Leipzig hat seinen Rap Star, unbenommen. Der heißt HeXer und ist in seinem Output hochinteressant, sprachgewandt und hat etwas zu erzählen. Und da er gerade an einer ganz großen Tournee baut, fragte Ahoi-Redakteur Volly Tanner nach.
Ahoi: Guten Tag, HeXer. Erstmals hörte ich von Dir vor einigen Jahren, als beim mdr, in der Sendung artour etwas über Dich gebracht wurde. Zuletzt erreichte mich der Song „Abfucks“, wobei ich mich sehr freute, dass das Kolonnadenviertel Kulisse des Videos wurde. Die gechillte Attitüde kommt mir auch sehr entgegen. Ist da die Leipziger Hood relaxter als andere?
HeXer: Peace. Freut mich, dass ich hier sein darf. Ich glaube schon, dass Leipzig, dafür wie lebendig und divers die Stadt ist, relativ entspannt drauf ist. Ich glaube, die vielen Parks und so gut wie’s geht, Natur abzubekommen; das ist da ganz wichtig für. Und das hat ja Leipzig genug.
Ich schreib Dir aber gerade am Wochenende Anfang Juni, bei dem die Stadt zeigt, dass sie bei den wichtigen Themen auch mal ganz anders sein kann.
Ahoi: Du warst einst Thomaner. Inwieweit hat Dich das Leben unter den Sängerknaben für Deinen jetzigen künstlerischen Weg geprägt?
HeXer: Rap Musik bestand für mich immer schon aus zwei Aspekten, dem lyrischen und dem musikalischen. Ich habe damals den Thomanerchor früher verlassen als normal und wollte mir irgendwas komplett Neues erschließen, aber trotzdem Musik machen. Der lyrische Aspekt im Rap hat mich da extrem angesprochen. Ich habe aber auf jeden Fall gemerkt, dass ich im Vergleich zu anderen, die so mit mir angefangen haben zu rappen, weniger Probleme mit dem Takt, Refrains, Flows und Stimmeinsatz hatte.
Ahoi: Ab Dezember tourst Du mit Sam Sillah durch das Land. Welche Message bringt Ihr den Außerleipzigern?
HeXer: Der Namen der Tour „2 Side" fasst das eigentlich ganz gut zusammen. Wir wollen die Grätsche zwischen „gebannt zuhören“ und „komplett ausrasten“ schaffen.
Ahoi: Mit Sam Sillah erschien auch gerade „Nicht verändert“ und dies in einer Zeit, wo Veränderung wie ein Mantra dauergefordert wird, vor allem gerichtet an jene, die nichts davon haben. Welchen Wert hat Veränderung für Dich? Und welchen Wert hat das Nichtverändern?
HeXer: Genau! Sehr schön beschrieben. Eine Zeile von mir auf dem Song geht zum Beispiel: „Und ich halt' alles fest was gleichbleibt. In einer Welt, die sich schneller dreht denn je, ist das Altvertraute ein Highlight.“
Ich glaube schon, dass Veränderung und dauerhaftes Hinterfragen von sich und seiner Umwelt wichtig ist, und dass bei vielen Generationen vor uns dies definitiv zu wenig getan wurde. Trotzdem sehe ich grade bei meiner Generation viele, die Veränderung als einzige Antwort auf jedes Problem sehen. Glaube schon, dass es manchmal wichtig ist, stehen zu bleiben, durchzuatmen, sich umzuschauen und zu reflektieren, ohne direkt zu agieren.
Ahoi: Corona und die Spielverbote damals haben bei Dir, wie ich hörte, extrem ins Kontor getreten. Du warst gerade auf dem Sprung und dann bremsten Entscheidungen aus Berlin das Land aus. Wie siehst Du die Zeit im Rückblick? Was hat sie Dir gebracht und was hat sie in Deiner Einstellung relativiert?
HeXer: Zum Beispiel meine erste Tour als Support Act, die ursprünglich Anfang 2020 angesetzt worden war, habe ich erst diesen Januar gespielt. Das war schon sehr ärgerlich. Gerade der Live-Aspekt im Rap ist ja sehr wichtig. Trotzdem habe ich das Ganze so ein bisschen wie das Unglück im Glück gesehen. Kurz davor wurde ich bei Arjuna gesignt und konnte mich das erste Mal voll und ganz auf Rap konzentrieren. Den Großteil von dem, was ich machte, konnte ich ja eigentlich weiterhin machen. Beispielsweise in meinem stillen Kämmerlein an Songs und Texten schreiben. Viele andere haben da ein ganz anderes Los ziehen müssen.
Ahoi: Du hast Dich bei TV Strassensound, aber auch bei MZEE.com zum Thema Mobbing geäußert. Hier machtest Du Deine eigenen Erfahrungen öffentlich. Was war geschehen? Und wie bist Du selbst damit fertiggeworden?
HeXer: In einem Internat mit hundert anderen pubertierenden Jungs passiert das, glaube ich, einfach. Da gibt es dann eben die Coolen und Angesagten und die uncoolen „Opfer“. Ich war eigentlich immer bei den Uncoolen.
Da gab's natürlich Hochphasen, aber das wurde auch besser, je älter man wurde. Ich habe dann einfach versucht, aus diesem Dunstkreis auszubrechen und neue Leute von außerhalb kennenzulernen. Das hat dann im Endeffekt auch dazu geführt, dass ich den Chor mit 14 und nicht, wie normalerweise, mit 18 verlassen habe.
Ahoi: Was muss bei diesem Thema dringend angegangen werden?
HeXer: Ich glaube, viele schieben dieses Problem so auf die Jugend runter, dabei sehe ich ganz viel von dem, was damals passiert ist, auch heutzutage im „Erwachsenen" Alltag. Kinder sind ein Spiegel der Gesellschaft in extrem. Der Kern des Problems, das sind ja nicht unsere Kinder, sondern wir selbst und was die Kinder schon in frühen Jahren von uns adaptiert haben.
Ahoi: Dein Rap ist Spiegel der Dich umgebenden Menschen, will man mehr über die Generation Z wissen, sollten Deine Songs gehört werden. Wie gehst Du mit der Verantwortung um, als Künstler ja auch oft Sprecher von Vielen zu sein, Ansporn oder Vorbildwirkung zu entfalten?
HeXer: Es heißt ja: Wenn man seine Vorbildfunktion ernst nimmt, soll man nur das Gute von sich zeigen und seine Schwächen verbergen. Davon halte ich nichts. So eine Person wäre aber auch kein Vorbild für mich. Als Rap Künstler ist mir die Authentizität am wichtigsten. Wiederum: Sprachrohr für seine Generation zu sein, und dabei ungezwungen Stärken und Schwächen zu erklären, sehe ich als extreme Verantwortung, da viele etwas zu sagen haben, aber nicht jeder die Möglichkeit dazu hat.
Ahoi: Und wann und wo kann man Dich hier in Leipzig und Umgebung demnächst mal sehen oder hören?
HeXer: Ich habe demnächst vor, in Leipzig kostenlos im Park zu spielen. Mal auf der Sachse, mal im Lenepark, vielleicht auch mal am Cossi. Genauere Dates folgen noch über meine Social Media Kanäle (Instagram & TikTok).
Ahoi: Wir drücken Dir die Daumen, dass Du Deinen Weg weitergehen kannst.
HeXer: Vielen Dank für die interessanten Fragen. Hat Spaß gemacht.