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    Bürokratische Lawinen aus Zeitgründen ignorieren

    Gespräch mit der Leipziger Künstlerin Carolin Okon

    Die Künstlerin schnappt Luft, im Rücken ein A © Anke John

    Carolin Okon lebt und schafft in Leipzig Kunst. Bekannt seit vielen Jahren als Malerin kreiert sie auch Skulpturen. Beispielsweise gibt es Stahlgeschweißtes in Pausa und bald auch neu in Apolda. Ahoi-Redakteur Volly Tanner fragte nach:

     

    Ahoi: Guten Tag, liebe Carolin. Wir duzen uns, weil wir uns ja auch schon eine Weile kennen, sogar ganz von den Anfängen deiner öffentlich-künstlerischen Karriere her. Seit einigen Jahren findet sich deine Kunst auch im öffentlichen Raum in Form von Skulpturen. So steht seit 2017 beispielsweise deine Skulptur „Dame mit Dobermann“ in Apolda. Wieso Apolda? Und wie kam es dazu?

    Carolin Okon: Als ich erfuhr, dass die Landesgartenschau in meiner alten Heimat Apolda stattfinden wird, dachte ich mir: Jetzt wird es wirklich Zeit für eine Skulptur. Kurzgefasst: Ich ließ nach meinem Entwurf eine Miniatur fertigten und präsentierte diese dem Bürgermeister.

    Nach der Landesgartenschau bekam die Skulptur „Dame mit Dobermann“ einen neuen wundervollen Standort mit Blumenkreisel, Sitzbänken und einen großen Bilderrahmen als Foto-Stopp.

     

    Ahoi: Derzeit arbeitest du fleißig an einer neuen Skulptur, welche eigentlich ein Buchstabe ist. Kannst du uns dazu etwas mehr erzählen, bitte?

    Carolin Okon: Ausgeschrieben ist es ein großes A, A wie Apolda. Im Rahmen eines Gesamtkonzepts - NaTOURblüte 2.0. Und diese NaTOURblüte 2.0. ist ein Wanderweg, welcher Natur, Kultur und Kunst verbinden wird.

    Bei Entwürfen arbeite ich mit Stichpunkten. Glockenstadt, Stricken, Apfel, Baumstamm, Natur und ein A. Da mir ein reines A zu wenig war, sitzt nun eine schöne Frau mit langem Kleid auf einem Baumstamm, hält Stricknadeln in der Hand und ist mit dem A in Form einer Glocke verbunden. Farblich angepasst an die Natur. Denn die Skulptur soll ein attraktiver Beginn des Naturlehrpfads werden. Geschmückt mit einem Beet und Sitzblöcke für Wanderer.

     

    Ahoi: Erstmals hast du selbst geschweißt, richtig mit Schutzschirm, Sicherheitskleidung und Anleitung. Wie war es? Und wer hat dich dabei unterstützt?

    Carolin Okon: Das war großartig für mein inneres Kind. Dieses möchte schließlich immer etwas Neues ausprobieren.

    Angeleitet hat mich Thomas, ein Mitarbeiter der großartigen Stahlfirma Holl in Markkleeberg. Natürlich habe ich - schon aus Sicherheitsgründen - die Hauptarbeit den Profis überlassen.

     

    Ahoi: Was kostet solch eine Skulptur eigentlich? Ich meine, falls ich mir eine Dame mit Dobermann zum Beispiel in den Hof stellen möchte oder in meine Kellerbar?

    Carolin Okon: Das kommt auch auf die Größe und das Gewicht an. In Richtung 3 Meter so 22.000 Euro aufwärts.

     

    Ahoi: In Pausa steht von dir die Skulptur „Heimat braucht Bauern“. Da sind gleich zwei Begriffe, die den jungen, urbanen Neuwisser zum Zittern bringen: Heimat und eben auch Bauern. Auf großstädtischen Anschreiräumen wird „Bauer“ gar gern als abwertender Terminus genutzt. Und Heimat ist in einigen Milieus auch ganz doll „Pfui“. Wie kam es zu diesem Projekt?

    Carolin Okon: 2018 gab es eine Ausschreibung vom Freistaat Sachsen, dem ländlichen Raum mithilfe der Kunst mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Also fuhr ich durch Sachsen und suchte Probleme, die ich als Künstlerin in den Fokus rücken kann. Es gab leider genügend, doch „Bürokratische Lawinen“ musste ich aus Zeitgründen ignorieren und zog weiter, bis ich das Schild „Heimat braucht Bauern“ sah. Ich suchte den Kontakt zu dieser Initiative von Landwirten aus dem Vogtland und war von ihren Erzählungen gerührt. Die Landwirte hatten beschlossen, nicht mehr im Konkurrenzkampf zu verharren und auch nicht mehr auf die Politik zu warten. Sie wollten gemeinsam stark werden. Denn uns Konsumenten ist einfach nicht bewusst, dass wir mit globalem Konsum - selbst beim Fleisch - ganze Existenzen in der Nachbarschaft zerstören.

    Um die Bauern zu unterstützen, gibt es zur Skulptur noch ein großes Infoterminal. Mit einem Touch erhält man u. a. Infos, wann und wo welcher Hofladen geöffnet hat.

     

    Ahoi: Und was kommt nach dem großen A?

    Carolin Okon: Urlaub!!!

     

    Ahoi: Und wo kann man deine Bilder derzeit sehen?

    Carolin Okon: Aktuell nur bei mir im Atelier. Die Skulptur bekommt meine volle Aufmerksamkeit bis zum Tag der Übergabe. Für den Sommer planen die Beuteltier Art Galerie und ich eine queere Ausstellung im Rahmen des CSDs in Leipzig vom 07. - 15. Juli 2023

     

    Ahoi: Danke, Carolin, für deine Zeit und deine Antworten.

    Carolin Okon im Netz:

    www.carolin-okon.de

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