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Ich war wohl nie richtig Teil dieser eingeschworenen Gemeinschaft

Gespräch mit dem Filmemacher Robert Soujon

Der Regisseur macht sich ein Bild © Soujon

Tagebau Sachsen DDR. Ein Drei-Worte-Konglomerat, welches gut als Dokumentarfilmtitel funktionieren könnte, besonders, wenn dieser Film von einem Mann erzählt würde, der selbst Erfahrungen in den Tagebauen der DDR gemacht hat. Robert Soujon hat. Erfahrungen gemacht. Und so kommt es, dass demnächst der Dokumentarfilm „Tagebau Sachsen DDR“ Premiere feiert. Ahoi-Redakteur Volly Tanner sprach mit dem Regisseur:

 

Ahoi: Warum hast du diesen Film gedreht?

Robert Soujon: Nach meiner Ausbildung zum Maschinisten für Tagebaugroßgeräte habe ich für mehrere Jahre im Tagebau Delitzsch-Südwest gearbeitet. Diese Zeit war sehr herausfordernd, was vor allem daran lag, dass die Arbeit körperlich sehr anstrengend und ich mit meinen Gedanken nicht ganz bei der Sache war.

Jahre später hatte ich wieder Kontakt mit dem Thema Tagebau. Ich wurde vom Leipziger Centraltheater gefragt, ob ich Lust hätte in dem Stück „Braune Kohle“ als Laienschauspieler

mitzuwirken. Dort hatte ich die Möglichkeit, meine persönlichen Geschichten zu erzählen und mich auch als Musiker einzubringen. Später wurde ich angefragt, ob wir bei der Eröffnung eines Tagebau-Aussichtspunktes der Mibrag die Songs (von Gerhard Gundermann) aus dem Theaterstück spielen könnten, was wir dann auch getan haben.

Ein paar Jahre später habe ich aus Eigeninitiative mit meiner Band zur Premiere des Gundermann Films in Leipzig gespielt.

Man könnte sagen, der Tagebau ließ mich nicht los, was folgerichtig dazu führte, einen Dokumentarfilm über das Thema zu drehen. Im Jahr 2011 lernte ich den Beruf des Mediengestalters für Bild und Ton, was mir die technischen Mittel für die Umsetzung des Films verschaffte. Das und die Zeit im Tagebau waren die besten Voraussetzungen für die Umsetzung des Projektes.

 

Ahoi: Solch einen Film kann man ja nicht allein umsetzen, dafür braucht es in der Regel ein Team. Wer war mit im Boot und wie hast du das Projekt finanziert bekommen?

Robert Soujon: Fangen wir mit der Finanzierung an. Ich hatte mich mit dem Projekt bei der KdfS (Kulturstiftung des Freistaates Sachsen) und der SLM (Sächsische Landesmedienanstalt) beworben und es wurde, ich möchte fast sagen zu meiner persönlichen Überraschung, genehmigt. Von Seiten der beiden Förderer wurde ich in der Folge sehr freundlich unterstützt, vielen Dank noch mal an dieser Stelle stellvertretend an Friederike Vialon-Rüdrich (KdfS) und Saskia Albert-Hauck (SLM).

Mein Team bestand aus professionellen Kollegen, mit denen ich vorher schon an verschiedenen Projekten gearbeitet hatte und aus jeder Menge Freunde und Freundinnen, die bei jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit mitgeholfen haben, wann immer es Not tat.

 

Ahoi: Welche Person hat dich in der Entstehung des Films am meisten berührt und warum?

Robert Soujon: Ich war auf der Suche nach echten Menschen, die mir aus ihrem Leben im und mit dem Tagebau erzählen und jeder hat mich auf seine Weise berührt.

Teilweise waren es kleine Situationen, Gesten oder auch ein Moment des Nachdenkens, die auf mich die größte Wirkung hatten.

Es gibt noch etwa was mich begeistert hat, in der Anfangssequenz des Films gibt es eine Tanzperformance der Künstlerin Nina Naomi. Ich hatte sie darum gebeten, den Widerstreit zwischen Natur und Technik in einer Tanz-Choreografie darzustellen, was ihr grandios gelungen ist.

 

Ahoi: Und was hat der Film mit dir selbst gemacht? Gibt es eine persönliche Quintessenz des Films für dich selbst?

Robert Soujon:  Ich glaube, die Quintessenz ist, dass ich wohl selbst nie so richtig Teil dieser eingeschworenen Gemeinschaft war. Meine Beziehung zum Tagebau war eher schwierig. In der Zeit, in der ich selbst im Tagebau tätig war, habe ich ziemlich viel Unfug angestellt und das Gefühl des Zusammenhalts, von dem mir meine Interviewpartner erzählten, habe ich damals so nicht wahrgenommen.

 

Ahoi: Der Film feiert Premiere im LURU-Kino im Leipziger Westen. Warum dort?

Robert Soujon: Michael R. Ludwig, der Betreiber des Kinos, ist ein Freund und einer der nettesten Menschen, die ich jemals kennenlernen durfte. Als ich ihm das erste Mal von dem Film erzählte, war für ihn sofort klar, dass die Premiere im LURU-Kino stattfinden sollte. Da ich das Kino großartig finde, habe ich natürlich nicht lange gezögert.

 

Ahoi: Und wann wird gefeiert? Und was geschieht? Ich hörte von einer großen, fast schon legendären Band …

Robert Soujon: Die Premiere wird am 20. April im Rahmen einer Doppelvorstellung (18:00 Uhr und 20:00 Uhr) im besagten LURU-Kino in der Spinnerei stattfinden. Zusätzlich zur Filmvorführung wird es ein kleines Konzert mit der Musik von Gerhard Gundermann geben. Die Band ist eine Ansammlung von Musikern, die etwas mit der Musik von Gundermann anfangen können. Unser letzter Auftritt war zur Premiere des Gundermann-Films im Leipziger Passage Kino. Legendär wurde der Auftritt als plötzlich Andreas Dresen (Regisseur) und Alexander Scheer (Hauptdarsteller) auf die Bühne kamen und einen Song mitsangen, der dann am Abend in der Tagesschau zu sehen war.

Apropos, im Film selbst habe ich keine Musik von Gerhard Gunderrmann verwendet, das wäre zu vorhersehbar gewesen (Robert Soujon schmunzelt), stattdessen habe ich den Leipziger Pianisten und Komponisten Arne Donadell beauftragt, die Musik zu komponieren. Er hat die Stimmung des Films meiner Meinung nach wunderbar in Töne übersetzt.

 

Ahoi: Wo ist der Film denn dann noch zu sehen? Besonders für die Menschen, die nicht ins LURU-Kino kommen können oder überhaupt nicht mehr ins Kino kommen???

Robert Soujon: Bei der ganzen Produktion und Planung habe ich immer Step by Step gearbeitet, die Kinopremiere soll nur ein erster Schritt sein.

Ich bin derzeit mit verschiedenen Partnern im Gespräch über weitere Vorführungen im Tagebau-Kontext. Das große Zeil ist es, den Film ins TV zu bringen.

Das werde ich nach der Premiere angehen.

 

Ahoi: Danke, Robert, dass du diese Geschichten in deinem Film erzählst. Und danke für das Gespräch.

Der Film und seine Internetseite:

www.tagebau-sachsen-ddr.jimdofree.com

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