//
//
  • Kunst
Grassi Museum für Völkerkunde

Benin-Bronzen und die Spitze des Kilimandscharo

Mit der Neueröffnung stellt sich das GRASSI Museum für Völkerkunde der kolonialen Vergangenheit seiner Sammlung, arbeitet mit afrikanischen Künstlern zusammen und verspricht kürzere Ausstellungszyklen.

Grassi Museum für Völkerkunde
Im GRASSI Museum läuft der Umbau auf Hochtouren © Tom Dachs

Der Schritt in die Zukunft ist zugleich einer in die Vergangenheit. Nach langer Umbauphase im GRASSI Museum für Völkerkunde herrscht bald wieder Normalbetrieb. Zumindest in einem ersten Ausstellungsabschnitt (Eröffnung auf Frühjahr verschoben), und dort kommen die Besucher kaum an Karl Weule vorbei. „Er war Direktor des Museums während der Kolonialzeit. Unter ihm hat sich die Sammlung vervielfacht“, sagt Kevin Breß, Projektleiter „Reinventing Grassi. SKD“. So nennt sich das Zukunftsprogramm des Hauses, das für schnellere Ausstellungswechsel, mehr Aktualität, digitalen Zugang und spannende Backstage-Einblicke etwa in die Arbeit der Restauratoren sorgt.

Geraubte Benin-Bronzen auch ins Grassi

Unter Weule wuchs die Bedeutung des Völkerkundemuseums. Die Kehrseite: „Hinter den ausgestellten Objekten steht zu einem hohen Prozentsatz eine Gewaltgeschichte“, sagt Breß. Bekannteste Beispiele sind die Benin-Bronzen, von denen einige auch ins Grassi gelangt sind. Bis alle Fragen der Besitzverhältnisse und der Rückgabe geklärt sind, sollen sie nicht mehr gezeigt werden. Dafür setzt sich der nigerianische Künstler Emeka Ogboh mit dem Kulturgut auseinander. „Ogboh ließ die Bronzen im Museum fotografieren und hat eine Installation mit Leuchtkästen entwickelt“, sagt Breß.

Hinter den ausgestellten Objekten steht zu einem hohen Prozentsatz eine Gewaltgeschichte. Kevin Breß, Projektleiter „Reinventing Grassi. SKD“

Hans Meyer Stahl
Die Spitze des Kilimandscharo

Einst erwarb Hans Meyer die von den Briten geraubten Bronzen für das Museum. Um den Geografen und Kolonialismus-Verfechter rankt sich eine unglaubliche Geschichte: Er raubte die Spitze des Kilimandscharo. Was bedeutet der Verlust? Ist Wiedergutmachung denkbar, vielleicht die Rückkehr des Steines? Das thematisiert das Grassi mit dem tansanischen Künstlerkollektiv PARA.
Ein neuer Raum dient als Zwischenstation für Großobjekte. „Anstatt ein weiteres Lager aufzumachen, sind sie zu besichtigen“, sagt Breß. Zum Auftakt gehören ein Boot und ein Prunksarg aus China zur Ausstellung. Viele Wechsel sind geplant. „Wir sind ein Museum in Bewegung“, sagt Breß. Unterstrichen wird das durch die Planung eines Rapid-Response-Bereichs, um auf tagesaktuelle Debatten reagieren zu können. 2023 soll der Umbau abgeschlossen sein.

GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig
Adresse
Website

« zurück
zur aktuellen Ausgabe