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    Ich finde Sternchen super. Zum Beispiel bei F***

    Gespräch mit dem Humoristen André Kudernatsch

    Kudernatsch kommt heim. Im Säckchen hat der alte, weise Mann und Humorist ein neues Buch und einen Musikuss, der einst Schneemann werden wollte. Außerdem befindet sich in Kudernatschs schmunzelndem Köpfchen eine Menge Wissen um die deutsche Sprache und Meinung, die man ihm nicht übelnehmen kann. Schließlich braucht es Kudernatsch. Als Korrektiv zur „Neuen Humorverweigerung“. Ahoi-Redakteur Volly Tanner traf seinen langjährigen Freund:

    Kudernatsch testet schon einmal sein neues Zimmer, sollte die neue Humorverweigerung siegen © Kudernatsch privat

    Ahoi: Guten Tag, André Kudernatsch. Du kommst heim. Der verlorene Sohn beehrt seine alte (Be)Handlungsstätte. Leipzig! Hier warst du der Meister der Kudernatschen Kautsch in Ilses Erika, Moritzbastei etc, hast Bücher und CDs veröffentlicht und Duftmarken hinterlassen. Am 18. Juli 2022 dürfen wir von dir im Budde-Haus neueste Weisheiten vernehmen. Der Titel ist „Du wirst nicht alt im Thüringer Wald“ …. Also Golden-Ager-Poetry?

    André Kudernatsch: Natürlich! Da tattern wir alle vor uns hin und machen ständig Pause, weil immerzu jemand aufs Klo muss. Da schaffst du nur zwei Geschichten in der Stunde … und ein Musiker ist ja auch mit dabei, also sagen wir ein Lied und eine Geschichte. Aber Weisheiten sind eher nicht dabei, das wüsste ich. Oder ich habe es nicht mitbekommen, weil ich selber auf dem Klo war. Das soll jetzt aber nicht negativ klingen, es ist ja ein Programm für die ganze Familie. Sogar Hunde waren schon im Publikum und haben mit dem Schwanz gewedelt. Golden Retriever Poetry. Ich kann das nur empfehlen. Aber ich bin ja auch immer mit dabei und halte das aus.

     

    Ahoi: Man sagt dir ja eine gewisse Selbständigkeit im Denken nach. Die „Woken“ fanden dich schon schlimm, als es den Begriff der Wokeness noch gar nicht gab in unseren Breiten. Ich erinnere mich gerne an deine Lesung in einer Fleischerei, die PETA-Aktive nötigte, sich demonstrativ dagegen zu bewegen. Was denkst du über die humorverweigernden neuen Jakobiner? Und …innen und mit Sternchen?

    André Kudernatsch: Ich finde Sternchen super. Zum Beispiel bei F***… das hat sogar gleich drei Sternchen. Oder Hotels mit fünf Sternen. Ansonsten sage ich das lieber mit „Ende“. Also Lach-ende, Schauspiel-ende oder von mir aus auch Wok-ende. Das mit der Fleischerei, also das waren damals verirrte Schäfchen, denke ich mal. Zum Glück hat das der Schlachter nicht so gesehen … oder vielleicht doch und irgendwer hat es gemerkt. Denn die Fleischerei gibt es heute nicht mehr, obwohl sie eine sehr schöne Deckenmalerei mit Tieren hatte. Vielleicht ist sie heute eine Galerie oder ein Junge-Leute-Treff, die das mit der Deckenmalerei gar nicht mitgekommen, weil sie immer nach Unten gucken. Ich muss da direkt mal nachsehen gehen, wenn ich in Leipzig bin.

     

    Ahoi: Du lebst in Thüringen. Was ist denn dort besser und was schlechter im Vergleich zu Leipzig?

    André Kudernatsch: Das tut jetzt vielen in Leipzig Seienden sicherlich weh, wenn ich das sage: Thüringen ist viel größer als Leipzig. Da ist viel mehr Platz. Zum Beispiel für Bäume und den ganzen Thüringer Wald. Das neue Buch heißt ja „Du wirst nicht alt im Thüringer Wald“, was bedeutet, dass du da immer jung bleibst, weil die Luft so frisch ist und die Natur so grün. Das ist ayurvedische Literatur, Wellness pur. In Leipzig hingegen sieht man ganz schnell alt aus.

    Was schlechter ist in Thüringen im Vergleich zu Leipzig kann ich dir auch sagen: Thüringen hat keine U-Bahn. Wir wollten zwar letztes Jahr in Meiningen eine bauen, aber das zieht sich. Auf jeden Fall habe ich darüber auch geschrieben und war beim ersten Spatenstich mit dabei. Da ist sogar das komplette Streckennetz im Buch mit drin. Sowieso gibt es zum ersten Mal farbige Fotos in einem Buch von mir, von mir selbst geknipst. Dabei ist ein Foto von einem Saurier und eine nachgestellte Szene, wie Luther auf der Wartburg ankam. Die finde ich am besten.

     

    Ahoi: Wenn alles gut geht, bist du ja im Budde-Haus eher am Budde-Haus zugange. Also Open Air. Angst vor geschlossenen Räumen nach den Wegschließphasen? Du liest ja mittlerweile auch Wandernden vor. Woran liegts?

    André Kudernatsch: Ich habe mich zuerst geärgert. Da hatte ich die Brille nicht auf und habe „Opa Flair“ gelesen. Da war ich stinksauer, dass da dieser Opa Flair unseren schönen Termin, den 18. Juli, belegt. Aber mit Brille habe ich dann schnell gemerkt, dass es Open Flair heißt. Vielleicht ist das Buddehaus drinnen nicht so schön, dass lieber alle draußen auftreten sollen, wo eben Flair ist und von mir aus auch der Opa. So gut kenne ich das da vor Ort nicht. Ich war doch da noch nie und habe bislang nur durch den Gitterzaun mal kurz in den Biergarten geguckt. Diesmal bin ich auf der anderen Seite und freue mich. Ich bin gern draußen. Im Thüringer Wald geht das meistens nicht anders.

     

    Ahoi: Ich erfuhr, dass dein Musikant Andreas Groß einst Schneemann werden wollte. Was ist das denn für eine Geschichte?

    André Kudernatsch: Er ist total talentiert und supergut. Aber als Kind wusste er das noch nicht. Da hatte er noch kein Klavier. Und der Schneemann konnte im Winter lange draußen bleiben und musste nicht ab ins Bett und den ollen Sandmann vorher gucken. Dazu habe ich auch was geschrieben – wichtig für alle Wok-ende. Der Sandmann muss endlich weg, eine Sandfrau sollte den Abendgruß übernehmen. Oder eine diverse Person, die sich jeden Abend aussuchen kann, als was sie kommen möchte. So ein alter Sack mit Zickenbart und Schlafmittel – das geht heutzutage doch gar nicht mehr.

     

    Ahoi: Am 18. Juli feiern wir ja auch die Geburt meines Meerschweinchens Buffy. Das bindet ganze Stadtteile. Warum sollten die hier Leb-enden nun aber zu dir ins Budde-Haus kommen? Ganz konkret? Gibt’s Rostbratwurst?

    André Kudernatsch: Buffy kriegt eine Freikarte! Happy Birthday, Kleines! Die Lebenden sollten alle zu uns kommen, weil es dann schön voll ist und durch den Gitterzaun nicht so zieht. Es wird super, und durch die Musik kann man auch schunkeln oder auf dem Stuhl hoppeln. Thüring-ende, von denen es ja viele in Leipzig gibt, da soll die Dunkelziffer sehr hoch sein, werden sich wie zu Hause fühlen. Und alle anderen werden vor Begeisterung noch am Abend selbst mit dem Neun-Euro-Ticket nach Thüringen aufbrechen und nie mehr wiederkommen!

     

    Ahoi: Dann hoffe ich mal, dass der Abend ein Fantastischer wird. Danke für Deine Antworten, André.

    Das neue Buch von André Kudernatsch:

    www.salierverlag.buchhandlung.de

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