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Weltmeister mit Sattelbruch

Täve, Sie waren der erste Rennrad zu steigen Deutsche, der Weltmeister im Straßenradsport wurde. Welche Erinnerungen haben Sie an dieses Rennen in Reims vor 65 Jahren?
Täve Schur: Ich fühlte vor diesem Rennen eine ungeheure, psychische Belastung, einfach aus der Verpflichtung den Menschen gegenüber, die für mich mitgearbeitet und mir ermöglicht hatten, Rad zu fahren und zu studieren. Mir haben Tausende geschrieben, denen gegenüber ist man bei einem solchen Rennen in der Pflicht.

Wie sind Sie damit umgegangen?
Täve Schur: Wir waren am Vorabend in Reims essen. Da wurden Austern und Schabefleisch aufgetischt. Ich habe nur etwas Leichtes gegessen, aber zum ersten Mal in meinem Leben vor einem Rennen ein Bier getrunken: ein Guinness Stout. Mein Trainer sagte: Du musst vor der Weltmeisterschaft endlich mal richtig schlafen. Das ist mir dank des Bieres gelungen.
Wie verlief das Rennen?
Täve Schur: Ich hatte Pech, weil mir der Sattel brach. Nicht irgendeiner, sondern ein teurer schottischer Brooks-Ledersattel, von denen ich jedes Jahr nur einen bekam und der mit Devisen bezahlt wurde. Nun war eine Feder gebrochen, eine Seite des Sattels hing herunter. Eine Runde lang fuhr ich mit einer Ersatzmaschine. In der Runde darauf stand plötzlich mein Rad wieder da. Als ich drauf stieg, merkte ich, dass ich auf einem abgelegten Brooks-Sattel von mir saß. Den hatte die DDR-Starterin Elfriede Vey, die in Reims in der Frauenkonkurrenz teilgenommen hatte, bekommen und mir nun schnell wieder überlassen. Der passte millimetergenau und gab Sicherheit – das war ein richtiges Erfolgserlebnis. Als wir dann auf die Spurtstrecke kamen, war ich mit ein paar Italienern in der Spitzengruppe. Ich hatte so viel drauf: Ich bin aus der Gruppe herausgefahren, bin im großen Gang volle Pulle 400 bis 500 Meter bis ins Ziel gefahren. Am Ende habe ich um Reifenstärke gegen zwei Belgier gewonnen.
Mir haben Tausende geschrieben, denen gegenüber ist man bei einem solchen Rennen in der Pflicht.
Was haben Sie empfunden?
Täve Schur: Plötzlich war ich Weltmeister, da war was los – Donnerwetter. Als ich auf dem Podest stand und die Kamera entdeckte, die auf der anderen Straßenseite stand, wurden meine Augen feucht. Ich wusste genau: Da schauen jetzt deine Leute zu, denen ich eine Freude machen konnte. Das vergesse ich nie wieder. Das ist der Stolz, den man empfindet, wenn man sich den Menschen zu Hause verbunden fühlt.
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