Ahoi: Wie groß ist der Bedarf in Leipzig ungefähr? Gibt es einen Unterschied zu anderen Städten/Ländern? Zb zu dem Projekt in Berlin?
Alexis: Es ist ziemlich schwer der Bedarf genau zu schätzen, da es sich um ein Tabuthema handelt. Bedarf besteht aber sicher bei obdachlosen und wohnungslosen Menschen. Wenn man als „menstruierende Person“ unter Armut leidet, leidet man leider auch quasi notwendigerweise unter Periodenarmut. Das haben unsere Partner (die Bahnhofsmission, die Leipziger Oase, der Tagestreff INSEL, Timmi to help, die Notschlafstellen für Obdachlose von dem Klinikum Sankt Georg) uns auch bestätigt. Aus diesem Grund wollen wir diesen Menschen vorrangig helfen.
„Social Period“ in Berlin hat genau das gleiche Vorgehen wie wir. Unterschied zu anderen Ländern gibt es ja. Manche Länder/Regionen sind zu diesem Thema sehr fortschrittlich. Schottland hat beispielsweise den Zugang zu Menstruationsprodukten in öffentlichen Gebäuden kostenlos gemacht. Die französische Regierung hat auch angekündigt, dass ab September jede Universität über kostenlose Binden und Tampons verfügen soll.
Fortschritte macht aber auch Deutschland. Vor Kurzem wurde zum Beispiel die Mehrwertsteuer für Menstruationsprodukte gesenkt. Ungleichheiten bleiben in Europa aber ziemlich stark (Link) und Deutschland ist auf jeden Fall nicht der schlechteste Schüler der europäischen Klasse. Da unser Projekt noch nicht ganz angefangen hat, fällt es mir schwer einen Vergleich mit Berlin zu machen.
Ahoi: Wie ist die Kooperation mit dm zustande gekommen?
Alexis: Wir haben die drei Drogeriemärktenketten von Leipzig kontaktiert und die DM-Filialen haben sofort uns ihr Interesse bekundet. Ermutigt wurden sie auch durch die bestehende Aktion von ihren Kollegen in Berlin in Zusammenarbeit mit „Social Period“. Ich glaube auch, Leipzig und ihre Einwohner gelten als sehr offen und engagiert. Das hat bestimmt eine Rolle gespielt. Vor ein paar Wochen haben wir unser Projekt vor allen dm-Filialen-Leitern/innen präsentiert und alle haben sich über die Berechtigung unserer Initiative überzeugen lassen.
Ahoi: Wie könnt ihr vermitteln, dass das ein Thema ist, das alle Menschen angeht und nicht „nur“ Frauen?
Wir sind überzeugt, dass Periodenarmut nicht nur im Sinne der öffentlichen Gesundheit, sondern auch der Gleichberechtigung bewältigt werden sollte. Auf Gleichberechtigung wird immer mehr Wert gelegt, und zwar von zahlreichen Menschen und nicht nur von Frauen selbst. Alexis von MenstruAction.
Unserer Ansicht nach sollte Periodenarmut als eine Grundproblematik der Gleichberechtigung anerkannt werden, da es um einen körperlichen Bedarf und um die Menschenwürde geht. Periodenarmut bildet auch eine zusätzliche Benachteiligung für Frauen und Gender-Minderheiten, die schon durch andere Diskriminierungen betroffen sind. Aufgrund der Menstruation entstehen ja Sonderkosten, und wenn die Menschen sich nicht angemessen damit auseinandersetzen, verursachen sie eine Menge von anderen Benachteiligungen.
Ganz konkret heißt dies zum Beispiel, dass Menschen öffentliche Räume meiden; dass sie häufiger an Komplikationen leiden, die durch unhygienische Behandlung verursacht worden sind.; dass sie öfter krankgeschrieben werden, dass sie öfter Schmerzen spüren, da sie nicht über genug Geld verfügen, um sich Tabletten zu besorgen. Alle diese kleinen Konsequenzen, denen man oft wenig Gedanken schenkt, betreffen am Ende die ganze Gesellschaft und nicht nur die Menschen, die unter Periodenarmut direkt leiden.
Vielen Dank für Deine Antworten und alles Gute!