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Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt

Eine Seite Vernunft

Petra Köpping ist sächsische Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Als solche ist sie für die Demokratieförderung zuständig. Sie erklärt, warum eine Stimmabgabe bei der Bundestagswahl Kern der Mitbestimmung in der Demokratie ist.

Petra Köpping
Petra Köpping (SPD), geboren in Nordhausen, lebt heute in Grimma. Sie ist verheiratet und hat drei Kinder. Die Staatsrechtswissenschaftlerin war Bürgermeisterin von Großpösna, Landrätin, Kreisrätin und 2009 bis 2020 Abgeordnete im Sächsischen Landtag. © Sozialministerium Sachsen

Schimpfen ändert nichts, wählen tut es

Ja, Berlin ist von Leipzig aus gesehen weit weg und viele fragen sich, ob die Politik der Bundesregierung wirklich Einfluss auf das lokale Leben hat. Ich sage ausdrücklich: Das hat sie, wenn auch nicht unmittelbar. Deshalb ist es auch aus Sicht der Leipzigerinnen und Leipziger unerlässlich, bei der Bundestagswahl das Wahlrecht wahrzunehmen. Wahlen sind ein Kernbestandteil des demokratischen Systems der Bundesrepublik, das auf Mitbestimmung aller beruht. Ich sage das bewusst so pathetisch angesichts zunehmender Unzufriedenheit, wachsender gesellschaftlicher Gräben und sinkender Wahlbeteiligung. Schimpfen ändert nichts, wählen tut es durchaus.

Die Stimmabgabe ist die Möglichkeit, Zusammensetzung und den Kurs der künftigen Bundesregierung zu beeinflussen. Ich darf noch mal daran erinnern, dass viele ältere Leipzigerinnen und Leipziger in ihrem Leben bereits Wahlen als Farce erlebt haben, weil die Ergebnisse vorher feststanden. Wie spannend ist es dagegen in diesem Jahr, für welche künftige politische Richtung sich die Wählerinnen und Wähler entscheiden. Für viele dringend zu lösende Probleme wie die zunehmende soziale Kluft in der Gesellschaft,
den Klimawandel, die Energiewende, die Digitalisierung setzt Berlin den politischen Rahmen, in dem sich auch eine Stadt wie Leipzig mit ihren praktischen Maßnahmen nur bewegen kann.

Es ist ein Trugschluss, zu denken, weil Berlin weit weg sei, könne man mit seiner Stimme nichts bewegen und verbringe den Wahltag deshalb lieber im Grünen. Nein, auch Desinteresse oder Wahlmüdigkeit beeinflussen die Zusammensetzung des Bundestags. Die imaginäre Fraktion der Nichtwähler sitzt mit im Saal. Denn jede nichtabgegebene Stimme fehlt der „eigenen“
Partei
, der sie hätte zugedacht werden können. Sie begünstigt alle anderen Parteien, weil deren Gewicht dann größer wird. Je weniger Menschen wählen, desto niedriger auch die absolute Zahl der Stimmen, die den Sprung über die Fünfprozenthürde ermöglicht und damit zum Einzug in den Bundestag berechtigt. Zudem entsteht ein verzerrtes Meinungsbild, wenn manche Parteien einen Großteil ihrer Anhänger zur Wahl mobilisieren und andere nicht. Sollten aber Desinteresse oder Wahlmüdigkeit die Regierungsbildung beeinflussen, wäre das ein schlechtes Zeugnis für unsere demokratische Gesellschaft. Die Stimmabgabe ist
der Kern der Mitbestimmung. Es gibt keine Alternative zu freien Wahlen. Jede Stimme zählt und hat Einfluss.

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