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  • Literatur
Der Kampf um ein neues Leben

Depressionen können mich wieder erwischen

Der psychische Druck bei den Zeugen Jehovas führte Sophie Jones als Jugendliche in schwere Depressionen mit Suizidversuchen. Heute engagiert sich die 27-jährige Bestseller-Autorin für mehr Aufklärung beim Thema Depressionen.

Sophie Jones
„Ich bin den Depressionen nicht mehr so hilflos ausgeliefert“, so Sophie Jones, Sektenaussteigerin, Bestseller-Autorin und Miss Sachsen 2021 © Stephan Glathe

Sophie Jones brauchte eine ganze Weile, bis ihr im vergangenen Jahr bewusst wurde, dass sie erneut an Depressionen litt. Die 27-Jährige wurde als Sektenaussteigerin bekannt, in ihrem Buch „Erlöse mich von dem Bösen“ schildert sie eindrücklich ihr Aufwachsen bei den Zeugen Jehovas und den Ausstieg aus der Sekte.

„Ich hatte immer das Gefühl, dass mein Umfeld etwas von mir erwartet, was ich niemals sein kann: nahezu perfekt“, berichtet sie im Gespräch mit Ahoi. „Das Konzept der Sekte basiert nur auf Angst, Schuld und schlechtem Gewissen. Man hat keinerlei Selbstwertgefühl, ist vermeintlich nur etwas wert, wenn man sich an all die Regeln hält.“ Regeln, die von Kindern und Jugendlichen unmöglich eingehalten werden können.

Suizidversuche mit 13 und 14

Diese Atmosphäre der Angst führte sie als 13-Jährige geradewegs in schwere Depressionen, denen sie hilflos ausgesetzt war. Sie begann, sich selbst zu verletzen, und versuchte mehrfach, sich das Leben zu nehmen. „Ich habe keinen Ausweg mehr gesehen. In meinem Kopf war alles dunkel, ich habe mir nicht vorstellen können, dass es in meinem Leben eine Perspektive geben und ich jemals glücklich sein würde“, erzählt sie. Selbstmord erschien ihr damals als die „plausibelste Lösung für all meine Probleme und die meines Umfelds“.

Aufklärung und Hilfe

Mit 16 Jahren floh Sophie Jones aus der Kleinstadt Werdau bei Zwickau in die Nähe von Leipzig. Mit 18 fand sie die Kraft, bei den Zeugen Jehovas auszusteigen. Mit 23 outete sie sich und wurde 2021 zur Miss Sachsen gewählt. Doch die Depressionen holten sie wieder ein.

„Ich dachte lange Zeit nach meinem Ausstieg aus der Sekte, dass ich die Depressionen mit meinem neuen Leben verabschiedet hätte. Aber so was verschwindet nicht, das kommt wieder hoch“, sagt sie. Der Rückfall brachte sie dazu, sich intensiver mit der Krankheit auseinanderzusetzen. Sie begann, sich für die Deutsche Depressionsliga und die Stiftung Deutsche Depressionshilfe zu engagieren, referiert an Schulen und bei Kongressen.

Heute weiß sie: „Es kann mich jederzeit wieder erwischen, aber ich bin nicht mehr das kleine Mädchen von damals“, sagt Sophie Jones. „Ich weiß, was ich will und was ich nicht möchte und bin den Depressionen nicht mehr so hilflos ausgeliefert.“

Alle Infos unter
www.sophiejones.de

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