Sport im Ohr

Heute gehe ich Handball hören. Für das Spiel des SC DHfK Leipzig gegen den HBW Balingen-Weilstetten schließe ich meine Augen und begebe mich in die Hände von Florian Eib, Tomke Koop und Peter Lomb von HörMal, die den inklusiven Service Audiodeskription anbieten. Ein Selbstversuch.

Hoermal Audio — Im März konnten Tomke Koop, Florian Eib (letzte Reihe) und Peter Lomb (Mitte) von HörMal wieder mit ihrem Publikum Handball erleben © Jan Kaefer

Wir treffen uns an einem kalten Dezemberabend eine Stunde vor Spielbeginn an der Arena. Normalerweise wäre ich jetzt in Gesellschaft von 5 bis 15 Fans – blind oder mit eingeschränktem Sehsinn. Durch die Corona-Pandemie sind aktuell keine Zuschauer zugelassen, sodass HörMal im Live-Stream arbeitet.

Bevor es so weit ist, hat das Leipziger Team bereits viel geleistet. „Ein barrierefreies Event für Menschen mit Handicap beginnt nicht erst mit der Hörbeschreibung. Bei Bedarf helfen wir bei der Bestellung der Tickets und kümmern uns um die An- und Abreise“, erklärt Koop auf der Medientribüne, wo sie die Technik in direkter Nähe zu den Sehbehinderten aufbaut.

Erklärungen und viel Haptik

Ich erhalte Empfangsgerät und Kopfhörer. Dann schließe ich die Augen. Florian Eib führt meine Finger über ein etwa DIN-A3-großes Spielfeld zum Tasten und erklärt die relevanten Entfernungen oder Taktiken. Auch einen Ball hat er dabei. „Haptik und Erleben sind extrem wichtig für ein vollständiges Bild im Kopf. Wir sind bei der Pferdenacht auch schon den Kurs abgelaufen.“

Schnell wird deutlich, wie gut HörMal vorbereitet ist. „Für die Themen, die wir bei Sport, Kultur oder Messen begleiten, sind wir deutschlandweit die Experten. Unser größter Job werden die European Championships im August in München sein.“

Es ist so wichtig, dass Menschen mit Beeinträchtigung am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Florian Eib, HörMal

Sport hören ist anstrengend

Kurz vor Anpfiff erklärt Peter Lomb die Regeln, Fachausdrücke und die Besonderheiten des Sports. Das Handball-Erleben ist dadurch, dass ich mir alles vorstellen muss, intensiver als sonst. Die ungewohnte Informationsflut im Ohr kostet viel Energie. Es ist angenehm, dass sich Eib und Lomb dann mit ihren unterschiedlichen Stimmen und Sprechstilen abwechseln. Sie beschreiben ohne Pause und sehr schnell alle Spielsituationen, Angriffe oder Fouls.

„Es ist so wichtig, dass Menschen mit Beeinträchtigung am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Die Nachfrage steigt, denn viele Veranstalter verankern diese Form der Barrierefreiheit in ihren Nachhaltigkeitskonzepten“, erklärt Eib. Nach 60 Spielminuten geht der SC DHfK Leipzig mit 31:24 als verdienter Sieger vom Parkett. Die Männer sind fertig – und ich ehrlich gesagt auch. Unvorstellbar, wenn an einem normalen Spieltag noch die übliche Geräuschkulisse mit Tausenden von Zuschauern dazukommt.

Mehr Infos unter
www.hoermal-audio.org

Text: Katja Junghans

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