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  • Interviews
In Leipzig und erstmals außerhalb von Berlin

Gespräch mit der Sängerin Kat Koan

Kat Koan – dort, wo sie hingehört: auf die Bühne © Patrick Tichy

Es gibt Musik, die fräst sich förmlich ins Unterbewusstsein. Bei Ahoi-Redakteur Volly Tanner war dies in den letzten Monaten neben Theodor Schitstorm und Betterov die Musik von Kat Koan aus Berlin. Nun kommt die begnadete Musikerin und Sängerin mit ihrer Band nach Leipzig. Ins Tonelli´s. Am 4. November 2023. Und wer wirklich das Erblühen einer grandiosen, ganz frischen kulturellen Erscheinung miterleben möchte, sollte diesen Termin dringend wahrnehmen:

Ahoi: Guten Tag, liebe Kat. Du kommst mit Kat Koan als Band und MONE als Support am 4. November 2023 nach Leipzig ins Tonelli´s. Eine Heimreise? Ich hörte davon, dass Du Leipziger Wurzeln hast.

Kat Koan: Hi Volly. Ich bin in Riesa aufgewachsen. Meine Schwester lebt in Leipzig und ich freue mich sehr darauf, im heimatlichen Sachsen zusammen mit meiner Band Kat Koan & THE WOW zu spielen. Es ist für uns das erste Mal, dass wir außerhalb von Berlin spielen ... inklusive Übernachtungs-Party. Das wird sicher sehr witzig. Ich bin auch sehr froh, dass MONE mitkommt und ein Solo-Set spielen wird. Ich finde sie richtig gut.

Ahoi: Und kannst Du uns gleich noch etwas zu MONE erzählen?

Kat Koan: MONE kommt ursprünglich aus Holland, lebt aber seit ein paar Jahren in Berlin. Ich hatte öfters mal Leute über sie sprechen hören, aber habe erst so richtig geschnallt, warum sie in Berlin so beliebt ist, als ich sie live mit ihrer Bande erlebt habe. Sie erzählt mit ihren Liedern superschöne Geschichten. Das zieht mich jedes Mal in einen Bann, aus dem ich gar nicht mehr rauswill. Sie hat in den letzten zwei Jahren an einem neuen Album gearbeitet, das Ende Oktober erscheinen wird. Wir sind in der Zwischenzeit gute Freundinnen geworden - ich mag sie als Person und als Künstlerin sehr und wünsche ihr viele offene Ohren.

Ahoi: Ich erlas mir die Anfänge Deiner musikalischen Menschwerdung. Es ging um Burnout, TV-Produzieren und einen Hypnose-Therapeuten. Kannst Du für unsere Hörerschaft die Geschichte bitte noch einmal erzählen?

Kat Koan: Ich habe erst sehr spät mit dem Musikmachen angefangen. Die meisten denken, es sei vielleicht eine Nebenwirkung der Midlife-Crisis (schmunzelt), aber das ist mir relativ egal, denn für mich persönlich hat das Schreiben und Produzieren von Liedern eine ziemlich große Bedeutung. Bis vor ein paar Jahren habe ich Vollzeit als TV / Videoproduzentin gearbeitet. Das hat super viel Spaß gemacht, war aber als Mutter nicht wirklich machbar, da es sehr stressig ist und die Arbeitstage wahnsinnig lang sind. Ich bin da an meine Grenzen gekommen und hatte irgendwann dann halt einen Burnout, der mich umgehauen hat. Circa zwölf Monate lang ärztliche Behandlung und Berufsunfähigkeit usw. Nichts hat so richtig geholfen, ich war körperlich und geistig ziemlich am Ende. Eine Hypnosetherapie hat mir dann schließlich geholfen, obwohl ich an sowas überhaupt nicht geglaubt hatte. Ich habe auf einmal angefangen, ganz viel zu schreiben. Geschichten, Gedichte und irgendwann dann auch Lieder. Es war nicht wirklich so geplant ... es ist einfach so gekommen und ich bin wahnsinnig froh darüber. Auch wenn es wie ein Klischee klingt - Music is the best Medicine! Mir geht es heute wieder richtig gut. Ich bin froh, diese schwierige Phase durchgemacht zu haben.

Ahoi: Für Dein Debutalbum LUSTPRINZIP hattest Du David Lynchs Sound- Supervisor Dean Hurley mit im Boot. Wofür und wie kam es dazu?

Kat Koan: Das Album war nicht geplant, es ist einfach so entstanden. Ich hatte zu der Zeit wahnsinnig viele Texte geschrieben, einfach nur so für mich. Eines Tages hat ein Freund von mir ein paar davon gelesen und hat gemeint, ich soll mal zu ihm ins Studio kommen und ein paar Sprachaufnahmen machen. Das habe ich dann getan und es hat mir echt viel Spaß gemacht, vor allem als Sprechgesang über elektronischen Klängen. Ein Produzent aus London hat dann durch einen Zufall ein paar meiner Sprechgesang-Aufnahmen gehört und gefragt, ob ich ihm mal meine Texte schicken könnte. Daraufhin hat er gemeint, er möchte mit mir ein Album machen. Das war etwas verrückt und ich wusste nicht genau, ob er mich verarscht, weil ich gar keine Erfahrung hatte, aber er war supernett und geduldig und ich habe ziemlich schnell ziemlich viel gelernt. Wir hatten wahnsinnig viel Spaß daran, die Lieder zu produzieren. Da ich beim Fernsehen gearbeitet habe, hat mich schon immer interessiert, wie Sound / Musik die Wirkung der bewegten Bilder verstärken kann. Ich bin oft rausgegangen, mit einem kleinen Aufnahmegerät, und habe Geräusche aufgenommen - Straßenarbeiten, Uhren, raschelnde Blätter, Züge usw. und habe diese Geräusche dann digitalisiert und geschnitten und daraus dann Rhythmen und Soundscapes gebastelt. Das war dann die Basis für die Songs. Die haben sich daher alle irgendwie visuell angefühlt. Der Produzent hat irgendwann die Demos mal irgendwo vorgespielt und durch einen Zufall hat Dean Hurley sie in die Hände bekommen und angeboten, das Album abzumischen. Das war abgefahren, da ich ein großer David Lynch Fan bin und die Musik/ Sound in seinen Filmen liebe.

Ahoi: Und wer spielt derzeit mit Dir?

Kat Koan: Ich habe jetzt eine Band, die ich sehr schätze. Anni spielt Schlagzeug, Tom spielt Gitarre, Shane spielt Bass und Vera spielt synth & singt. Es hat eine Weile gedauert, die richtige Kombination von Menschen / Musikern zu finden, und es gab ein paar Veränderungen auf dem Weg dahin, aber jetzt stimmt alles. Die Band heißt Kat Koan & The WOW. Der Name ist entstanden, weil ich ständig WOW gesagt habe, wenn sie gespielt haben. Ich schätze, ich bin sehr glücklich (glücklich schmunzelnd). Die Ideen schreibe ich meist noch alleine, aber die musikalische Umsetzung wird jetzt immer besser, weil die Musiker so viel Gefühl haben und wir uns jetzt alle aufeinander eingegrooved haben.

Ahoi: Es gibt Dich auch gern auf den Bühnen dieser Welt, speziell in Berlin – aber auch beispielsweise im November in Leipzig – wie geht es mit dem Live-Geschäft derzeit? Wo sind die Probleme? Ich habe das Gefühl, dass es immer weniger Clubs gibt und immer weniger Angebot. Ist dem so? Und wie kann man es ändern?

Kat Koan: Live zu spielen ist das Beste an der ganzen Sache. Ich schreibe gern usw., aber wenn man die Lieder spielt und eine Verbindung mit Zuhörern aufbauen kann, ist das mich das Beste, was es gibt. Wir haben uns erst vor einem Jahr zusammengeschlossen, und es läuft ganz gut. Nächstes Jahr wollen wir versuchen, eine kleine Tour zu machen, falls ich dafür eine Förderung bekomme. Das Problem ist eigentlich hauptsächlich ein finanzielles. Die meisten Clubs bezahlen keine Festgage, sondern bieten einen Anteil der Einnahmen an. Es wird oft nicht sonderlich viel Werbung gemacht, das heißt, die Band muss richtig viel Zeit und Geld in Marketing investieren, damit ein paar Leute auftauchen. Es ist aber eigentlich nie garantiert, dass wir am Ende mit ein paar Euro in der Tasche nach Hause gehen. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass es immer weniger Angebot gibt. Eher das Gegenteil. In Berlin muss ich mich wirklich zwingen, ab und an abends zu Hause zu bleiben und zu schlafen. Wenn man wollte, könnte man hier jeden Abend zu Record Release Partys gehen und neuen Bands zuhören. Nach den Lockdowns waren viele sehr hungrig und sind zu Konzerten und Clubs gerannt, aber das hat stark nachgelassen. Scheinbar aus finanziellen Gründen und zum Teil auch wegen Reizüberflutung. Es ist sehr schwierig geworden, Leute dazu zu bringen, im Vorverkauf Tickets zu kaufen. Viele wollen sich nicht mehr so früh binden, falls sie krank werden oder irgendwo eine bessere Party stattfindet. Ich habe das Gefühl, das hat sich nach der Pandemie so entwickelt.

Ahoi: Wie und wo können denn interessierte Menschen an Dein Material, Deine Musik, kommen? Wo veröffentlichst Du? Und wann kommt Frisches?

Kat Koan: Mein Album Lustprinzip ist auf allen Streaming Platforms. Das neue Album COCOON gibt es nur auf Vinyl und Bandcamp und das ist auch gut so. spotify zahlt bekannterweise so wenig an die Künstler, die die Platform füttern, dass ich keinen Drang verspürt habe, meine Musik dort zu veröffentlichen. Aber das ist ein größeres Thema, über das wir ein anderes Mal quatschen können. Alle Musik-Links und Videos sind auf meiner Webseite. Ich schreibe gerade Songs für eine neue EP, die wird wieder ganz anders als die anderen Alben. Ich freue mich auf den Prozess. Nächstes Jahr im Frühjahr wird sie erscheinen.

Ahoi: Danke, liebe Kat Koan. Wir sehen uns bei Tonelli´s.

Kat Koan im Netz:
www.katkoan.com

Tonelli´s im Netz:
https://www.tonellis.de/

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