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Bob-Anschieber Alexander Schüller

Eine Zigarre nach dem Sieg

Wenn im Pekinger Eiskanal Bobfahrer Francesco „Franz“ Friedrich nach den nächsten olympischen Medaillen greift, dann hat auch der Leipziger Alexander Schüller seine Hände im Spiel. Wir haben mit dem Weltklasse-Bob-Anschieber gesprochen.

Alexander Schüller (rechts) mit dem mehrfachen Olympiasieger und Weltmeister Francesco Friedrich in St. Moritz © Bob-und Schlittenverband Deutschland

Vor sieben, acht Jahren etwa hätte Alexander Schüller nicht im Traum daran gedacht, dass er heute im Bob des mehrfachen Olympiasiegers und Weltmeisters Francesco Friedrich mitfährt. Damals trainierte er noch beim SC DHfK als Diskuswerfer. „Eines Tages tauchte da jemand vom Bobsport auf und das hat mich sofort interessiert. Der damalige Hallenwart hat mich dann an den sächsischen Landestrainer vermittelt. Und dieser hat mich zum Probe-Anschieben eingeladen. Das hat auf Anhieb gut geklappt“, erzählt Schüller.

Die Idee war anfangs, Bobfahren und Diskuswerfen parallel zu stemmen. Doch irgendwann merkte Schüller, dass es für eine internationale Karriere als Diskuswerfer nicht reicht und er entschied sich mit ganzem Herzen für den Bobsport. Mit 18 Jahren wechselte der heute 24-Jährige zum SV Halle und seitdem ging und geht es für ihn als Anschieber nur nach oben.

Aufruf von Francesco Friedrich

2016 wurde er in die Nationalmannschaft aufgenommen. Er holte Gold im Zweierbob bei den Junioren-Weltmeisterschaften 2017 in Winterberg und Gold im Zweierbob 2018 in St. Moritz, ebenfalls bei der Junioren-WM. Dazu waren seine technischen Werte, die bei internen Vergleichen aller Anschieber gemessen wurden, so gut, dass sie Francesco Friedrich auffielen, der dann eines Tages bei Alexander Schüller anrief, wie sich Schüller erinnert: „Franz hat gefragt, ob ich bei ihm fahren würde. Und klar lehnt man so ein Angebot nicht ab.“

Anschieber im Bob-Sport müssen vor allem schnell auf eine hohe Geschwindigkeit mit dem Bob vorm Körper kommen. Trainingsinhalte sind daher 30- oder 50-Meter-Sprints und 150- beziehungsweise 200-Meter-Tempoläufe. Ausfallschritte und Kniebeugen gehören ebenso zum Trainingsalltag wie Sprünge mit der Hantelstange. Im Sommer wird in Altenberg das Anschieben des Bobs auf Rollen trainiert.

Bobfahren ist Teamsport

Doch das wichtigste Kriterium sind die 30 Meter fliegend, bei denen mit einer Lichtschranke die Geschwindigkeit gemessen wird. Alexander Schüller hat seine Bestzeit Anfang Dezember auf 2,79 Sekunden verbessert. Über 50 Meter liegt sie immerhin noch bei 5,69 Sekunden. „Aus Spaß würde ich nach der Saison im Sommer mal über 100 Meter laufen und schauen, wie schnell ich bin“, kündigt Schüller an.

Doch nicht nur die hervorragenden Zeiten waren ausschlaggebend, um im Bob des Weltklasse-Piloten Francesco Friedrich mitzufahren. Pilot und Trainer schauen auch, ob es menschlich passt, wie Schüller erklärt: „Es geht nicht nur darum, dass man schnell ist. Wir müssen miteinander harmonieren, wir ziehen ja an einem Strang. Bobfahren ist ja eine Teamsportart.“

Dass die Truppe gut miteinander kann, beweisen unter anderem die drei WM-Goldmedaillen, die Schüller in Altenberg mit eingefahren hat. Gut kann die Truppe auch miteinander feiern: „Nach jedem Höhepunkt raucht jeder eine Zigarre. Und nach der WM in Altenberg gab es von Harald Czudaj (ehemaliger Goldmedaillen-Gewinner im Viererbob, Anm. d. Red.) noch den Altenberger Kräuterschnaps.“

Ansonsten ist Alexander Schüller kein Feierbiest. Seine knappe Freizeit verbringt er eher ruhig mit seiner Freundin in der gemeinsamen Wohnung in Halle. Mit ihr kann er über alles reden. Das sei gut für den Kopf, sagt er. Halligalli sei nicht so sein Ding. Im letzten Jahr hat er seine Ausbildung bei der Bundespolizei abgeschlossen. Er habe also keinen existenziellen Druck, könne sich ganz auf das Hier und Jetzt konzentrieren.

So ein Angebot lehnt man nicht ab. Alexander Schüller über den Anruf von Francesco Friedrich

Keine Angst, aber „Grundanspannung”

Und dies bedeutet vor allem auf die olympischen Winterspiele in Peking, wo er im Viererbob als Anschieber ran darf. Die dortige Bobbahn sei gigantisch, sagt Schüller, aber Angst habe er vor seinen ersten Olympischen Spielen nicht: „Etwas nervös werde ich sein. Aber ich sage dazu Grundanspannung und die ist ja gesund.“ Und sollte es im chinesischen Eiskanal für das Bobteam Friedrich genauso gut laufen wie bei der vergangenen Weltmeisterschaft, dann wird auch die Zigarre „danach“ nicht fehlen.

Mehr Infos:

www.sv-halle.de

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