//
//
    Dankbarkeit lässt sich kaum in Worte fassen

    Gespräch mit dem ehrenamtlichen Feldkoch René Böhme

    Unsere „entwickelte Zivilisation“ ist dringend auf Menschen angewiesen, die ehrenamtlich helfen. Schließlich gibt es allerorten Fronten, an denen das System aus Gewinnmaximierung und Dauerwachstum versagt: Armutsbekämpfung, Klimakostengerechtigkeit, Kinderschutz etcpp. René Böhme schwingt ehrenamtlich den Löffel. Doch nicht nur zum Spaß, sondern auch dort, wo es wirklich gebraucht wird – wie letztes Jahr im Ahrtal. Ahoi-Redakteur Volly Tanner sprach mit ihm:

    René Böhme im Ehrenamt am Kosten © DRK KV Leipzig-Stadt e.V.

    Ahoi: Guten Tag, René Böhme. Ich erfuhr, dass Sie ehrenamtlich die „Gulaschkanone“ bedienen und Menschen damit glücklich machen. Gerade haben Sie dies auch bei der Zugweiterbildung getan. Was für Züge wurden denn weitergebildet?

    René Böhme: Ja, wir beim Deutschen Roten Kreuz haben auch Züge. Die sind allerdings nicht zu verwechseln mit denen einschlägiger Transportunternehmen. So halten unsere ehrenamtlichen Bereitschaften einen Katastrophenschutz-Einsatzzug freiwillig für Notlagen vor, zusätzlich noch Teilkomponenten der 23. Medizinischen Task Force im Auftrag des Freistaates Sachsen. Die ehrenamtlichen Mitglieder dieser Komponenten bilden sich in regelmäßigen Abständen weiter, um im Katastrophen- oder Großschadensfall einsatzfähig zu sein.

     

    Ahoi: Das Rühren im Kanoneninneren machen Sie ehrenamtlich. Wie kommt es? Sie sind ja hauptberuflich kein Gulaschkanonier.

    René Böhme: Vom Begriff „Gulaschkanone“ halte ich überhaupt nichts. Wir beim Roten Kreuz sind friedfertige Leute. Allerdings üben wir ab und zu an unserem Feldkochherd eine Küchenschlacht durch, aber nur im übertragenen Sinne. Dann werden die Messer gewetzt und die Schnitzel geklopft.
    Feldkoch bin ich geworden, weil ich leidenschaftlicher Hobbykoch bin. Und als solcher schaut man eben auch mal in andere Töpfe, wie vor Jahren in die unserer alteingesessenen Feldköche. Deren Essen damals war sehr Instant-lastig. Da habe ich mir gesagt: Hier musst du was ändern! Seitdem verwöhnen mein Team und ich unsere Einsatzkräfte vorwiegend frisch.

     

    Ahoi: Und was machen Sie im Hauptberuf? Und wo?

    René Böhme: Beruflich bin ich auch beim DRK Kreisverband Leipzig-Stadt e.V. engagiert. Dort bin ich für das Lager zuständig und kümmere mich ebenso um alle anfallenden Reparatur- und Verschönerungsarbeiten in und an unserer Geschäftsstelle.

     

    Ahoi: Wie oft kommt denn die Kochstätte zum Einsatz pro Jahr und wo?

    René Böhme: Das ist ganz unterschiedlich. Unsere Versorgungskomponente kommt bei fast jeder Großschadenslage in Leipzig zum Einsatz, sei es bei Hochwasser oder bei einem Bombenfund und damit verbundenen Evakuierungen. Wir versorgen dann die Einsatzkräfte und die betroffenen Menschen vor Ort. Auch nach dem Hochwasser im Ahrtal war unser Team im Einsatz.
    Da aber zum Glück Katastrophen und Großschadensfälle nicht so häufig vorkommen, kochen wir eben auch für unsere eigenen Kräfte bei ihren Weiterbildungen oder, wie in der ersten Jahreshälfte, alle vier Wochen für die Seniorinnen und Senioren in unserem Alters- und Pflegeheim in Grünau.
    Grob geschätzt, würde ich sagen, sind wir im Schnitt etwa einmal im Monat unterwegs. Dabei benutzen wir neben der Feldküche auch noch den Gerätewagen Versorgung, auf dem viele Utensilien sind, die wir für einen reibungslosen Ablauf brauchen. Neben dem Kochen besteht ein großer Teil unserer Arbeit auch darin, alles an den Einsatzort zu transportieren, aufzubauen und am Ende der Aktion wieder zu reinigen und zurückzufahren.

     

    Ahoi: Sie machen dies ja nicht völlig alleine. Wer ist denn alles mit im Team? Irgendwer muss ja auch lebensmittelrechtstechnisch die Kochmütze aufhaben …

    René Böhme: Im Team Versorgung sind ehrenamtliche Helferinnen und Helfer der Betreuungsgruppe unserer Bereitschaften, die alle hygienetechnisch geschult sind. Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, gibt es zwei Hauptverantwortliche: André und mich.

     

    Ahoi: Sie arbeiten beim DRK, sind ehrenamtlich tätig beim DRK … gibt es noch ein Leben neben dem DRK? Und wenn ja – was für eins?

    René Böhme: Sehr gern kochen André und ich auch Backstage im Bandhaus, weil uns die Musik anzieht und wir richtige Rocker sind. Wenn ich Zeit habe, geh ich auch gern zum Fußball nach Probstheida.

     

    Ahoi: Ohne Engagierte wie Sie, lieber René Böhme, sähe unsere „entwickelte Zivilisation“ sehr viel schlimmer aus. Gibt es manchmal Momente, in denen Sie sagen: „Ach, leckt mich doch …!“. Wann ist dies so?

    René Böhme: Das gab´s bisher zum Glück noch nicht.

     

    Ahoi: Und wie motivieren Sie sich selbst, weiterzumachen?

    René Böhme: Was Leckeres kochen und glückliche Menschen sind Motivation genug. Ich selbst war 2021 im Ahrtal und habe dort die Einsatzkräfte versorgt. Die Dankbarkeit, die uns entgegengebracht wurde, lässt sich gar nicht in Worte fassen.

     

    Ahoi: Was wünschen Sie sich von der Gesellschaft, der Politik und all den anderen Menschen, bezogen auf Ihre Tätigkeiten beim DRK Kreisverband Leipzig-Stadt e.V.?

    René Böhme: Diesbezüglich bin ich sehr sparsam mit Wünschen. Aber vielleicht etwas mehr Anerkennung, gerade von den Nicht-Betroffenen. Wir kochen mit Spaß und aus Leidenschaft, tun es aber in unserer Freizeit. Wir engagieren uns neben unseren eigenen Jobs ehrenamtlich für andere Menschen, die unsere Hilfe benötigen.

     

    Ahoi: Danke für Ihre Zeit und Ihr Engagement.

    Der DRK Kreisverband Leipzig-Stadt e.V. im Netz:

    www.drk-leipzig.de

    « zurück
    zur aktuellen Ausgabe