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  • Musik
Interview mit Prof. Ulf Schirmer

Eine besondere Liebe zu Wagner

Er gilt in der Musikszene als bekennender Wagnerfan. Jetzt macht Leipzigs Opernintendant Prof. Ulf Schirmer in seiner letzten Spielzeit der Stadt ein besonderes Geschenk: Wagner 22.

Ulf Schirmer
Prof. Ulf Schirmer ist ein gefragter Wagner-Dirigent: Jetzt steht er bei 9 Aufführungen am Pult © Kirsten Nijhof

Wie entstand die Idee?

Schirmer: 2013 führten wir die Frühwerke in Bayreuth auf, danach „Rheingold“ in Leipzig. Ich ging irgendwann am Deich in meiner Heimat Bremen spazieren und mir fiel auf: Es fehlt nicht mehr viel von Wagner. Da kam die Idee auf, in drei Wochen alle 13 Opern auf die Bühne zu bringen.

Gab es etwas Ähnliches schon einmal?

Schirmer: Der Generalmusikdirektor der Oper Leipzig Gustav Brecher wollte sämtliche Wagner-Opern aufführen. Wegen seiner jüdischen Abstammung wurde er 1933 von den Nazis aus der Stadt vertrieben. Sie stahlen die Idee, übernahmen seinen Plan und realisierten ihn 1938.

Wann war Ihr erster Kontakt mit einem Werk Richard Wagners?

Schirmer: Ich habe Klavier gespielt, mit 16 am Gymnasium im Musiklehrsaal geübt und daneben war eine kleine Bibliothek. Das erste Werk, dessen Partitur ich dort in der Hand hielt, war die „Walküre“. Im Theater in Bremen habe ich „Tristan“ und „Parsifal“ gesehen.

Wann haben Sie Ihre erste Wagneroper dirigiert?

Schirmer: In Mannheim dirigierte ich 1983 „Parsifal“.

Welche Herausforderung ist eine Wagner-Oper für Sie als Dirigent?

Schirmer: Ich muss mich innerlich anders aufstellen. Mich einschwingen, den richtigen Grundpuls finden, seelisch wie physisch. Allein der „Ring“ geht über vier Tage. Das kostet Kraft, fordert Konzentration und auch körperliche Kondition. Zu Fuß gehen vor und nach der Vorstellung hilft. Ich habe immer so gewohnt, dass ich nach einer Vorstellung nach Hause laufen konnte. Wie jetzt auch, es sind 25 Minuten bis ins Waldstraßenviertel.

Ihre Lieblingsoper von Wagner?

Schirmer: „Parsifal“. Das ist mein Lebensstück geworden, sicher auch aus der Verehrung meines Lehrers Horst Stein damals in Bayreuth heraus.

Was bedeutet Wagners Werk in der Welt?

Schirmer: Große Opernhäuser weltweit kommen ohne Wagner nicht aus. Das führte auch die Oper Leipzig auf Gastspiel; wir haben z. B. den „Tannhäuser“ in Hongkong aufgeführt.

Wer sich Wagner nähern will – Ihr Tipp für die erste Oper?

Schirmer: Definitiv „Der fliegende Holländer“. Dieses Bühnenwerk ist kurz und mitreißend. Man geht einfach hinein und lässt den Mythos auf sich wirken. Das war das Ziel Wagners.

Was kommt für Sie nach Wagner 22?

Schirmer: Ein Sabbatical ohne Oper oder Konzert bis zum 1. Januar 2024! Ich möchte mit meiner Frau reisen, wandern, Neues entdecken. Bei mir war bisher jeder Tag total getaktet und terminiert, doch ab Sommer wird entschleunigt. Und danach kehre ich in das Musikleben zurück, werde auch wieder Wagner in Leipzig dirigieren.

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