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Stadtgeschichte Teil 37: Henriette Goldschmidt

Bildung und Rechte für Frauen

„Wir haben wohl Väter der Stadt, wo bleiben die Mütter?“, forderte die Frauenrechtlerin Henriette Goldschmidt am 6. April 1870 vor den Mitgliedern des Leipziger Frauenbildungsvereins. Diesen hatte sie 1865 mit ihren Mitstreiterinnen Louise Otto-Peters und Auguste Schmidt gegründet.

Henriette Goldschmidt Schule
2022: Die 1911 von Henriette Goldschmidt gegründete Hochschule für Frauen ist heute ein berufliches Schulzentrum für alle Geschlechter: Die Ausbildungsschwerpunkte liegen im Sozial- und Gesundheitsbereich, die Schule trägt auch heute noch ihren Namen © Henriette Goldschmidt Schule

Henriette Goldschmidt wurde 1825 im heute polnischen Krotoszyn als Henriette Benas geboren. Ihr Vater – überzeugt von den Ideen des Vormärz – unterstützte die Bildung seiner Töchter zu einer Zeit, in der Schul- und Ausbildung nur für wenige Mädchen ausreichend zugänglich war. Dennoch beendete auch sie die Schule mit bereits 14 Jahren. Denn schon früh übernahm sie die Verantwortung für die Kinder ihrer verstorbenen älteren Schwester. Darüber hinaus engagierte sie sich bereits in einem Verein, in dem Frauen arme Kinder nach den Schulstunden betreuten. Keinesfalls wollte sie, dass Kinder und vor allem junge Mädchen ihre Schulbildung missen.

Die Leipziger Zeit

1853 heiratete sie den Lehrer und Prediger Abraham Mei(e)r Goldschmidt. In ihm fand sie ihren Geistesverwandten. Mit seinem Ruf zum Rabbiner der hiesigen Israelitischen Religionsgemeinde zog die Familie 1858 nach Leipzig. Die Stadt sollte ihre wirkliche Heimat werden. Sie schrieb: „Leipzig war im Jahre 1859 noch eine recht kleine Großstadt, aber sie gehörte zu den bekanntesten Städten des In- und Auslandes. Es war eine Stimmung in ihr für die Lösung politischer, sozialer und kultureller Fragen.“

Die Goldschmidts pflegten zahlreiche Kontakte zu einflussreichen Personen der bürgerlichen Gesellschaft, deren demokratische Überzeugungen sie leidenschaftlich teilten.

Die Frauenfrage, eine Kulturfrage

Henriette Goldschmidt verurteilte die Enge, in der Frauen der damaligen Zeit leben mussten, da sie vom öffentlichen Leben gänzlich ausgeschlossen waren. Im verbesserten Zugang zur Bildung für Mädchen und Frauen sah sie eine Lösung. Daher gründete und engagierte sie sich für Volkskindergärten und Bildungsstätten für Frauen, die einen Platz im nach ihr benannten Henriette-Goldschmidt-Haus erhielten. 1911 eröffnete sie die erste Hochschule für Frauen in Leipzig.

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