell? Erzähle doch mal bitte…

Weiß: Hallo Volly, nach aktuellem Stand ist Präsenzunterricht nach der 2G-Regel erlaubt. Die Neue Musik Leipzig ist auch gut ausgerüstet mit Luftfiltern und Plexiglaswänden.
Ansonsten mussten wir auf Onlineunterricht umsteigen, was zu meinem Erstaunen sehr viel besser funktioniert, als ich angenommen hatte.
Für meine PrivatschülerInnen richte ich mich nach den Vorgaben der Musikschule.
Schlimm würde ich nicht sagen. Es ist sicherlich eine Umstellung, aber ich bin froh, dass wir diese Möglichkeit haben.

 

Ahoi: Du bist jedoch weit mehr als eine Gesangslehrerin, Du bist Künstlerin, ja Schauspielerin mit einem echt großen und erfolgreichen Hintergrund: Luzern, Lichtenstein, Schwaben, Sulzbach-Rosenberg – und ganz, ganz am Anfang die ersten Töne in Tirschenreuth in unserem Nachbarland Bayern. Was hat Dich nach Leipzig gezogen und was hat Dich festgebunden?

Weiß: Nach Leipzig bin ich für mein Studium.
Ich habe hier von 2010-2014 an der Hochschule für Musik und Theater Musical studiert, war anschließend erstmal zwei Jahre im Schauspielensemble in Memmingen und bin dann zurück, um meinen Master in Gesangspädagogik zu machen.
So ist Leipzig meine Basis geworden und bis heute geblieben.

 

Ahoi: Daneben bist Du Teil des Ensembles des altehrwürdigen und legendären Kabaretts academixer und hast dort in „Das geht aufs Zimmer“ debütiert. Jetzt ist dort ja auch zappenduster, die großen Kabarettabende voller Witz, Subversion und Applaus fast nur noch kleine Sterne in der Erinnerung. Fehlt da was? Kabarett ist ja immer etwas mehr gewesen als Film oder Schauspiel. Kabarett war ja auch immer Ventil für die Menschen, die hingegangen sind …

Weiß: Naja, ich finde, wir konnten glücklicherweise relativ viel „Kabarett machen", zum Beispiel durch ein Streaming-Projekt letztes Frühjahr.
Klar ist das anders, aber Flexibilität ist ja derzeit das A und O. Auch das Sommerkabarett im Paulaner war wieder möglich und „Die lustige Witwe" hatte Ende August Premiere im Zoo.
Dafür bin ich sehr dankbar, gerade in solch' schwierigen Zeiten.
Als wir nun im Dezember wieder schließen mussten in Sachsen war es aber sehr hart für mich, weil wir dieses Mal als Bundesland betroffen waren und die Kollegen und Kolleginnen woanders weiter spielen konnten.
Jetzt hoffen wir im Februar wieder loslegen zu können und, dass die Besucherzahlen auch wieder steigen, die Leute ihr, wie von Dir oben beschrieben, altes „Ventil" wieder wollen und sich trauen.
Ich wünsche mir die Gelassenheit am Theaterspielen zurück, nicht ständig mit angezogener Handbremse und wackeligem Boden unter den Füßen zu leben.

 

Ahoi: Drehst Du auch noch? Wenn ja wo und mit wem? Ich hatte Dich mal in der SOKO Leipzig gesehen, glaube ich.

Weiß: Ja, letztes Jahr stand ich zum Beispiel erneut für „Die Rosenheim Cops", für SOKO Leipzig, einen historischen Museumsfilm und Werbeshootings vor der Kamera. Das macht mir super viel Spaß.
Dass Du mich gesehen hast und ich in Erinnerung geblieben bin, freut mich sehr.

 

Ahoi: Derzeit wird sehr viel über das Geschlecht von Schauspielenden geredet, ich, der ich dies Metier im seltensten Falle touchiere, bin da nicht wirklich involviert. Ist es wirklich so schwierig, als Frau an gute Rollen zu kommen? Wo sind denn überhaupt die wirklichen Problemstellen – aus Deiner ganz persönlichen Erfahrung?

Weiß: Das größte Problem liegt ganz simpel erklärt darin, dass es in den meisten Stücken mehr Männer-, als Frauenrollen gibt und es aber sehr viel mehr Frauen gibt, die diesen Beruf ausüben.
Aber ich denke, es tut sich einiges, vor allem natürlich bei neuen Produktionen.
Im Spielplan der Theater bleiben aber viele Klassiker.

 

Ahoi: Und wie kann man diesen Problemen begegnen, ja vielleicht sogar diese ausräumen?

Weiß: Auch hier klingt die Antwort finde ich eigentlich ganz simpel ...
Die Rolle der Frau anders, neu betrachten und FÜR sie schreiben, das ist zukünftig das, was man tun kann und teilweise auch schon getan wird.
Vielleicht kann man auch schon bestehende Stücke umdenken und anders (entgegengesetzt) besetzen. Wäre doch mal einen Versuch wert.

 

Ahoi: Es gibt dieses wundervolle Lied „Kommando Untergang“ mit Deiner Stimme. Kannst Du uns da etwas mehr erzählen? Ich mag ja Musik.

Weiß:Kommando Untergang" begleitet mich schon seit meinem Studium und stammt aus der Feder von Anna Depenbusch.
Ich mag die Intimität des Songs. Die Gedanken Stück für Stück fließen lassen und Emotionen und die Situation, die beschrieben wird, wahrzunehmen und darzustellen, finde ich bei diesem Lied immer wieder auf's Neue toll.
Ganz wichtig ist hier, dass es nicht nur ein Lied des Trauerns und der Dramatik wird. Dort die Balance zu finden, das ist immer die Herausforderung und bereitet schauspielerische Freude.

 

Ahoi: Danke, liebe Barbara – auf dass das Schiff wieder auf Kurs komme.

Weiß: Danke auch Dir für die Anfrage und das Interview.

Barbara Weiß im Internet:

Facebook

 

Kommando Untergang im Netz:

www.youtube.com

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