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  • Stadtgeschichte
Geisterseher Johann Georg Schrepfer

Totenbeschwörung im Barfußgässchen

Der heutige Zills Tunnel am Ende des Leipziger Barfußgässchens war einst ein Ort, an dem okkulte Séancen abgehalten wurden. Durchgeführt wurden diese vom damaligen Betreiber selbst.

Vorgängerbau Zills Tunnel
1753: Johann Georg Schrepfer kam mit seinen Brüdern von Nürnberg nach Leipzig: Von 1770 bis 1774 war er Wirt des „Schrepfers Kaffeehaus“ und hielt dort auch seine beim Publikum beliebten Séancen ab © Stadtgeschichtliches Museum

Johann Georg Schrepfer wurde 1738 als achtes Kind eines Nürnberger Gastwirts geboren. Als er gerade 15 Jahre alt war, meldete Vater Schrepfer den Konkurs seiner Schenke an und Johann Georg sowie zwei seiner Brüder versuchten ihr Glück fortan in Leipzig.

Getreu der Familientradition versuchten sie sich zunächst als Weinhändler, Gastwirte oder Kellner. Während aus dem älteren Bruder ein erfolgreicher und angesehener Kaufmann wurde, pflegte Johann Georg als Wirt seines Kaffeehauses im Barfußgässchen einen eher zweifelhaften Ruf.

Ist der Ruf erst ruiniert

Er galt gemeinhin als Schwätzer. So gab er sich beispielsweise als Freimaurer aus und gründete 1772 seine eigene Freimaurerloge – die „Loge der ächten Maurerey". Bereits mit der Namensgebung schwang ein offenkundiger Vorwurf an andere Freimaurerlogen mit.

Vermessen, wie er augenscheinlich war, begann er zeitgleich mit Geisterbeschwörungen, die er in seinem Kaffeehaus einem zahlenden Publikum anbot. Diese Art der okkulten Darbietungen verbreiteten sich im 18. Jahrhundert als Gegenbewegung zur Aufklärung und waren äußerst beliebt.

Selbstmord oder Mord?

Schrepfer erweckte den Eindruck von Geistererscheinungen mithilfe einer Laterna magica, einem zu dieser Zeit noch neuem Projektionsgerät. Für eine passende unheimliche Geräusche sorgte sein Mitarbeiter, der in die Betrugsmasche eingeweiht war. Schrepfers „Beschwörungen“ stießen sogar beim sächsischen Hofadel auf Interesse.

In den Morgenstunden des 8. Oktober 1774 wurde der Hochstapler im Rosental tot aufgefunden. Bis heute ist nicht geklärt, ob es sich um Selbstmord oder Mord handelte. Letzteres gilt mittlerweile als wahrscheinlich. Die Frage, wen er womöglich einmal zu oft hinters Licht geführt haben mag, liefert seit jener Zeit die Grundlage für Legenden und Mythen.

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