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Porträt: Schwimmsportler Marek Ulrich

Gekommen, um zu bleiben

Es ist der Rücktritt vom Rücktritt, das Comeback eines der größten deutschen Talente im Rückenschwimmen: Marek Ulrich ist wieder in seinem Element.

Marek Ulrich in Frontalansicht mit den Armen in die Hüfte gestützt
Marek Ulrich in Bestform © Hendrick Ulrich

Groß war das Unverständnis, als er sich Anfang 2018 als hoch gehandelte Schwimmhoffnung und Deutscher Meister (2017) über 50 und 100 Meter Rücken sowie Bronzemedaillengewinner über 200 Meter aus dem Leistungssport verabschiedete. Mindestens genauso groß die Überraschung, als er im Februar 2020 nach zwei Jahren Auszeit und nur vier Monaten Training wieder auf den Wettkampfblock stieg. Über die 50 Meter war er schneller als das komplette Feld der Ersten Liga. Mit seinem neuen Verein, der Schwimm-Startgemeinschaft Leipzig e. V. (SSG), schaffte er im Wettkampf den Sprung in die Erste Bundesliga.

Ein „Einstand nach Maß“ – den- noch zweifelt Marek Ulrich nicht an seinen vorangegangenen Entscheidungen. „Alles passiert zu seiner Zeit und damals war das Karriereende richtig. Bei meinem Verein in Halle brachen nach und nach alle Säulen weg: Mein Trainer Frank Embacher verlor die Position als Bundesstützpunkttrainer, der von uns gewünschte Co-Trainer Marian Bobe durfte nicht nachrücken und die Trainingsgruppe löste sich auf “, blickt der 23-Jährige zurück. „Dazu kam, dass ich Motivationsprobleme hatte. Seit der Sportschule habe ich alles dem Schwimmen untergeordnet. Wenn du dich für Leistungssport entscheidest, dann führst du kein normales Leben. Es ist zu erfolgreichen Zeiten berauschend – aber damals war der Wunsch, auszubrechen und ein Leben ohne Training, Wettkämpfe und die Regeln des Leistungssports zu versuchen, größer.“

Zwischen Lebewohl und Comeback

Der gebürtige Dessauer beginnt eine Ausbildung zum Justizvollzugsbeamten in Hamm/Westfalen. Der harte „Cut“ hilft ihm, die Vergan 

genheit zu reflektieren und Dinge im Leben zu ordnen. „Der Job hat mir Spaß gemacht und nach der anfänglichen Aufregung kam Ruhe in mein Leben. Ich hatte die nötige Distanz und zugleich war ich durch meinen Kontakt zu Frank Embacher und zu meinem Freund David Thomasberger nah dran. Ich habe mir Meisterschaften im Fernsehen angeschaut und die Aufregung beim Gang zum Startblock gespürt. Das war ich früher! Ich bekam Nachrichten, dass die Spitze nach wie vor langsamer ist als ich. Womöglich habe ich wirklich ein besonderes Talent und bin richtig gut? Ich habe wieder gespürt, dass das Schwimmen meine Leidenschaft ist. Die Geschichte war nicht zu Ende geschrieben.“

Marek Ulrich hört auf sein Herz und fragt den Sächsischen Landestrainer und „Weltmeister-Macher“ Frank Embacher: Was wäre, wenn ich wieder Lust hätte? Es folgt ein schnelles Gespräch, aus der Idee wird ein Plan. Der angehende Justizvollzugsbeamte bricht seine Beamtenlaufbahn ab und wagt die Rolle rückwärts in den Leistungssport.

Olympia im Blick

Die ersten Einheiten im Herbst 2019 in Leipzig sind schwer, da der dreifache Deutsche Meister 15 Kilo Muskelmasse zugelegt und in Sachen Ausdauer Nachholbedarf hat. In der zweiten Woche wird er krank und passt nach diesem „Warnschuss“ seines Körpers das Trainingsprogramm an: Er bekommt mehr Erholungszeit und tritt im Höhentrainingslager kürzer. Peu à peu arbeitet sich das Rücken-Ass an seine alte Form heran und weiß spätestens seit dem Wettkampf im Februar: Ich bin wieder auf Kurs.

Jäh unterbrochen wird sein Weg in die nationale Spitze durch die kurz danach auferlegte Corona-Pause. „Für viele Spitzensportler war das hart und da fühle ich sehr mit. Aber ich hatte ja noch keinen eng getakteten Plan oder Olympia 2020 im Blick. Dennoch ist es für einen Athleten fatal, wenn die Ziele und Leistungsvergleiche fehlen. Der nächste Wettkampf könnte die Deutsche Meisterschaft im Oktober sein“, schaut Marek Ulrich voraus. „Für Olympia habe ich durch die Verschiebung ein Jahr mehr Zeit. Das erhöht meine Chancen. Ich bin jetzt wieder drin in der Geschichte und wenn es im nächsten Jahr nicht klappt, dann 2024.“ So spricht keiner, der ein kurzes Intermezzo plant. Marek Ulrich ist gekommen, um zu bleiben. [kaj]

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