- Musik
Abkehr vom Heroen-Kult

Wie bewerten Sie Wagner 22 in Leipzig?
Loos: Das ist die Krönung der Laufbahn des Opernintendanten Ulf Schirmer, der Richard Wagner in seiner ganzen Dienstzeit erfreulich gepflegt hat. Das war nicht immer so an der Oper Leipzig. Wir freuen uns, dass er Wagner in dessen Geburtsstadt so präsentiert.
Eines der Kernanliegen Ihres Verbandes ist, Wagner als Leipziger ins öffentliche Bewusstsein zu bringen?
Loos: Wir versuchen, Richard Wagner in Leipzig besser zu verankern, indem wir ihn in den Kreis der Musiker stellen, die hier gewirkt haben. Wir bemühen uns um seine realistische Einbindung in die Stadtgeschichte.

Muss ein Bild korrigiert werden?
Loos: Wagner hat gezielt einen Mythos um sich gesponnen und sich als Original-Genie präsentiert, das nur aus sich selbst schöpft. Deshalb werden in Bayreuth nicht die frühen Opern gespielt, in denen zu sehen ist, wie er von Carl Maria von Weber, von der Opera buffa oder von Giacomo Meyerbeer gelernt hat. Wagner hat wie Mendelssohn zunächst die großen Vorgänger studiert und sogar kopiert. In der Musikwissenschaft hat man sich längst von dem traditionellen Heroen-Kult verabschiedet.
Sie erwähnen Mendelssohn, greifen Sie dessen schwieriges Verhältnis zu Wagner auf?
Loos: Wir haben eine Tagung mit dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Leipzig und eine Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum angeregt, letztere als Studio-Ausstellung mit dem Titel „Hochzeitsmarsch und Rosenkrieg“. Beide Veranstaltungen stellen die Komponisten gegenüber.
Zu den Aufgaben des Verbandes gehört die Nachwuchsförderung. Wie ist die Situation?
Loos: Wir haben die Bayreuth-Stipendiaten 2022 ausgewählt und die Nachwuchspreise vergeben. Die jungen Künstler wollen wir künftig enger begleiten und laden sie auch zu Auftritten im Rahmen von Wagner 22 ein.
Wie steht es um den Plan, für Wagner ein Komponisten-Haus zu schaffen?
Loos: Die einzige authentische Stätte in Leipzig ist die Alte Nikolaischule mit der Ausstellung über den jungen Wagner. Das Haus möchten wir in Zusammenhang mit ihm stärker ins Blickfeld rücken. Ein eigenes Wagner-Museum in Leipzig halte ich für unrealistisch.
Mehr Infos unter
www.wagnerverband-leipzig.de