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  • Interviews
Ehrlichkeit ist Pflicht im Salon

Gespräch mit dem SecondRadio-Macher Thorsten Weickert

Thorsten Weickert in seiner natürlichen Umgebung © Weickert/ SecondRadio

Radio ist weit mehr als Dudelfunk oder Bürgerradio. Radio ist sehr viel Engagement, ein Medium voller hochinteressanter Menschen, tolle Beiträge zum Diskurs und Zugewandtheit in Richtung Hörerschaft. Thorsten Weickert hat dafür sogar gerade einen Preis bekommen und Ahoi-Redakteur Volly Tanner befragte ihn deeshalb:

 

Ahoi: Guten Tag, Thorsten Weickert. Du hast den 3. Platz beim Sächsischen Hörfunkpreis 2022 erhalten. Wofür denn?

Thorsten Weickert: Für die Sendung „Kunst und künstliche Intelligenz“ in der Kategorie „Mittendrin – Bester Beitrag aus dem Sendegebiet“. Und für alle, die mich dabei unterstützt haben.

 

Ahoi: Und wie bist Du eigentlich zu SecondRadio gekommen?

Thorsten Weickert: Das ist eine schräge Geschichte. Und die fängt auch noch vor ganz vielen Jahren an. Als Kind bin ich in den 80ern aufgewachsen und habe auf Bayern3 Musiksendungen von Fritz Egner, Thomas Gottschalk und Günther Jauch gehört. Die haben das damals richtig gut gemacht. Gute Musik, tiefgründige Interviews mit den Künstlern, das hat mich begeistert. Das Medium Radio hat mich immer begleitet, allerdings habe ich auch die Entwicklung aus Hörersicht kritisch beobachtet. Mehr Radiosender haben nicht zwangsläufig zu mehr Qualität geführt. Es wird unterhalten, sehr oberflächlich. Die Radiostationen sind leider in einem sehr hohen Maße nicht mehr voneinander zu unterscheiden. Sobald ich was Hintergründiges haben möchte oder Künstler*innen oder Bands hören will, die nicht in irgendwelchen Charts sind, bekomme ich wenig bis gar nichts angeboten. Da gibt es Genresender, die 24/7 ein Genre abdecken. Wenn aber Vielfalt und Hintergründe gewünscht werden, reicht das auch nicht. Ich habe also mal den Entschluss gefasst, mein Medium, das Radio, mitzugestalten. Meine Bewerbungen bei verschiedenen Radiosendern liefen immer ins Leere. Sicherlich bin ich da auch sehr naiv an das Thema rangegangen, weil ich weder Journalist, noch DJ bin, noch irgendeine technische Ausstattung vorweisen kann. Was ich mitbringe, ist Herz und Blut und wirkliches Interesse an Menschen und Kunst. Angie Pörsch von SecondRadio hat mir die Chance gegeben, im Radio meine Sendungen selbst zu gestalten. Und ich bin sehr glücklich und dankbar darüber. Ich stehe dazu, ich bin ein Radiohead.

 

Ahoi: Kunst & künstliche Intelligenz. Darum ging es ja in Deinem Beitrag. Kann man den noch nachhören?

Thorsten Weickert: Ja, den kann man in der Audiothek auf der Homepage von SecondRadio nachhören. Und wer möchte, kann sich gerne bei mir melden, um mir ein Feedback dazu zu geben. Ich bin sowohl für konstruktive und nachvollziehbare Kritik, als auch für weitere Impulse offen.

 

Ahoi: Und warum gerade dieses Thema? Was verbindet Dich selbst damit?

Thorsten Weickert: Mit Musik habe ich schon immer zu tun. Mich haben auch immer die Genres interessiert, die nicht so offensichtlich sind. Das sind in dem Fall Klassik und elektronische Musik. Das Thema künstliche Intelligenz beschäftigt mich auch schon seit fast 10 Jahren. Musik wird auch schon seit einigen Jahren mit Elementen aus der künstlichen Intelligenz verbunden und produziert. Als ich gehört habe, dass die Semperoper zu Dresden eine zeitgenössische Oper inszeniert und eine künstliche Intelligenz live in der Aufführung performt, das hat mich absolut fasziniert. Denn, die Macher der Oper haben immer ein Risiko, dass die künstliche Intelligenz ein gewisses Eigenleben entwickelt, was in einer Liveaufführung auch mal seltsam sein kann. Aber sie haben das sehr gut hinbekommen. Die Oper war ein großer Erfolg.

 

Ahoi: Der private Hörfunk – Teil davon ist ja auch SecondRadio – hat einen schwierigen Ruf. Lieber scharen sich politisch Aktive um den Öffentlich-Rechtlichen oder um geförderte Bürgerradios, wobei es hier mit der Qualitätskontrolle oft grauselig aussieht. In einer privaten Nische wie SecondRadio oder RADIO OSTROCK gibt es jedoch faszinierendes Engagement. Wie kann dies bekannter werden?

Thorsten Weickert: In dem wir viele Unterstützer bekommen, die uns helfen, noch bekannter zu werden. Netzwerke, Unternehmen, Menschen, die die Kultur erhalten wollen. Aber Bekanntheit nützt nicht viel, wenn die Qualität nicht gut ist. Es geht immer um die Hörer. Wer diesen Fokus verliert, auch durch ein Angebot an Programm und Themen, was nicht den Hörerwünschen entspricht, wird es schwer haben. Hörer*innen wollen nicht nur informiert und unterhalten werden. Sie wollen bereichert werden, gerne auch wirklich mitgestalten. Das bieten wir an. Das wir damit auf dem richtigen Weg sind, bekommen wir immer wieder zu hören. Unsere Hörer*innen und auch unsere Partner freuen sich über unsere Entwicklung und geben uns auch weiteres Vertrauen. Wer uns dabei mit unterstützen möchte, einfach bei uns melden. Wir freuen uns über jeden Impuls.

 

Ahoi: Und was hast Du vor SecondRadio gemacht?

Thorsten Weickert: Oh, da ich auch mittlerweile einige Jahre auf dem Planeten unterwegs bin, sehr viel. Aber nichts mit Medien und so. Ich habe nach meiner handwerklichen Ausbildung Betriebswirtschaft studiert und bin 30 Jahre im Vertrieb, in verschiedenen Funktionen, unterwegs gewesen. Manchmal habe ich auch Veranstaltungen moderieren dürfen und hatte auch immer Spaß dabei.

 

Ahoi: Du bist auch für die Sendung „Salonfähig“ zuständig. Was machst Du denn da und was beinhaltet die Sendung?

Thorsten Weickert: „Salonfähig“ ist gewissermaßen mein „Baby“, meine Eintrittskarte in die SecondRadio-Welt. Es gibt so viele Künstler*innen und Bands, die gute Musik machen, aber auf Grund des Genres oder der noch geringen Bekanntheit auch kaum Plattformen über das Radio bekommen. Es heißt ja, dass man „Salonfähig“ resp. „Gesellschaftsfähig“ sein muss, um Ruhm und mehr Bekanntheit zu bekommen. Es bedarf aber auch der Bestätigung, ob man in einem „Salon“ akzeptiert wird. Angemessene Kleidung, gepflegtes Äußeres und ein entsprechendes Benehmen wird erwartet. Ich bin der Salonmeister, der seine Gäste gerne empfängt und mit ihnen über musikalische Inspiration, die musikalischen Werke und über neue Projekte spricht. Natürlich gibt es auch Anekdoten und unbekannte Geschichten über die Künstler*innen. Ehrlichkeit ist Pflicht im Salon. Am Ende der Sendung wird dann die „Salonfähigkeit“ bestätigt und man bekommt die Eintrittskarte zu einer ruhmreichen und noch erfolgreicheren Karriere. Ich muss sagen, alle Künstler*innen, die ich in meinem Premierenjahr im „Salon“ hatte, haben ein sehr gutes Jahr 2022 gehabt. Das macht mich auch ein wenig stolz.

 

Ahoi: Was wünschst Du Dir von 2023?

Thorsten Weickert: Gesundheit und eine friedliche Welt. Wir leben alle in einem Haus, was sich Erde nennt. Kriege nützen uns nichts. Und dass das aktuelle Kriegsgerät auch gerade grandios versagt, sollte ein Zeichen sein. Das Kriegs- und Rüstungsgeld sollte in Nahrung, Lebensniveau, Menschenwerte, Bekämpfung von Krankheiten, den Erhalt der Erde, Bildung und Kunst investiert werden. Ist auch eine Wertschöpfungskette.

 

Ahoi: Danke sehr, bester Thorsten.

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