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Der neue Sportchef Max Eberl

Zeitenwende bei Rasenballsport

Der neue Sportchef ist nun Stimme und Gesicht von RB Leipzig. Welche Impulse Eberl in den ersten Wochen setzt und was er dem DFB-Pokalsieger verleiht.

Der DFB-Pokalsieger
Aushängeschild in Europa: Der DFB-Pokalsieger feiert die Trendwende in der Hinrunde © RB Leipzig / motivio

Man muss sich an das Bild erst noch gewöhnen: Mitte Dezember sitzt der neue Sportchef von RB Leipzig bei seinem ersten großen öffentlichen Auftritt im neuen Amt in der Vertretung des Freistaates Sachsen auf der Berliner Museumsinsel. Neben ihm auf dem im RB-Rot angestrahlten Podium hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer Platz genommen.

Im Foyer des herrschaftlichen Gebäudes steht eine sächsische Tanne aus Cunnersdorf; es werden sächsische Bouletten mit sächsischem Kartoffelsalat gereicht. Natürlich dreht sich auch das Podiumsgespräch um die „sächsische Erfolgsgeschichte“ RB Leipzig.

Nun ist Max Eberl seinen Job erst Anfang Dezember angetreten und hat wenig zu dieser Erfolgsstory beigetragen. Doch der 49-Jährige identifiziert sich bereits so glaubhaft, empathisch und geradezu euphorisch mit seiner neuen Aufgabe, als habe er schon als Kind in RB-Bettwäsche geschlafen.

„Ich habe richtig Lust auf den Kontrast. Nachdem ich bei einem sehr alten Verein gearbeitet habe, jetzt bei einem sehr jungen Verein arbeiten zu dürfen“, sagt der ehemalige Gladbacher Manager ohne Scheu vor Schlagzeilen. „Ich war 23 Jahre für einen Verein tätig, der eine große Tradition hat und gegen alles kämpft, was drumherum ist. Das habe ich auch mit Herzblut getan“, erklärt er.

Doch nach seinem erschöpfungsbedingten Aus in Gladbach, nach dem er sich in einer zehnmonatigen Auszeit erst wieder klarmachen musste, was Fußball für ihn bedeutet, berichtet er dem staunenden Auditorium, dass RB Leipzig einer seiner drei Traumklubs für den nächsten Job gewesen sei: neben Bayern München und einem englischen Verein, den Eberl nicht näher benannte.

Ein Widerspruch auf den ersten Blick. Doch während seiner Fußballpause reifte in ihm die Erkenntnis, dass „du dich nur gegenüber dem, der dir im Spiegel entgegen schaut, rechtfertigen musst.“

Als Leipzigs neuer Chefstratege hat er es nun mit gänzlich anderen finanziellen, sportlichen und gestalterischen Möglichkeiten und Perspektiven zu tun als in Mönchengladbach. Spieler wie Dani Olmo und Konrad Laimer, die er einst auch zu Gladbach hatte lotsen wollen, bekam Eberl damals nicht. Nun hat er den Spielraum, Talente dieser Klasse zu verpflichten.

„Heute kann ich den Spielern sagen: Die Perspektive ist Champions League – und zwar immer“, erklärt Eberl. Keine Frage: Bei allen Fragezeichen, die sein Wechsel bei den meisten Fans hierzulande verursacht hat, ist sein Engagement bei RB wie ein Lottogewinn für den Verein – der wohl strategisch wichtigste Transfer der RB-Geschichte seit Ralf Rangnicks Verpflichtung.

Jetzt bin ich hier in Leipzig, um Bayern München in der Neuzeit gefährlich zu werden. Max Eberl

Gewaltige Erwartungen

Da Eberls Ankunft mit dem Abschied des langjährigen Klubchefs Oliver Mintzlaff zusammenfiel, der nach dem Tod von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz das Milliardenunternehmen aus Österreich als einer von drei Chefs führt, erlebt man dieser Tage eine Zeitenwende bei RB.

Zwar hat Mintzlaff als Chef des RB-Aufsichtsrates und Gesamtverantwortlicher für die Sportaktivitäten des Investors nach wie vor erheblichen Einfluss, doch operativ im Tagesgeschäft liegen die sportlichen Geschicke nun in den Händen von Eberl, auf dem gewaltige Erwartungen ruhen.

Der neue Mann soll gemeinsam mit Trainer Marco Rose den Umbruch im Kader managen, wieder Konstanz und Einigkeit in die sportlichen Planungen bringen, den Nachwuchs besser an die erste Mannschaft heranführen und auch noch Gesicht und Sprachrohr des Klubs nach außen sein. Wirtschaftlich und finanziell stehen die Mit-Geschäftsführer Johann Plenge (Unternehmensentwicklung) und Florian Hopp (Finanzen) stärker in der Verantwortung als zuvor.

Bei einem Gipfeltreffen beim Trainingslager in Abu Dhabi im Januar besprach das Trio im Beisein von Mintzlaff neue Arbeitsabläufe. Wann ein neuer CEO, wie das im RB-Wirtschaftsjargon heißt, als Nachfolger des Ex-Chefs kommen wird und wer das sein wird, ist noch unklar. Auch in welcher Struktur Eberl künftig arbeiten wird, ist noch offen. Gesucht werden ein neuer Technischer Direktor, der den Kader langfristig plant und das Scouting verantwortet, und gegebenenfalls ein neuer Sportdirektor – gehandelt wird der Ex-Schalker Rouven Schröder.

Doch das sind organisatorische Details. Entscheidend ist, was Eberl RB Leipzig verleiht: nämlich Emotionalität, Nähe, strategische Stringenz und großes Renommee mit einem ausgezeichneten Netzwerk in der Branche, um RB auf das nächste Level zu heben – die Meisterreife. Sein Ex-Klub Gladbach zehre noch heute davon, dem FC Bayern in den 1970er-Jahren fünf Mal den Meistertitel entrissen zu haben, sagt Eberl mutig.

„Jetzt bin ich hier in Leipzig, um Bayern München in der Neuzeit gefährlich zu werden. Die Luft nach oben ist dünn, aber ich bin hier angetreten, um etwas Nachhaltiges auf den Weg zu bringen.“ Seit dem Abgang von Visionär Rangnick 2019 hat RB Leipzig in Eberl wieder einen Menschenfänger als sportlichen Vordenker, der eine Geschichte vermitteln und das auch mit sportlicher Expertise untermauern kann.

Umbruch im Kader

Das Gesicht des Kaders von RB Leipzig wird sich in den nächsten 12 bis 18 Monaten verändern, das hat Max Eberl bereits angekündigt. Das betrifft zum einen die Leistungsträger Christopher Nkunku und Konrad Laimer, die in diesem Sommer zum FC Chelsea beziehungsweise zum FC Bayern wechseln werden. Beide Transfers gelten als sicher.

Bei Dani Olmo ist unklar, wie es weitergeht. Entweder, der Spanier verlängert noch einmal und geht dann 2024 für eine Ablöse oder er verlässt den Verein ebenfalls bereits nach Ende dieser Saison. Der heftig umworbene Josko Gvardiol hat seinen Vertrag erst 2022 verlängert und dürfte noch mindestens ein weiteres Jahr bleiben.

Zum anderen werden arrivierte Spieler RB verlassen müssen, deren Verträge 2024 auslaufen, um einen Umbruch einzuleiten. Das betrifft unter anderem Marcel Halstenberg, Kevin Kampl, Yussuf Poulsen und Lukas Klostermann, die bis auf Kampl schon seit Zweitliga-Tagen im Klub sind.

Gespräche mit Herz und Seele

In einem Seitenflügel des Luxus-Teamhotels in Abu Dhabi berichtet Eberl einige Wochen später, was er in die Waagschale legen kann, wenn es etwa darum geht, Olmo vom Verbleib in Leipzig zu überzeugen.

„Ich werde versuchen, meine Emotionalität einzubringen. Wenn man sich mit mir unterhält, sind das hoffentlich keine Gespräche, die langweilig sind, sondern welche, in denen Herz und Seele sprechen“, sagt Eberl. „Ich bin authentisch, offen, geradeheraus. Ich sage den Spielern, was wir können und was wir nicht können und was sie hier noch erwartet.“

Übrigens: Dass das Gebäude des Freistaates Sachsen in der Berliner Brüderstraße einst die Staatliche Versicherung der DDR beherbergte, passt ganz gut. Denn Max Eberl ist so etwas wie die neu abgeschlossene Lebensversicherung von RB Leipzig für die nächsten Jahre.

Führungspersonal im Fokus

Neben Max Eberl sind auch die öffentlich wenig bekannten Florian Hopp (Finanzen) und Johann Plenge (Unternehmensentwicklung) Teil des Geschäftsführerteams von RB Leipzig.

Der studierte Wirtschaftswissenschaftler Hopp ist seit 2016 bei RB, war zuvor unter anderem beim Vermarkter Sportfive tätig. Er ist für Finanzen, Controlling und Steuern verantwortlich und leitet auch die Bereiche Recht und Operations inklusive der Bauprojekte.

Plenge ist ein Mann der ersten Stunde bei RB. Bereits während seines Studiums an der Universität Göttingen von 2006 bis 2009 war er als Student Brand Manager für Red Bull tätig. 2010, ein Jahr nach der Klubgründung, begann der Jurist und Betriebswirtschaftler seine Karriere bei RB Leipzig und beriet die Geschäftsführung in allen rechtlichen Fragen.

Nach dem Abgang von Oliver Mintzlaff wurde Plenge vom Vorstand des e. V. auch zum Vorsitzenden gewählt. Damit ist er Vereinspräsident von Rasenballsport und nun qua seiner Ämter der hochrangigste RB-Funktionär, weil er sowohl in der GmbH als auch im Gesamtverein Führungspositionen innehat. Er verantwortet unter anderem die strategischen Bereiche Nachhaltigkeit, Internationalisierung und Digitalisierung

Mehr Infos unter
www.rbleipzig.com

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