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  • Kunst
Stadtgeschichtliches Museum

Aus Liebe zum Buch

Die Erfolge der jüdischen Verleger in Leipzig: Ein spannendes, aber bislang kaum beachtetes Thema. Das Stadtgeschichtliche Museum verschafft ihm anlässlich des Jubiläums „1.700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“ Raum.

Dr. Andrea Lorz und Kuratorin Dr. Johanna Sänger
Wissenschaftlerin Dr. Andrea Lorz und Kuratorin Dr. Johanna Sänger inmitten ihrer Forschungsarbeit © Sylvio Hoffmann

Vorsichtig öffnet Dr. Andrea Lorz den fast 110 Jahre alten Stadtplan von Leipzig. Seit 1996 stellt die Wissenschaftlerin Nachforschungen zur regionalen jüdischen Geschichte an. Die beinahe vergessenen Werke und das Tun jüdischer Verleger liegen ihr am Herzen. Der Plan in ihren Händen erschien im Verlag von Sigfried Sindel Schussheim. „Er entwickelte damals den ersten Stadtführer, mit dem man alles auf eigene Faust erkunden konnte“, erklärt Dr. Lorz. Neben den gängigen Sehenswürdigkeiten und genauen Wegbeschreibungen enthielt er Shopping-Tipps und Zusatzinfos. Eine Idee, die viele bis heute kopieren.

Erst erfolgreich - dann vertrieben

Seine Gewinne setzte Schussheim wie wie viele aus der jüdischen Gemeinde für wohltätige Zwecke ein. Er errichtete Wohn- und Altersheime, in denen Abonnenten eines von ihm gegründeten Lesezirkels günstig leben konnten. Wie auch sein Verlag fielen sie 1938 der „Arisierung“ zum Opfer. Schussheim wurde enteignet und verfolgt. Er emigrierte nach Palästina.

Die Geschichten der Leipziger Verleger jüdischen Glaubens ähneln sich. Viele kamen in die bedeutende Messe und Verlagsstadt, um das große unternehmerische Glück zu suchen. Die meisten fanden es und wurden zu Größen der Branche. Bei den wenigstens spielte die Religion dabei eine Rolle. „Kurt Wolff machte etwa mit seinen bezahlbaren Publikationen junger Expressionisten auf sich aufmerksam. Kafka veröffentlichte sein erstes Buch bei ihm“, erklärt Dr. Johanna Sänger, Kuratorin der Ausstellung. Wolff floh 1941 nach New York.

Im Kampf gegen das Vergessen

Dr. Sänger und Dr. Lorz wünschen sich, dass das Lebenswerk der acht in der Ausstellung im Mittelpunkt stehenden Verleger nicht vergessen wird. „Das ist das Mindeste, was wir tun können“, sagt Dr. Lorz. Nicht alle Verleger überlebten die Verfolgung, ihre Spuren in der Geschichte wurden verwischt. „Jetzt machen wir sie wieder sichtbar“, so Dr. Sänger. Begleitend zur Ausstellung wird es Stadtführungen zu den ehemaligen Verlagshäusern geben sowie ein Buch und einen virtuellen Rundgang.

„Uns eint die Liebe zum Buch. Jüdische Verleger in Leipzig. 1815–1938“
bis 25.7., Stadtgeschichtliches Museum Leipzig
Böttchergässchen 3
04109 Leipzig

Di – So 10 – 18 Uhr
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