//
//
  • Interviews
Die Genüsse sind gar nicht so unterschiedlich

Gespräch mit dem Verleger Matthias Alfa

Matthias Alfa höchst selbst © Adina Pietsch

Was kocht der Goth, wenn er am Topfe steht? Und was kreiert der Punk, wenn ihm die Aufgabe gegeben wird? Fragen, die die diversen Szenen schon seit Jahrzehnten umtreiben und durch den Leipziger Alfa Verlag fulminant und in Gänze beantwortet wurden. Ahoi-Redakteur Volly Tanner fragte den männlichen Part der Verlegerschaft Matthias Alfa jedoch nicht nur nach den Büchern, sondern auch nach seiner Beziehung zum leider viel zu früh verstorbenen Oliver Baglieri:

 

Ahoi: Guten Tag Matthias Alfa. Du bist der Chef vom Alfa Verlag, der mit extrem goilen Kochbüchern von sich Rede macht. Dabei hast du zwei Segmente der Populärkultur besonders im Blick: den guten alten Punkrock und die Düsterwelt der schleppend vor sich hinschlurfenden schwarzen Szene. Sind die Genüsse denn so unterschiedlich?

Matthias Alfa: Ahoi, Ahoi! Ja, neben meiner Frau Ulrike (Lilli) bin ich der Chef vom Alfa Verlag. Also, quasi zwei Chefs sind am Start und im Geschehen. 2007 habe ich mit der ersten Auflage vom „Cookbook For Dark Desires“ begonnen. Ich hatte 2002 den Verlag mit meiner Ex-Frau gegründet und das erste Buch von Ines Binnemann und Oliver Baglieri veröffentlicht. Dann kam die Idee zum Kochbuch, welches es nun seit 2017 in unveränderter dritter Auflage, gibt. Die Genüsse sind gar nicht so unterschiedlich und bei vielen Protagonisten eigentlich ganz normal. Dennoch hat man einige Rezeptgeber dabei, die auch beim Kochen den Goth oder Punk „raushängen lassen".

 

Ahoi: Du hast richtige Helden in den Büchern – wen denn beispielsweise im Buch „Harte Kost“?

Matthias Alfa: Hier Einzelne zu nennen ist fast unmöglich. Denn alle Beteiligten sind durchweg wichtig für das Gesamtkonzept des Buches. Nur mal, um Einige zu nennen, welche auch der breiten Masse ein Begriff sein dürften: Aus der Deutschpunk-Ecke wären das Male, Slime, Dritte Wahl, Pöbel und Gesocks oder Toxoplasma. Beim FunPunk: Die Abstürzende Brieftauben, Mimmis und Gleichlaufschwankung. International sind Charge69, GBH, Peter and the test tube babies und UK Subs vertreten. Nicht zu vergessen die Toten Hosen oder Broilers. Und wenn der Platz reichen würde, würde ich auch alle anderen Beteiligten hier nennen. Aber man muss ja immer auswählen und da habe ich jetzt lange dran zu knabbern gehabt.

 

Ahoi: Und wer ist beim „Cookbook For Dark Desires“ mittenmang aus den Grüften an die Kochtöpfe und Hexenkessel getreten?

Matthias Alfa: Hier verhält es sich ähnlich.... Wen soll ich mir rausgucken? Als erstes und in Gedenken an Felix Flaucher (18 Summers) Oliver Baglieri und Michel (Zadera), welche alle viel zu früh von uns gegangen sind. Wen nenne ich denn nun? Es fällt unwahrscheinlich schwer: Agonoize, Anne Clark, Blutengel, Cassandra Complex, Dance or Die, Das Ich, Eisfabrik, L`Ame Immortelle, Schandmaul, Skeletal Family, Sven Friedrich, Mark Benecke, The Other, Thomas Thyssen, Welle:Erdball und viele andere mehr …

 

Ahoi: Und was kommt jetzt? Ich fänd ja ein Kochbuch für Jazz-Enthusiasten cool. Die würden es auch kaufen, denk ich mal.

Matthias Alfa: Was kommt jetzt? Erstmal viel Arbeit. Momentan ist der zweite Teil vom „Cookbook For Dark Desires“ schon in Arbeit. „Harte Kost“ wird in englischer Sprache veröffentlicht und zwei weitere Bücher werden dieses Jahr veröffentlicht, darunter ein Bildband von Olsany Friedhof in Prag.

Ein Jazz Kochbuch? Da habe ich ehrlich gesagt noch nicht dran gedacht. Aber man kann ja jede Musikrichtung auch in Kochbücher unterbringen. Also warum nicht? Ich behalte es mal im Hinterkopf.

 

Ahoi: Du selbst bist ja in Köthen auf die Welt gekommen. Was hat dich denn wann eigentlich nach Leipzig gezogen?

Matthias Alfa: Ja, ich wurde 1972 im wunderschönen Köthen geboren und bin über Umwege 2010 nach Leipzig gekommen, dann kurz wieder weg und seit 2017 nun fest in Leipzig. Was hat mich nach Leipzig gezogen? Meine Frau, welche vor mir schon mal in Leipzig gewohnt hat und das klingt jetzt ein wenig abgedroschen: die Szene natürlich. Leipzig gilt ja nicht umsonst als Szenehauptstadt. Diese Stadt hat mich seit 1995 immer wieder zum WGT oder anderen Konzerten angezogen und irgendwann wohnt man halt hier.

 

Ahoi: Der „Szene“ bist du als Fotograf für den Sonic Seducer und das Gothic Magazine in Erinnerung. Für wen arbeitest du denn derzeit so?

Matthias Alfa: Sonic Seducer, das war 1998 bis 1999, und ein kurzes Vergnügen. Ab 1999 bis 2013 dann Gothic Magazine. Für das Gothic war es eine lange Zeit, in der sich auch Kontakt zu vielen Menschen aus der Szene oder eine bis heute andauernde Freundschaft und Geschäftspartnerschaft entwickelt hat. Für ein Szenemagazin oder anderes Magazin bin ich heute nicht mehr tätig. Meine Arbeit im Verlag und zwei anderen Firmen (Merchandise/Manufaktur) erfüllt mich ganz und gar. Die Fotografie lebt demnächst in den geplanten Bildbänden weiter.

 

Ahoi: Du hattest auch Kontakt zum leider viel zu früh verstorbenen Oliver Baglieri. Kannst du uns erzählen, was dich mit ihm verband?

Matthias Alfa: Ja, der Olli. Zuerst verband uns die Fotografie und das Interesse für Friedhöfe. Wie schon erwähnt, hatte ich Ollis erstes Buch „Inmitten der Stille" veröffentlicht. Kennengelernt habe ich Olli und seine damalige Freundin Ines im Jahr 2001 durch das Gothic Magazine. Wir hatten ein paar Arbeiten für das Magazin zusammen gemacht. Auch durch die räumliche Nähe (Magdeburg - Bernburg) hatte sich ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut. Später, nach seinem Umzug nach Leipzig, standen wir sporadisch in Kontakt, hatten uns aber nie aus den Augen verloren. Aus der Zeit stammt ja auch sein Rezept für das Gothic-Kochbuch. Traurig, dass er letztes Jahr von uns gegangen ist. Er hinterlässt einen großen Schatz für die Szenekultur.

 

Ahoi: Was hat Dir beim Machen der Bücher eigentlich die meiste Freude bereitet?

Matthias Alfa: Alles! Es macht alles Spaß. Von der ersten Idee, das Layouten und die Vermarktung des Buches. Was mir am meisten Spaß macht, ist jedoch der Kontakt mit Menschen. Es gibt auch Momente, da könnten wir alles an die Wand werfen aber dann geht es auch mal wieder vorwärts. Da beißen wir uns immer durch. Und ohne meine Frau würde ich das alles gar nicht bewältigen können.

 

Ahoi: Dann hoffen wir, dass weiterhin der Erfolg mit dir sei. Danke für deine Bücher.

Matthias Alfa: Vielen Dank, gern geschehen.

Der Alfa Verlag im Netz:

www.alfa-verlag.de

« zurück
zur aktuellen Ausgabe