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Yoga-Lehrerin Ramona Go im Interview

Der Wille ist das Wichtigste

Yoga ist auch in Leipzig ein großes Thema. Ramona Go ist Yoga-Lehrerin und hat nun über viele Stationen hinweg Leipzig zu ihrer Heimat erkoren. Ahoi-Redakteur Volly Tanner erzählt sie einiges über Yoga, das Leben, Bali und die Zusammenhänge zwischen den Menschen.

Ramona Go beim Aerial-Yoga © Daniela Atanassow

Guten Tag, liebe Ramona. Unter dem Label „Deep Conversation“ bietest du Kurse an – Yogakurse. Yoga scheint ja in Leipzig mittlerweile gut angekommen zu sein. Du ebenfalls, schließlich bist du ja nicht in Leipzig geboren. Seit wann lebst du eigentlich hier und was hat dich hergetrieben?

Erstmal herzlichen Dank für dieses Interview, tatsächlich bin ich seit Mitte 2018 hier in Leipzig und die Stadt und ihre Menschen haben es mir angetan. Ich komme aus Österreich, habe zehn Jahre in Wien verbracht, danach bin ich mit meiner Tochter nach Bali gezogen, erstmal auf unbestimmte Zeit. Auf Bali wurde der Name meines Labels geboren und seitdem wächst es langsam.

Ich habe damals einen Leipziger kennengelernt und nachdem ich noch nicht wieder bereit war, in Wien weiter zu machen und Leipzig einfach so herzlich war, wollte ich hierbleiben. Leipzig hat mir etwas gegeben, was mich an meiner Kindheit in Rumänien erinnert hat. Ich war neugierig zu entdecken, warum das so ist und woher diese Gefühle kommen. Ich würde heute behaupten, ich bin noch immer im Prozess und fühle mich nach wie vor sehr wohl hier. Danke dafür.

Yoga – so erfuhr ich über deine Homepage – ist zu dir gekommen, als du mit 25 Jahren schwanger warst. Später bist du (wie du ja gerade erzählt hast) mit deinem Kind für längere Zeit nach Bali gegangen. Was hast du denn dort gemacht?

Es gibt hier zwei Sichtweisen, die Intention davor und was es tatsächlich danach war. Die Intention war, eine Auszeit und vor allem etwas ganz Neues und anderes zu machen als bis dahin. Ich habe zehn Jahre davor im Leben sehr viel und über meine Verhältnisse gearbeitet. Das hat sich natürlich auch in der Gesundheit gespiegelt. Gut war es nicht, aber mein Ego hat damals diesen Weg gebraucht. Etwas anderes dort machen zu wollen – damit hat sich eine ganze Welt geöffnet. Diese Welt war davor immer in mir, ich habe nur nie dort hingeschaut.   

Ich war ja nicht alleine, als ich nach Bali gezogen bin. Meine Tochter war dabei, dafür musste zuerst gesorgt werden. Sprich: wo werden wir wohnen, reicht das Geld und wo geht sie weiter in den Kindergarten? Durch eine Dokumentation habe ich gehört, dass es auf Bali eine Schule (Green School Bali) gibt, die einzigartig auf dieser Welt funktioniert und einen ganz klaren Fokus auf Nachhaltigkeit und Menschlichkeit hat. Das war das erste Ziel. Die Schule war für mich wichtig, ich wollte meiner Tochter im Leben noch einen anderen Blickwinkel geben. Am Ende hat mir meine Tochter noch was beigebracht.   

Ja, und ich, ich war erstmal etwas verloren und damit beschäftigt, mich selbst zu beobachten. Dadurch kam auch ein subtiler Wandel. Es folgten viele Lehrer und eben auch YOGA, vor allem viel Yoga-Praxis. Es war nicht so romantisch auf Bali, wie es oft auf Instagram und Co aussieht. Tatsache ist, wenn man sich entscheidet, dort zu leben, dann begegnet man auch vielen Herausforderungen. Zuletzt brach auch noch der Mt. Agung aus. Aufregende Zeit. Ich habe dort gelernt wie WILD das Leben ist. Hier in Europa, speziell in Deutschland und Österreich, sind wir sehr sicher.

Und wie hast du das Yoga-Lehren gelernt?

Ich glaube, das Lehren und Lernen ist möglich und doch habe ich das Gefühl, dass es in einem ist. Ich habe das Gefühl, dass es immer schon da war, in mir. Unter drei Geschwister mit mir in der Mitte hat meiner Mutter schon früh erkannt: Ich war das Kind, was wenig geredet hat aber viel beobachtete. Da habe ich vieles für mich erkannt. Aus den Fehlern der anderen Menschen lernen, war mein Slogan, damals mit drei. Das Gelernte weiter zu geben, war mir ein Bedürfnis, eine innere Stimme. Ich habe es geliebt, Schule zu spielen und wollte immer die Lehrerin sein.   

YOGA zu unterrichten, kam, als ich gesehen habe, wie ich unterrichtet wurde und danach kam in mir der Drang, das was ich entdeckt habe, weiter geben zu wollen. Das viele Praktizieren hat etwas in mir bewegt und mir war klar, alle Menschen sollten Zugang zu diesem Wissen bekommen. Weil jeder diese Weisheit auch in sich trägt. Klar gehört hier viel Praktizieren dazu... das hört nie auf.

Deine Hauptthemen sind Aerial-Yoga und Hatha-Yoga. Was ist das denn eigentlich konkret?

Hatha-Yoga ist der Weg der Meditation, Konzentration und Atemtechniken. So einfach ist diese Frage aber nicht zu beantworten, weil YOGA so viel mehr ist, als den Körper zu bewegen. Sagen wir es mal so: Zuerst muss man sich selbst kennenlernen, um danach seinen eigenen Weg auf dieser Erde gehen zu können. Das Leiden in unserem Leben kommt vom nicht wissen, wer wir sind. Uns fehlt die Verbundenheit, wir haben Abneigungen, identifizieren uns mit unserem Ego und am Ende des Tages haben wir alle Angst vor dem Tod.

Hatha-Yoga ist einer der vier YOGA-Pfade und Aerial-Yoga ist etwas, was vermutlich schon immer in einer anderen Form da war, Stichwort Iyengar-Yoga, das Nutzen der Seile in der Praxis.

Das großartige an YOGA ist: es ist alles im Wandel wie alles in unserer Welt. Durch Tücher, die von der Decke hängen, haben wir die Möglichkeit, andere Themen in unserer Körperarbeit zu vertiefen oder eben auch therapeutisch für uns zu nutzen. Die Wirbelsäule wird entlastet und durch das Kopfüberhängen lernt man Vertrauen und Loslassen. In der Literatur wird sogar von Jungbrunnen geredet. Themen, die im Hatha-Yoga zwar vorhanden sind, aber erst ab einer gewissen Praxis ermöglicht werden, sind mit der Unterstützung von Tüchern leichter möglich. In der heutigen Welt will jeder schnell irgendwo ankommen und die Disziplin und Hingabe der eigenen Praxis ist anders als vor fünf Jahrzehnten. Das Schöne an YOGA generell ist, es wächst und verbiegt sich mit der Gesellschaft.  

Ich sage immer: Aerial-YOGA kann man nicht beschreiben, das muss man probieren. Vor allem mehr als ein Mal. Es ist für jeden von uns eine eigene Erfahrung.

Ich finde besonders das Tuch-Yoga faszinierend. Das habe ich im Vorfeld so noch nie gesehen. Wo kommt das denn her und was bewirkt es?

Aerial-Yoga kommt aus „Amerika“ – wie viel Neues in dem Bereich. Vermutlich macht es jeder Lehrer anders. Manche nutzen das Tuch therapeutisch, manche artistisch und andere wiederum eher von einer tänzerischen Sicht. Ich nutze das Tuch, um tiefer in die Yoga-Positionen zu kommen. Ich arbeite gerne mit Themen wie Atmung, Loslassen, Vertrauen und Angst. Am Ende des Tages will ich, dass meine Schüler aus der Stunde rausgehen und nochmal mehr über sich selbst gelernt haben.

Mein guter Freund Ian Riot von der Band Cox & The Riot hat den Coronastillstand genutzt, um sich mit Yoga zu befassen. Mittlerweile ist er verschlankt, hat Muskeln wo ich keine habe und sein Gesicht wirkt viel definierter, fast wie beim jungen Johnny Depp. Das bedeutet ja, dass Yoga ganz starke gesundheitsfördernde Aspekte hat. Da müssten ja die Krankenkassen voller Begeisterung die Kurse mitfinanzieren. Ist das so? Wenn ja, wie ist der Ablauf für jemanden wie mich, der dringendst körperliche Verbesserung braucht?

An dieser Stelle muss ich sagen, ich war sehr überrascht über den Wert eines Yoga-Lehrers hier im Westen. 

In Asien Yoga-Lehrer zu sein, hat eine ganz andere Bedeutung als hier in Europa oder allgemein im Westen. Daher ja, Krankenkassen übernehmen, soviel ich weiß, etwas. Aber der Weg dorthin, ein Yoga-Lehrer zu sein, der von den Kassen akzeptiert wird, ist sehr lang. Für Yoga-Lehrer ein finanzieller und bürokratischen Weg, weil das Verständnis in den Kreisen nicht dafür vorhanden ist, worauf es ankommt, um YOGA unterrichten zu können. Es werden zum Beispiel nur bestimmte Yogaschulen akzeptiert, um diese Berechtigung zu bekommen. Was man dabei vergisst, ist, dass dies mit einem hohen finanziellen Investment mitgeht.

Wenn du als Lehrer eine tiefe, eigene Praxis hast und jahrelang Erfahrung, das wird nicht berücksichtigt, wenn du an der falschen Schule deine Ausbildung gemacht hast. Es gibt so viele grandiose Lehrer, die hier mit Krankenkassen nicht zusammenarbeiten können, weil die Parameter, die verlangt werden, nicht erfüllt werden.

Um allerdings auf deinen Freund zurück zu kommen.... Ja, Yoga verändert nicht nur das Innere sondern auch das Äußere, weil es ein System ist, welches ganzheitlich auf allen Ebenen wirkt. Es kommen viele Menschen in meinen Kurs, die zuerst einen definierten Body haben wollen. Die ganzheitliche Wirkung kommt für manche manchmal überraschend. Wer nur wegen einem definierten Body kommt, den muss ich oft am Anfang schon enttäuschen. Ich sage immer, für Yoga braucht man nichts, keine bunten Leggings und keinen bereits tollen Körper. Den Willen, dran bleiben zu wollen und das Verständnis, dass es nicht immer angenehm wird, wenn man was verändern will. Der Wille ist das Wichtigste. Jeder kann sich Yoga leisten; wo ein Wille ist, da gibt es auch ein Weg. Davon bin ich überzeugt. Es kommt immer nur auf die Priorisierung an.

Kurzer Vergleich: Ich war in Asien mit meiner Tochter unterwegs und dort kostete die Ausbildung auch ein paar Tausender. Weil ich den Wert dahinter erkannt habe, habe ich es auch möglich gemacht, das Finanzielle aufzubringen. Von einem sehr weisen Mann auf Bali habe ich damals den Impuls bekommen, ich solle vertrauen, alles was ich will, werde ich bekommen. Ich werde nicht reich aber, wenn ich was machen will, wird es möglich sein, wenn es zum Wohl aller dienen soll. Das war für mich ein Wort, ich habe darauf vertraut. Es war möglich. Es war nicht leicht, aber ich habe alles geschafft, was ich wollte.

Wo bietest du deine Kurse an und was kostet so etwas eigentlich?

Aktuell habe ich meinen Platz im Feel Good Studio in Leipzig in der Aurelienstraße 12 gefunden. Durch Corona hat sich viel verändert und ich war Yoga-Arbeitslos – schneller, als ich schauen konnte. Sehr mutig war von Christiane Riedel, ein Studio mit der aktuellen Situation zu öffnen und mutige Menschen finde ich großartig. Da bin ich dabei.       

Während Corona habe ich die Energie genutzt, weiter in der eigenen Praxis zu bleiben und zu vertrauen. Das Richtige wird da sein, wenn die Zeit reif ist. Durch Zufall/Schicksal, nenne es wie du willst, hat plötzlich das Studio neu eröffnet. Die Chemie hat gestimmt und das Studio hat die richtigen Decken gehabt für meine Tücher.   

Ich bin, was YOGA anbelangt, eine „One Woman Show“ und habe eine Vorstellung, wer als Schüler gut passt, daher verkaufe ich meinen Kurs immer nur in 10er Karten á 150€ und wenn jemand tatsächlich „nur mal probieren“ möchte, gibt es die Workshop-Termine dafür. Der Unterricht verfolgt einen Prozess und jeder Teilnehmer ist mit seiner Anwesenheit sehr wichtig, um konzentriert arbeiten zu können. Daher ist es mir wichtig, dass jeder für sich die eigene Wichtigkeit erkennt.

Du bist auch Teil des Leipziger Yoga-Netzwerks. Das kennt ja nun auch nicht jeder Mensch. Kannst du uns bitte dazu ein bißchen etwas erzählen?

Hahahaha... ich kenne es tatsächlich selber auch nicht. Bin durch Zufall/Schicksal hineingerutscht und durch Corona war dann alles ganz anders. Ich hatte noch keine Gelegenheit, hier tiefer zu schauen. Theoretisch finde ich die Idee sehr gut, dass sich Menschen aus der Yoga-Welt versuchen, zu vernetzten. Es braucht die Power von uns allen.

Ganz oft, wenn ich auf dem Spielplatz mit meinem Nachwuchs sitze und Frauen bei Unterhaltungen lausche (weil sie sich unterhalten und ich gerade nicht und meine Ohren eben immer auf Empfang sind), kommt irgendwann das Gespräch auf das Thema „Kakaozeremonie“. Das ist derzeit in Leipzig der Hit, so klingt es jedenfalls. Ich habe ja auch schon Kakao getrunken, das hat aber nichts bewirkt. Was ist das – diese Kakaozeremonie und was bewirkt sie und wie geht das alles im Tagesablauf eines berufstätigen, zweifachen Vaters wie mich?

Nimm dir Zeit für dich und komm einfach zu einer meiner Kakao-Zeremonien. Ich kann schon mal vorab versprechen: es wird kein Backkakao verwendet. Spaß beiseite.   

Kakao in seiner rohen Form habe ich in Asien kenngelernt. Es ist Physik. Diese Kerne haben Kraft und vor allem, verstärkt Kraft für dein Herz. Bei einer Zeremonie gehen wir mit dem Verzehr achtsam um. Wir bewegen uns und singen. Wir meditieren und rezitieren Mantras aus dem Sanskrit. Der Kakao wird von mir zubereitet mit unterschiedlichen Kräutern und Gewürzen, kein Zucker und keine Milch, daher, wenn wer zu einer Kakao-Zeremonie kommt, dann mit Sicherheit nicht, weil der Kakao so toll schmeckt. Das tut er in seiner rohen Form nicht, dafür macht er, was er tun soll. Es ist wie Medizin. Nicht umsonst sagt das Mantra... „Cacaocita la Medicina“. Stell dir vor, du fühlst dich kränklich und beginnst erstmal mit ein bisschen Tee und Honig, dir Gutes zu tun. Das macht die Kakao-Zeremonie mit deinem Geist, Körper und deiner Seele. Es tut dir gut.   

Ich bin selber Mama und meine Tochter liebt den Geruch von Kakao, wenn ich ihn zubereite. Sie singt die ganzen „magischen Sprüche“ manchmal mit, das Trinken überlässt sie dann mir. Ich nutze die Kakaobohne immer als Ritual für mich. Das ist so wie Meditation. Es ist eine Auszeit, keine Sache, die man statt Kaffee oder so mal zwischendurch macht. Es ist etwas Bewusstes.

Manchmal habe ich das Gefühl, Yoga könnte die Welt besser machen, weil Yoga hilft, zu sich selber zu finden, Aggressionen abbaut und Menschen leuchten lässt. Ist das spinnert von mir? Wie siehst du das?

Die Frage ist groß, ich kann nur sagen, es hat meine Welt besser gemacht. Dieser Funke springt manchmal auf Andere über. Yoga ist einfach mehr, als den Körper zu bewegen. Yoga praktiziert jeder bereits täglich, oft ohne es zu wissen. Die Menschen, die Musik machen, egal ob Mantra singen oder in einer Band. Durch die innere positive Einstellung wird Schwingung in die Welt gebracht. Die Intention dazu macht den Unterschied. Diese Yoga-Richtung nennt sich Bhakti-Yoga – der hingebungsvolle Yoga-Pfad. Eine absichtslose „gute Tat“ ist Karma-Yoga. Zu studieren und auf der Suche nach der Wahrheit zu sein, ist Jnana-Yoga. Mit dem Körper zu praktizieren, hat sich in unserer Welt etabliert. Vielleicht braucht das unsere Welt so, weil wir hier direkt am „schnellsten“ einen positiven Effekt auf unser Leben erkennen. Dieser Pfad gehört zu Raja-Yoga wo sich auch den restlichen Körper bewegende Yoga-Stile befinden. Meine persönliche Meinung dazu ist, egal was man macht, solange die Intention dahinter eine liebevolle zum Wohl aller ist, inklusive dir, dann ist es bereits ein Teil von YOGA. 

Ramona Go: www.deepconversation.net

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