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"Hier geht's lang!" von Elke Heidenreich

Nicht nur schnulzige Liebesgeschichten

Ihr erstes Buch, „Elke der Schlingel“, bekam sie vier Mal geschenkt, danach verschlang sie typische „Mädchenbücher“. Als sie die blöd fand, griff Elke Heidenreich zu Märchen, Sagen, „Robinson Crusoe“ und „Schatzinsel“. Danach kamen „Angelique“ („Das war unser Harry Potter“), „Feuerzangenbowle“, „Vom Winde verweht“ - und Shakespeare-Sonette, die liebte ihre Mutter. „Schund“ zu lesen sei wichtig gewesen, erklärt die Literaturkritikerin, nur so lerne man, gute von schlechten Büchern zu unterscheiden. Rückblickend gaben Bücher und Deutschlehrerinnen (ja es waren nur Frauen!) ihr das Gerüst für ihr Leben, nämlich Freude an Auseinandersetzungen und Durchhaltewillen bei schwierigen Lektüren.

Wie sie den „roten Faden ihres Leselebens gefunden hat, beschreibt die „Literaturpäpstin so: „Ich bin das kleine Mädchen, das „Nesthäkchen“ und „Trotzkopf“ las und ein Frauenbild vermittelt bekam, das mit der Wirklichkeit so gar nicht übereinstimmte. Die Studentin, die sich unter lauter Männerliteratur zusammensuchen musste, was eigentlich Frauen dachten und schrieben. Die junge Frau, die das Lesen und das Reden und Schreiben über Bücher zu ihrem Beruf gemacht hatte. Und die so Leselisten geworden ist, wie sie ist, auch durch Bücher: Denn Lektüre und Persönlichkeitsentfaltung bedingen einander, das Lesen durchdringt das Leben. Wer immer nur schnulzige Liebesgeschichten liest wie Emma Bovary, der muss am Ende dann eben Gift nehmen, weil das wahre Leben nicht so ist wie in den Büchern, schon gar nicht die wahre Liebe...“

In ihrem Germanistikstudium habe es einen rein männlichen Literaturkanon gegeben. Heidenreich erklärt es sich dadurch, dass Autorinnen sich erst mit dem Erfolg der Romane im 19 Jahrhundert durchsetzten und weibliche Literatur zudem oft politisch sei: Else Lasker-Schuler, Anna Seghers, Nelly Sachs, Christa Wolf, Anna Achmatowa, Ding Ling, Nadine Gordimer und Toni Morrison schrieben über Krieg und Terrorismus, Flucht und Exil, Unterdrückung und Rassismus .

Mit ihrem Buch Hier geht’s lang! Mit Büchern von Frauen durchs Leben legt Elke Heidenreich eine kluge, unterhaltsame und inspirierende Lese-Biographie vor, die mit Lieblingszitaten und privaten Fotos liebevoll ausgestattet ist. Die Autorin, Kritikerin und Journalistin, die ihre Haltung - auch gegen Widerstände - immer deutlich gemacht hat, zeigt, wie man durch Lektüre seine Haltung verändern und immer wieder neu in Frage stellt: Was Bücher von Autorinnen von Büchern von Autorenunterscheidet, beantwortet Elke Heidenreich ,mit einem Zitat ihrer Lieblingsautorin Ruth Klüger: „Männer sind an Büchern von Frauen über Frauen nicht interessiert. Wir lesen Hemingway, aber sie lesen nicht Virginia Woolf. Wir lesen Updike, Roth, Faulkner, Thomas Mann, Fontane, Flaubert, Balzac, sie lesen nicht Sylvia Plath, Annemarie Schwarzenbach, Anne Sexton, Clarice Lispector, Erika Mann, Jane Bowles, Carson McCullers. Es interessiert sie vielleicht nicht, was wir fühlen und denken? Ja, so ungefähr sieht die Welt ja auch aus. Man muss keine Feministin sein, um das festzustellen.“

Elke Heidenreich: "Hier geht’s lang! Mit Büchern von Frauen durchs Leben" | Eisele Verlag | 2021 ISBN 978-3-96161-120-1 | Gebunden | 192 Seiten | 26 €

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