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Sportpsychologin Katja Kramarczyk im Interview

„Wichtig ist, die jeweilige Rolle und die Anforderungen zu kennen“

Katja Kramarczyk ist selbstständige Sportpsychologin, unter anderem für den Deutschen Handballbund und den Olympiastützpunkt Sachsen. Wir haben mit ihr über die Besonderheiten bei Sportler-Familien gesprochen.

Katja Kramarczyk
Katja Kramarczyk © Anita Waszelewski

Frau Kramarczyk, wenn wir auf erfolgreiche Sport-Familien schauen – gibt es eine Art Sport-Gen?

Kramarczyk: Die Frage, ob sportliche Leistungsfähigkeit angeboren ist oder von Umwelteinflüssen abhängt, ist klassisch ein sportmedizinisches Thema. Heute wissen wir, dass über 200 Gene positiv oder negativ mit dem sportlichen Potenzial zusammenhängen. Zugleich spielen Taktik und Technik, Athletik, die Psyche und die Umwelt, zum Beispiel Familie und Freundeskreis, eine Rolle. Wenn ein Kind damit aufwächst, dass Sport wichtig ist, dann kann das ein entscheidender Faktor für die Entwicklung sein.

Haben Eltern mit leistungssportlichem Hintergrund mehr Verständnis für ihre sportlichen Kinder oder bauen sie manchmal zu viel Druck auf?

Kramarczyk: Ich finde es sehr wichtig, dass Eltern ihre Rollen und ihre Anforderungen klären und leben. Es ist doch vorrangig wichtig, die Eltern-Kind-Beziehung aufrechtzuerhalten und die Frage ‚Was braucht mein Kind von mir?‘ zu erfüllen. Fragen Sie gerne ihr Kind, was es sich von Ihnen wünscht. Studien zeigen, dass Kinder sich von ihren Eltern keine technischen und taktischen Hinweise wünschen, sondern Unterstützung. Da sind wir bei der zweiten Beziehung: die zwischen sportlich erfolgreichen Eltern und Trainern. Hier kann es schwierig werden, wenn Eltern nicht loslassen und dem Coach ständig Tipps geben – Stichpunkt Rollenverteilung. Besonders herausfordernd ist die dritte Konstellation: Eltern trainieren das eigene Kind. Hier sollte die Rollenverteilung ganz offen angesprochen und ausgefüllt werden. Wann bin ich Mutter/Vater und wann Coach und wie grenzen wir die Räume voneinander ab und lassen dem Kind Platz für die eigene Entwicklung?

Vom Leistungssport abgesehen, wie können Eltern den Sportsgeist ihrer Kinder fördern?

Kramarczyk: Wie immer im Leben: Wir sollten unsere eigenen Wünsche oder gar Versäumnisse nicht auf die nachfolgende Generation projizieren. Eltern dürfen locker bleiben, selbst Spaß am Sport vorleben und positiv mit Erfolg und Misserfolg umgehen. Gegen die gängige Kultur im Sportsystem – wir feiern nur die Gewinner – gilt zu Hause: Du bist genau so richtig, wie du bist. Lieber beim Kakao am Abend den Elfmeter auswerten, als an der Seitenlinie ausflippen.

Mehr Infos unter
www.katja-schuelke.de

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