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  • Interviews
Mein Körper, meine Entscheidungen

Gespräch mit dem Model Julia Kussmann

Am Rande unserer Stadt lebt Julia und zeigt sich gerne ästhetisch. Da mögen einige Menschen die Nase rümpfen, andere gar ihre Kübel voll Vorurteilen ausgießen, Julia lässt sich da nicht beirren. Weil es eben auch zur Freiheit des Individuums gehört, selber zu entscheiden, wie man sich wem zeigt. Ahoi-Redakteur Volly Tanner sprach mit ihr:

Julia vor dem Sonnenaufgang im Elbsandsteingebirge © Doreen von Herzblick Fotografie

Ahoi: Auf der Suche nach Geschichten und Menschen aus Leipzig – wobei ich auch immer wieder gern die sozialen Netzwerke touchiere – kam ich auf Instagram zu Deinem Profil. Und ich war fasziniert wie ästhetisch und abwechslungsreich die von Dir veröffentlichten Bilder sind.
Hauptsächlich veröffentlichst Du Bilder mit Nude-Charakter. Sehe ich das richtig? Und warum gerade solche Bilder?

Julia Kussmann: Ja genau. Dazu muss ich sagen, dass ich mit etwa 16 das erste Mal vor einer Kamera stand und der Nude-Charakter noch gar kein Thema war. Das Ganze hat sich mit der Zeit weiterentwickelt. Seit circa zwei Jahren stehe ich in Dessous und seit etwa einem Jahr in Verdecktem bis Akt vor der Kamera. Es ist nicht ausschließlich der Akt-Bereich, den ich abdecke, aber auf Instagram ist hauptsächlich dieser Teil zu sehen. Ich mag die Ästhetik und abwechslungsreiche Darstellung meines Körpers und ich denke, das spiegelt mein Profil auch wieder.

Ahoi: Ich bin völlig unbeleckt wie das Leben als Model so funktioniert. Welche Wirkung hat Dein Instagram-Profil für Dich? Wen willst Du erreichen und warum?

Julia Kussmann: Mein Instagram-Profil zeigt einen winzigen Teil meines Lebens. Es ist lediglich ein Ausschnitt von einem bisherigen Hobby. Als ich mit dem Modeln begonnen habe, hat sich mir nie die Frage gestellt, wen ich eigentlich erreichen möchte. Ich hatte einfach Spaß daran, vor der Kamera zu stehen. An sich habe ich keine bestimmte Zielgruppe, aber natürlich zeigt sich, dass vermehrt Männer mein Profil besuchen. Warum? Naja, Frauen schauen sich nicht so gerne nackte Frauen an.

Ahoi: Für diesen Beitrag brauchten wir ein Foto und ich gab Dir die Freiheit, eines zu bestimmen, auf dem Du Dich ganz besonders wohl fühlst. Du hast den Sonnenaufgang im Elbsandsteingebirge ausgewählt. Warum gerade dieses?

Julia Kussmann: Wenn ich an mein Lieblingsbild denken sollte, wäre es genau dieses. Es hat etwas von Leichtigkeit und viele Menschen denken, es sei vor einem Green Screen entstanden, aber es steckt so viel mehr Aufwand dahinter.

Ahoi: Das Bild entstand ja in Zusammenarbeit mit Doreen von Herzblick Fotografie aus Dresden. Wie kam es zur Zusammenarbeit und wie lief diese?

Julia Kussmann: Ich habe durch Zufall ihren Aufruf mit der Idee in ihrer Instagram-Story gesehen. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch sehr unerfahren, was die Aufnahmebereiche Akt/ Teilakt angingen, trotzdem wollte ich dieses Shooting unbedingt mit ihr umsetzen und habe ihr eine sehr ausführliche Bewerbung geschrieben - mit Erfolg. Der Tag startete für mich 2:00 Uhr morgens mit Haar und Make-Up und dann begann eine etwa zweieinhalbstündige Autofahrt Richtung Elbsandsteingebirge. Gegen 4:30 Uhr, mitten in der Dunkelheit, traf ich mich mit Doreen und auf uns wartete ein etwa eineinhalbstündiger Marsch den Berg hinauf. Im Wald, rabenschwarz und keiner von uns war vorher schon mal da... Nach gefühlten 30.000 Treppenstufen haben wir es dann doch noch pünktlich zum Sonnenaufgang auf den Berg geschafft. Das Shooting selbst ging gerade einmal eine Stunde. Danach waren wir beide sehr durchgefroren und sind wieder zu den Autos gewandert.
Ich muss wirklich sagen, dass mir dieses Shooting nicht aus dem Kopf geht und der Ausblick war einfach unbeschreiblich.

Ahoi: Wie kommen die Kontakte zu den Fotografierenden eigentlich zustande und wie sind die vertraglichen Absprachen so?

Julia Kussmann: Die Kontakte kommen hauptsächlich über Instagram zustande. Die Fotografen haben unter sich so etwas wie eine eigene kleine Community und tauschen sich auch über die Models aus. Oftmals kommt durch ein Shooting gleich ein nächstes dazu. Vertraglich lief bisher bei mir alles unter TFP -Time for Print, was so viel bedeutet wie jeder nimmt seine Leistung für ein gemeinsames Projekt.

Ahoi: Du hast auch auf Patreon ein Profil und auf Onlyfans. Mit diesen Profilen kann man Geld verdienen. Funktioniert das überhaupt? Was bekommen deine Verfolger denn dort geboten? Mein guter Freund Christian von Aster ist auch auf Patreon und gibt seinen Fans dort Literatur. Auf Onlyfans ist er glücklicherweise nicht. Kannst Du uns schlauer machen?

Julia Kussmann: Instagram hat gewisse Richtlinien (was auch gut so ist), damit Freizügigkeit weitgehend gehemmt wird. In letzter Zeit werden viele Beiträge von Fotografen und Models gelöscht und Profile aus diesem Grund deaktiviert. Nun kommen die neuen Plattformen hinzu. Auf Onlyfans und Patreon kann man Kunst von sich verkaufen. Jetzt werden viele zwar die Stirn runzeln, aber ja, das funktioniert. Ich verkaufe dort Bilder von mir, die einfach zu freizügig für Instagram sind und verdiene mir damit etwas dazu. Mir ist es dabei besonders wichtig, dass auf diesen Plattformen die Kunst und Ästhetik weiterhin im Vordergrund steht.

Ahoi: Neben Deiner Modeltätigkeit hast Du ja bestimmt auch noch ein anderes Leben. Welches? Als was arbeitest Du und wie lebst Du? Wir sind ja alle so furchtbar neugierig.

Julia Kussmann: Da beginne ich am besten damit, dass das Modeln bislang nur eins meiner etlichen Hobbys ist und erst seit diesem Jahr als Gewerbe läuft. Im normalen Leben habe ich eine abgeschlossene Ausbildung als tiermedizinische Fachangestellte und arbeite in einer Kleintierpraxis in der Nähe von Leipzig. Den größten Teil meiner Freizeit verbringe ich bei meiner Reitbeteiligung. Stall misten und trainieren gehören quasi zu meinem täglich Brot. Im Sommer versuche ich, jede freie Minute auf dem Motorrad zu verbringen und in der wenigen Zeit, die mir dann noch übrig bleibt, spiele ich außerdem noch Volleyball im Verein.

Ahoi: Die Modelszene ist ja auch immer wieder Angriffen ausgesetzt, Vorwürfen und Vorverurteilungen. Wie gehst du mit solchen Negativkritiken um?

Julia Kussmann: Natürlich gibt sowas und ja, ich wurde damit auch schon konfrontiert, aber ich weiß, dass es mein Körper ist, dass es meine Entscheidungen sind, die ich treffe und niemand mich in diesem Sinne zu bevormunden hätte. Jeder darf seine Meinung haben und kritisieren was er möchte. Meine Freunde und meine Familie stehen hinter mir, was für mich das Wichtigste ist. Außerdem versuche ich, mein Instagram-Profil und mein privates Leben weitestgehend zu trennen.

Ahoi: Und was wünschst du Dir für 2022?

Julia Kussmann: An sich habe ich für das nächste Jahr nur drei Wünsche: In erster Linie möchte ich gesund bleiben, damit alles was ich mir vorgenommen habe auch
seine Erfüllung findet. Der Zweite ist die Suche nach einer Modelagentur, die mich bei meinen weiteren Vorhaben weitestgehend unterstützen wird und der dritte Wunsch geht an mein Pferd, denn ich möchte in diesem Jahr mein erstes L-Springen (eine höhere Klasse als bislang) mit ihm gehen.

Ahoi: Danke, liebe Julia für Deine Zeit und Deine Antworten.

Julia im Internet:

Instagram julia_kussi

 

Herzblick Fotografie im Internet:

www.herzblick-fotografie.de

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