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Interview: Beatrice Bergmann von Bergmann-Friseure

Wenn wir mutig wären…

Beatrice Bergmann ist Master Stylistin bei Bergmann-Friseure © Martin Neuhof

Menschen machen sich Gedanken über ihre Zeit und das Dasein. Oft sind es leise Stimmen, die sich zu Wort melden, die aber durch die sozialen Netzwerke dann noch Resonanz bekommen.

Beatrice Bergmann schrieb sich am 2. April 2021 auf ihrer Facebook-Seite den Druck von ihrem mitfühlenden Herz und plädiert für mehr Mut im Leben, für mehr Miteinander (Text siehe unten). Ahoi-Redakteur Volly Tanner las diesen Beitrag und fragte nach, was es damit auf sich hatte.

Ahoi: Guten Tag, liebe Beatrice Bergmann. Ich las im Netz Deinen Post „Wenn wir mutig wären". Was war der ausschlaggebende Punkt für Dich, ihn genauso zu schreiben?

Ich saß zu Hause auf meinem Sofa und hatte die kostenfreie Zeitung des Biomarkts vor mir. Dort las ich einen interessanten Artikel und bei jedem Satz dachte ich: ja genauso ist es...

Und das inspirierte mich dann auch dazu, diesen Post zu schreiben. Ich bin zu diesem und auch anderen wichtigen Themen unserer Gesellschaft jeden Tag im Austausch mit meinem Partner. Wir unterhalten uns viel über das, was gerade alles passiert und tauschen uns aus, was uns so bewegt und was wir tun können. 

Auch da gibt es immer so viele Dinge, die mich bewegen und die ich gerne ausdrücken und teilen möchte. Und manchmal schreibe ich es einfach auf und teile meine Gedanken. 

 

Ahoi: Du setzt dem Gegeneinander ein Miteinander entgegen, im derzeitigen Diskurs eine wichtige Aussage, die an die Größen der Aufklärung erinnert, die das Gemeinsame betonten, um stark zu sein – und nicht das Trennende. Wie reagierte Dein Umfeld?

Genauso, miteinander und nicht gegeneinander. Danke, dass du das nochmal so betonst... Wenn wir immer denken: Der andere macht das schon usw. – dann werden wir stehen bleiben und nichts passiert!

Mir fällt es an Kleinigkeiten im Alltag auf, an Menschen, denen ich begegne.

Es ist natürlich einfach, ein Spiegel des Anderen zu sein und einfach so (negativ) weiterzumachen oder zu reagieren. Aber, wenn ich doch der Spiegel des Anderen bin, mache ich es so gut ich kann, für mich richtig und richte mich positiv aus. 

Das Umfeld reagiert dann meistens sehr positiv, mit einem wundervollen Zurücklächeln, mit Dankbarkeit, Freude, mit Verwunderung... und selbst, wenn keine Reaktion oder ein nicht gerade positives Feedback kommt, hat das meistens sehr wenig mit mir zu tun, sondern oft mit dem Anderen. Auch das durfte ich mit der Zeit lernen.

 

Ahoi: Die Philosophie eines Michael Ende, eines Kant und vieler anderer Menschen war auf eine gemeinsame Humanität ausgerichtet, derzeit scheint es so, als ob viele Identitäre nur noch für sich und ihre Freunde kämpfen und sich aus dem Gegensatz (der Abgrenzung) gegen alle anderen definieren. Ist das Ruder noch herumzureißen? Gerade in digitalen Zeiten – wie der Pandemie und dem Dauerlockdown inklusive Isolation der Menschen voneinander – fehlt ja das Gespräch, der kompromissbereite, nachfragende Umgang miteinander. Was können wir tun?

Zuhören und miteinander kommunizieren, das Gegenüber wirklich sehen und erkennen. Sich füreinander interessieren und einsetzen. Da sein. Im Hier und Jetzt. 

Jeder Mensch bringt seine eigene Geschichte mit, seine Erfahrungen, seinen Schmerz und seine Freude. Jeder und jede hat und hatte einen anderen Weg zu beschreiten.

Wir gehen manchmal davon aus, alles zu wissen, was der Andere denkt. Aber in Wirklichkeit wissen wir es gar nicht, weil wir es manchmal nicht einmal bei uns selbst wissen. 

Und deshalb ist echtes Interesse am anderen Menschen so wichtig, und auch einfach mal eine Frage stellen, die du dann auch so meinst.

 

Ahoi: Du selber bist Selbständige – bekannt und preiseverwöhnt als Master Stylistin bei Bergmann Friseure. Wie geht es der Firma? Und wie geht es dir?

Mir geht es mental und gesundheitlich sehr gut. Natürlich mit einem kleinen Nachteil, dem Finanziellen. Und auch wenn wir gerade wieder voll durchstarten, sehr viel Arbeit haben, und wirklich viel investiert haben in den Salon, in unsere Mitarbeiter und in Weiterbildung, können wir die vier Monate des letzten Jahres, die uns fehlen, nicht wieder nachholen. Es ist wie es ist.

Wir stecken den Kopf nicht in den Sand, bleiben positiv. Und dennoch gibt es Tage, an denen fällt es schwer. Schwer, für alle da zu sein und ein offenes Ohr zu haben, weil gerade um einen herum der Sturm tobt. Jeden Tag andere Hiobsbotschaften, andere Vorschriften und Hygienemaßnahmen. Wir mussten einen neuen Kredit aufnehmen, weil die versprochenen Hilfen nicht so kommen wie es vielleicht in den Medien suggeriert wird. Sie kommt in der Realität eher nicht oder nur teilweise.

Ahoi: Und wie geht es weiter? Mit deinen Gedanken im Netz und auch mit der Firma?

Wir schauen immer positiv in die Zukunft, wissen, dass wir alles schaffen können. 

Es hat uns in den letzten 121 Jahren (Die Geschichte von Bergmann-Friseure begann im Jahr 1900 mit dem Gründer Julius Schirlitz in Lindenthal – Anm. der Red.) noch nichts aus der Fassung gebracht und das wird es auch in Zukunft nicht.

 

Ahoi: Deine Gedanken sind wahrhaft kleine Gedichte, komprimierte Momente in klarer, unausschließlicher Sprache. Es braucht verbindende Stimmen im Krawall der Auseinandersetzungen.

Meine Gedanken... Ja, dieses „um die Ecke“ denken, mit gewissen Charme und Klarheit die Menschen zum Nachdenken bringen und vielleicht auch ins Handeln. Was bedeutet Mut? Wo beginnt es, wo hört es auf? Es beginnt immer bei Dir und hört bei Dir auf. Mache den Anfang, und wenn es nur Kleinigkeiten sind, aber werde Dir bewusst wie wichtig Du bist, um eine Veränderung in der Welt zu bewirken.

Ahoi: Danke, liebe Beatrice Bergmann. Ich hoffe auf weitere, freundliche und humanistische Einwürfe.

Ich werde weiter auf Social Media von mir hören lassen.

Beatrice Bergmanns Text auf ihrer Facebook-Seite, 2. April 2021:

Wenn wir mutig wären...

Wenn wir mutig wären, würden wir morgen als erstes einmal zu Hause bleiben. Wir würden ausschlafen. Wir würden uns einen heißen Tee ans Fenster stellen und endlich wieder zu uns kommen. Dieses Leben zwischen Globalisierung und Gletscherschmelze, zwischen Abwrackprämie und Artensterben, zwischen Konsum und Neokolonialismus soll alternativlos sein? Das soll nun immer so weitergehen mit aufstehen und pendeln und herstellen und wegschmeißen? Leben und zerstören - muss das wirklich ein und dasselbe sein?

Wenn wir mutig wären, mit unserem Tee, am Fenster und klarem Kopf, würden wir dann doch zur Arbeit aufbrechen. Aber dorthin, wo unsere Arbeit, dem Menschen, der Erde, dem Leben auch zuträglich ist... In die Krankenhäuser, die Dienstleistungen, das Handwerk, auf die Äcker... Neue Wege würden wir finden - wenn wir mutig wären!

Was wäre wenn...

Wenn wir mutig wären, würden wir nun nicht anfangen zu lachen und „ja, aber“ zu sagen und infrage zu stellen. Weltfremd? Naiv? Nicht durchsetzbar?

Ja, wahrscheinlich. Doch: wir Menschen sind zum Mond geflogen, weil wir das wollten.

Da müsste das bisschen Transformation von einem selbst (Selbst-Bewusst-Sein), von Verkehr und Energie, von Landwirtschaft und Ernährung, von Artenvielfalt und Tierliebe, von Mitgefühl und Dankbarkeit... doch zu schaffen sein?!?

Wenn wir nur mutig wären.

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Beatrice Bergmann
Bergmann-Friseure

Ranstädter Steinweg 16
04109 Leipzig
www.bergmann-friseure.de

 

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