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  • Stadtleben
Interview: Anje Heinz, freie Rednerin und Moderatorin

Menschen sehen – ihr Leuchten, ihre zerrissenen Herzen

Die Straße, auf der wir gehen, ist aus vielen kleinen Steinen gelegt. Und jeder Stein hat eine Geschichte. Anje Heinz lebt gegen den Strom aus Wut und Negativität und baut Momente aus Gefühl. Und daraus eine Mauer; eine watteweiche, durchlässige Mauer aus Menschlichkeit. Ahoi-Redakteur Volly Tanner sprach mit ihr:

Anje Heinz
Anje Heinz, freie Rednerin und Moderatorin © Anje Heinz

Ahoi: Guten Tag, Frau Anje Heinz. Sie sind freie Rednerin und Moderatorin. Auf Ihrer Homepage steht: „Sie berührt Menschen mit und ohne Worte.“ Was heißt dies denn konkret? Wie ohne Worte?

 

Nun, ich begleite Menschen von der Wiege bis zur Bahre. Von der Freien Taufe über Freie Trauung, Goldene Hochzeit bis zur Lebensfeier. (Ich mag es ungern Trauerfeier nennen. Wir wollen doch Menschen, deren Leben und die gemeinsamen Erinnerungen feiern und deren Vermächtnis ehren. Es soll eine Hommage an das Leben und die Liebe sein.) Ja, ich möchte berühren, in die Herzen der Menschen sehen und deren Seelen spüren. Das Leben – es bietet so viele Geheimnisse und der Tod noch viel mehr. Und glauben Sie mir, zwischen Himmel und Erde gibt es so viel Dinge, die wir nicht erklären können. 

Ich komme sehr oft zu den Menschen als Fremde und gehe als Vertraute. Ich darf sie begleiten in fast allen Situationen, die das Leben uns bietet. Freude und Leid, Lachen und Weinen, Glück und Trauer, Willkommen und Abschied, Annehmen und Loslassen. All das hat mit Menschen zu tun. All das sind mehr als Worte. Momente schaffen – das ist meine Aufgabe. Menschen sehen, ihr Leuchten, ihr zerrissenen Herzen, ihre Hoffnungen, Wünsche und Ängste. 

Uns bleibt im Leben nichts als Menschen und Momente. Nichts Materielles bleibt. Kein Gold. Kein Heim. Nur das Leben selbst mit all den Augenblicken. Wenn unser Leben sich dem Ende neigt, werden wir nicht sagen, wir hätten mehr kaufen müssen. Wir werden bereuen, nicht mehr Zeit mit atemberaubenden Momenten verschwendet zu haben. Menschen und Momente sind der wahre Reichtum. 

Und jetzt komme ich ins Spiel. Ich verstehe die Menschen wortlos und erhöre zugleich ihre Worte. Ich fühle. Sehe. Reiche die Hand und schenke – einfach Zeit. Ich frage und frage und frage. Ich bohre ganz oft ins Innerste und man vertraut mir Dinge an, die noch nie jemand hörte. Ich bin einfach da. Das ist mehr als genug. Einfach da sein. Einfach Mensch sein. Einfach fühlen. Es braucht keine Worte um zu verstehen. Augen sagen mehr als Worte. Die Töne zwischen den Zeilen schreiben die wertvollsten Melodien. Ich habe meine Berufung gefunden, bin sehr dankbar und demütig geworden. Ich weiß um die Endlichkeit des Lebens und LEBE das LEBEN daher sehr intensiv. Mit und ohne Worte. Laut und still. 

 

Ahoi: Sie organisieren die Wedding Night Leipzig – während Corona ja eher nicht real – was ist denn diese Wedding Night, um was geht es und wann fand und findet diese statt?

 

Wer eine gewöhnliche Messe der Hochzeitsdienstleister erwartet, wird bei der Wedding Night enttäuscht werden. Wer aber einen unterhaltsamen Abend mit tollen regional-verankerten Servicepartnern mit den Attributen Inspiration, Einzigartigkeit und Außergewöhnlichkeit verbringen möchte, der wird auf dem Hochzeits-Festival im Felix garantiert fündig werden. 

Die Aussteller und Dienstleister verbindet der hohe Qualitätsanspruch, Individualität, Liebe zum Detail und Leidenschaft für ihre Arbeit. Sehr bewusst wurden die Akteure gewählt. Die Wedding Night möchte sich von den üblichen Hochzeitsmessen abheben und ihren Gästen einen Abend des Entertainments und der besonderen Information bieten, gepaart mit einem zauberhaften Flair, über den Dächern der Lieblingsstadt Leipzig. 

Wir sind perfekter Partner für sämtliche Festlichkeiten, wie Hochzeit, Silberhochzeit, Goldene Hochzeit, Jugendweihe, Taufe, runde Geburtstage, Firmenevents, Opernball etc. – einfach atemberaubende Stunden des Lebens. 

Bestimmt wird die Wedding Night durch die wunderschöne Location im Herzen der City, mit Blick auf die Wahrzeichen der Stadt: das Gewandhaus, die Oper und das Paulinum, die Universitätskirche St.Pauli.

Die Wedding Night soll eine lebendige Messe sein mit „After-Work-Charakter“. Die Gäste erwartet ein umfangreiches Entertainment-Paket, Kulinarik, hochwertige Dienstleister und Künstler, die z.T. aus regionaler und internationaler Presse und TV bekannt sind, und eine chillige Atmosphäre. 

Wir möchten bewusst weg von dem üblichen Messecharakter und hin zu einem Abend der Unterhaltung. Moderne, kreative, selbstbewusste und feierliebende Menschen sind herzlich eingeladen, sich an dem Abend inspirieren zu lassen zum Mitmachen, Ausprobieren, Chillen, Genießen, Stöbern, Informieren und vor allem Unterhalten. Bei guter Musik, leckeren Drinks, erlebnisreichem Live-Cooking werden sie einen fabelhaften Abend mit einem Meet und Greet im Lebendigen Haus mit den Hochzeits- und Feierexperten Leipzigs verbringen.

Einmal im Jahr treffen wir uns zu einem illustren, intensiven und informativen Abend. Wir sind ganz sicher, auch nach Corona wieder am Start zu sein. Wann? Wer weiß das schon. Wir hoffen ganz bald. 

 

Ahoi: Unter dem Unterpunkt Seelenliebe steht bei Ihnen, dass Sie Freie Traungen, Gothic Weddings etc. abhalten. Wie auf dem Standesamt oder davon losgelöst? Solch eine „freie“ Trauung, hat die überhaupt rechtliche Wirkung? Und wie läuft das Prozedere, wenn ich mich von Ihnen mal trauen möchte (möchte ich ja nicht, bin ja glücklich verheiratet) ab?

 

Die Freie Trauung ist eine wundervolle Alternative zur kirchlichen Trauung, die den Gang zum Standesamt allerdings nicht aufhebt. Sie ist, für mich, das Kernstück einer Hochzeit und der Beginn eines zauberhaften Anfangs. 

Und doch ist sie vielmehr als „nur“ eine Alternative. Rechtlich ist eine Eheschließung eine nüchterne Angelegenheit. Man geht gemeinsam ins Standesamt, unterschreibt und schwupps: Schon ist man verheiratet. Doch ist es nicht viel mehr als ein rechtlicher Akt? 

Das Wundervolle einer Freien Trauzeremonie ist, wir können - frei von Regeln und Konventionen – das JA-Wort überall und zu jeder Tages- und Nachtzeit zelebrieren: sei es beim Sonnenaufgang oder im Mondschein mit Fackeln und Feuerschalen, romantisch im Schloss, spektakulär zwischen wilden Tieren im Zoo oder gesellig in eurer Wunschlocation. Im Park oder Wald, am Strand oder See, auf einer Obstwiese oder Boot. 

Wir schauen in den intensiven Vorgesprächen zurück zum Anfang der gemeinsamen Geschichte des Brautpaares: Wie begann alles? Welche Momente bleiben unvergessen? Welche Träume und Wünsche haben sie? Worin besteht das Geheimnis ihrer Liebe? Wofür sind sie dankbar? In entspannter Atmosphäre werden wir uns auf eine Reise zu ihnen selbst begeben - in ihrem Lieblingscafé, auf dem Sofa daheim oder in der Location, wo sie gemeinsam das JA-Wort feiern werden. 

Ich möchte die Dankbarkeit und die Verbundenheit einfangen und die Paare ihre bedingungslose Liebe spüren lassen. Wir sagen uns im Alltag viel zu wenig, dass wir uns lieben, was wir einander bedeuten und wir sagen zu selten „Danke“. 

Die Freie Trauung ist ein wundervoller Moment, um Menschen, die wir lieben, Danke zu sagen: dem Partner, Freunden, Geschwistern aber auch den Eltern und Großeltern. Weil sie uns zu den wundervollen Menschen gemacht haben, die wir heute sind. Dass sie immer für uns da sind und uns unterstützen. „Junge, du musst Momente schaffen. Das ist es, was im Leben zählt.“ Dieser Satz war für mich einer der prägendsten der letzten Jahre. Diesen Ratschlag gab der Opa mit seinen stolzen 93 Jahren dem Bräutigam. Genau diese Worte sind Sinnbild für eine Freie Trauung: Momente schaffen. Heitere, authentische und unbeschwerte Momente, die wir füllen mit herzhaftem Lachen, mit Staunen, Neugierde, Überraschung - einfach mit überwältigenden Gefühlen, Augenblicken und Worten. 

Es wird eine wundervolle Zeremonie, weil wir lachen und weinen – am besten gleichzeitig, weil wir das Herz sprechen und die Seele lächeln lassen. Weil wir ganz persönliche Rituale einbinden und außergewöhnliche Wünsche berücksichtigen können. Weil wir die Liebe und das Leben feiern. Weil wir gemeinsam den Tag zu einem besonderen Tag machen und die Magie der Liebe einfangen.

Und Gothic Weddings liiiiiebe ich. Ich habe Jahre gebraucht, um mich in die Gothic Seele einfühlen zu können. Es ist Magie und es sind besondere Augenblicke für mich. Manchmal intensiver als 

 

Ahoi: Der Lockdown hat viel verändert, besonders in den familiären Strukturen. Ich habe das Gefühl, dass sich gerade in dieser Zeit Freunde oder Familienangehörige sortieren und es ganz besonders ersichtlich wird, auf wen man sich verlassen kann, wer liebt und wer in einer Zweckgemeinschaft gefangen ist. Was sind Ihre Erkenntnisse aus den letzten Monaten? Gern auch ganz persönlich.

 

Wo fange ich an und wo höre ich auf. 

Ich glaube, wir Menschen brauchen Krisen. Ich brauche Krisen. Ohne diese schweren Zeiten wäre ich nicht da, wo ich heute bin. Ich war ein graues Dorfmäuschen und bin jetzt eine starke, leuchtende Frau. Ich bin dem Leben gegenüber sehr demütig geworden. Ich habe Krisen erlebt, an denen andere zerbrochen wären. Am Grab von Kind und Bruder zu stehen, die Leere zu spüren, macht was mit einem. Alleinerziehend. Selbständig. Corona-Krise. So What?

Hey: „Besinne dich, mach dir einen Crémant auf und feier das, was du hast. Du hast noch so viel. Immer!!! Zu jeder Zeit. Das Leben ist das wertvollste, was wir haben.“ Ich war noch nie so dankbar, demütig und angekommen, wie jetzt – Ein Jahr nach Corona.

Corona – ich habe eine gute Freundin verloren. Warum? Ich weiß bis heute die Antwort nicht. In der Hochzeits- und Eventbranche nichts Außergewöhnliches. Aufträge brachen im Stundentakt weg. Das Leben war von heute auf morgen ein anderes. Ich hatte auf einmal Zeit. Als Workaholic eine ungewohnte Situation. Ich musste lernen, in der Stille zu sein. Mich mit mir beschäftigen. Mich finden. Mich neu erfinden. Schauen, wer ist noch da? Und ich bin so verdammt dankbar für diese Hand voll Menschen, die in meinem Herzen sind. Auf die man sich bedingungslos verlassen kann. Die dein Leuchten sehen und die dich wachsen sehen wollen. Andersherum natürlich auch. 

Corona hat so viel mit den Menschen gemacht. Seit einem Jahr spreche ich fast täglich über den Tod. Und ich habe Corona-Schicksale erlebt. All die Corona-Gegner hätten mich begleiten dürfen, mit manchmal nur 4 Stunden Schlaf. Weil es alles unter einen Hut zu bringen galt: Kind, Homeschooling, Arbeit. Die eigentlich zu 12 Stunden daraus bestand, zu schreiben, Tränen zu trocknen, mit den Menschen zu reden und Lebensfeiern zu gestalten für Menschen, deren Uhr noch lange nicht abgelaufen wären. Es waren Schicksale, die mich berührten und die das ganze Thema Corona ganz nah an mich brachten. JEDEN TAG. 

Woher ich die Kraft nahm, weiß ich nicht – ich habe nebenbei mir meinen größten Wunsch erfüllt – ich schrieb an meinem ersten Buch, bin mit Online-Mentoring erfolgreich gestartet und habe meinen ersten Online-kurs gedreht. 

Natürlich dreht sich alles wieder um Menschen, die an uns glauben. Menschen und Momente sind unser wahrer Reichtum. 

 

Ahoi: Sie leben in Colditz – im Ortsteil Hausdorf – in der Nähe von Leipzig, praktizieren jedoch hauptsächlich hier in Leipzig. Was gibt es denn für Leipziger über Colditz und konkret über Hausdorf unbedingt zu wissen?

 

In mir schlagen zwei Herzen. Ich glaube, am lautesten schlägt das L.E.-Herz. Es ist mein Sehnsuchts- und Kraftort. Mit all dem Leben, meinen Freunden, Geschäftspartnern und Kunden. Ich bin sehr verwurzelt hier, habe hier gewohnt, gearbeitet und tue es noch immer. Doch leise schlägt auch mein Herz für das Dorfleben. Warum? Meditative Stille. Duftendes und leuchtend gelbes Rapsfeld. Familiäre Dorfschule für’s Kind ... 

Die Stadt Colditz – was hat sie euch zu bieten? Als ehemalige Standesbeamtin und Kulturbeauftragte der Stadt Colditz schlägt mein Herz natürlich für die Möglichkeiten, hier zu heiraten. Hier nimmt man sich Zeit und als Brautpaar fühlt man sich willkommen. 

Und als eine, wie ich, die einige Zeit in England lebte, pulsiert natürlich für mich im Schloss Colditz die Hauptschlagader der Stadt. 

Als ich in Südengland lebte, als Colditzerin, wurde ich hofiert wie eine Prinzessin. Unglaublich und für eine Dorf-Städterin nicht vorstellbar.

Colditz ist im Ausland berühmter als Leipzig. Es gibt Colditz-Bier. Colditz- Monopoly. Colditz-Filme und Serien. Viele internationale Berühmtheiten waren im 2. WK hier inhaftiert. Schloss Colditz war Gefangenenlager - im Rahmen der Belgischen Konvention. 

Alles über die große Geschichte der ehemaligen kurfürstlichen Residenz mit seiner damals königlichen Anlage mit Gärten, Grotten, Lusthäusern, Teichen, Weinhängen und Fontänen, dem späteren Gefangenenlager mit seinen legendären Fluchtversuchen aus dem Kriegsgefangenenlager OFLAG IVC und schließlich Krankenhaus und Heil- und Pflegeanstalt und… und… und… lassen sich erkunden. 

Ganz nebenbei sagt man, es gibt das beste Eis in Colditz. 

Also, was es auch ist: Heiraten, Geschichte, Wald (übrigens hervorragend für Leipziger Pilzliebhaber), Genuss oder Landluft – das verschlafene Städtchen ist einen Besuch wert.

Und ich möchte zusammenfassen: das Leben ist dazu da, um gelebt und geliebt zu werden. Mit all den Momenten, die uns das Leben bietet. Den schönen und den steinigen.

Passt gut auf euch auf. Bleibt gesund und habt euch lieb. 

Mit herzlichen Grüßen 

XOXO Eure Anje Heinz

 

Ahoi: Dankesehr, liebe Frau Heinz. Und weiter der Liebe und der Mitmenschlichkeit kleine Steinchen legen. Es hilft.

Anje Heinz

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