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Slalomkanutin Andrea Herzog

Eine Frage der Einstellung

Wenn eine Sportlerin innerhalb weniger Monate WM-Gold holt, sich für die Olympischen Spiele qualifiziert und mit einem Einser-Abitur die Schule beendet – geht dann ein großer, genialer Plan auf?

Will immer 100 Prozent geben: Andrea Herzog © Phillip Reichenbach

Ende September 2019 sorgte die damals 19-jährige Andrea Herzog mit einem nahezu fehlerfreien Lauf im Canadier-Einer für eine kleine Sensation bei den Kanuslalom-Weltmeisterschaften. Im spanischen La Seu d’Urgell belohnte sie sich nicht nur mit der Goldmedaille, sondern löste zugleich als erste Leipziger Athletin das Ticket für die Olympischen Spiele. Noch heute wirkt sie überwältigt. „Planen kann man so einen Sieg nicht. Ich versuche, mich beständig weiterzuentwickeln, Fehler zu minimieren und von Rückschlägen zu lernen. Davor lag ich in der Leistungsklasse oft auf Platz 4 oder 5 – ich wusste, dass ich es besser kann. Zur WM ist mir ein sehr guter Lauf gelungen und andere haben ein paar kleine Fehler mehr gemacht“, erinnert sich die gebürtige Meißnerin.

Immer 100 Prozent

Anfang des Jahres folgte auf die Auszeichnung zur „Leipziger Sport- lerin des Jahres“ dann der nächste Ritterschlag. Im Rahmen des Neu- jahrsempfangs des Deutschen Olym- pischen Sportbunds wurde sie als „Eliteschülerin des Jahres 2019“ geehrt. Und so logisch und leicht, wie sie ihre sportlichen Erfolge analy- siert, schätzt sie auch ihren Abitur- schnitt von 1,1 am Sportgymnasium in Leipzig ein. Mit der ihr eigenen Gelassenheit klingt es schlüssig, dass erfolgreiche Sportler auch überdurchschnittlich in Schule und Beruf sind. „Das ist doch die Grundeinstellung als Spitzensportler: Ich will richtig gut sein. Was ich mache, das mache ich zu 100 Prozent.“ Selbst wenn sie erzählt, dass sie sich im Trainingslager 2019 in Australien für eine Geschichtsklausur in die Bibliothek zurückzog und ihr Trainer Felix Michel ihre Leistung drei Stunden überwachte, klingt es wie ein ganz normaler Schulalltag.

Studium oder Olympische Spiele

Ob sie das geplante Studium bald oder doch erst nach den auf 2021 verschobenen Olympischen Spielen beginnen wird, das entscheidet in den nächsten Monaten das Internationale Olympische Komitee. Andrea Herzog hat die Absage für 2020 begrüßt und die Zeit genutzt, um intensiv an persönlichen Schwachstellen zu arbeiten.

Ich fahre nie gegen andere – ich will immer nur zeigen, dass ich es drauf- habe. Andrea Herzog

„Als Sportler musst du positiv sein und lernen, dass es weitergeht. Dieses Jahr hat uns so viel gelehrt – und wenngleich Olympia das Größte für jeden Sportler ist, steht das Wohl sehr vieler Menschen im Mittelpunkt. Wenn die Olympischen Spiele stattfinden, dann sicher ganz anders. Wichtig ist, dass die Vorbereitung gerecht abläuft. Aktuell erarbeiten viele Stellen einen Plan B. Wir versuchen, das Beste daraus zu machen“, so die Athletin des Leipziger-Kanu-Clubs. Bis zur Entscheidung steigt sie bei Wettkämpfen ins Boot, wie bei der U23-Europameisterschaft in Krakau. Während sich andere fragen, ob sich diese Strapazen bei wenig Relevanz – es werden weder Ranglisten- noch Weltcup-Punkte vergeben – überhaupt lohnen, kann Andrea Herzog auch hier das Gute herausziehen. „Ich sehe es als Übung. Ich gehe davon aus, dass die strengen Regeln mit Maskenpflicht, Desinfektion und Abstand halten noch eine Weile gelten. Als Sportler bin ich beim Wettkampf im Tunnel und brauche meinen festen Ablauf. Ich möchte auch die ‚Corona-Regeln‘ trainieren, sodass sie zu Automatismen werden.“

Das Ziel: Der Perfekte Lauf

Für diese Art des Gleichmuts benötigen die meisten Menschen mehr als nur 20 Jahre Lebenserfahrung: Arbeite an den Dingen, die du ändern kannst, und akzeptiere, was du nicht ändern kannst. Wenn ein Mensch derart in sich ruht, dann kann er nur mit sich im Reinen sein. „Ich bin glücklich“, bestätigt die Athletin, die über Handball und Aikido zum Kanuslalom kam. „Ich habe eine tol- le Trainingsgruppe und ein cooles Umfeld. Ich bin privat glücklich und in meinem Sport erfolgreich. Ich wüsste wirklich nicht, was ich lieber machen würde. Das ist meine Zeit.“ Sehr zufrieden ist sie – und extrem hungrig. „Gold bei Olympia ist mein großes Ziel, doch es wäre nicht das Ende meines sportlichen Ehrgeizes. Ich möchte Spaß am Sport haben und den perfekten Lauf. Und dann die Reproduzierbarkeit, sodass ich ihn immer wieder abrufen kann.“

Es ist ein großer, genialer Plan, den die 20-Jährige verfolgt: Sei positiv, arbeite stetig an deiner Weiterentwicklung und sei dein einziger Maßstab. Und wenn du zu 100 Prozent bei der Sache bist, dann wirst du mit Zufriedenheit und Erfolgen belohnt.

Mehr Infos: www.leipziger-kc.de

5 Fragen an Zola Lewandowski

Mit ihr muss man rechnen: Zola Lewandowski vom Leipziger-Kanu-Club e. V. hat bei den Olympischen Jugendspielen in Buenos Aires (2018) Silber im Kanuslalom gewonnen. Für die heute 17-Jährige war das „definitiv der Höhepunkt in meiner bisherigen Karriere“.

Kanuslalom ist meine Sportart, weil ...

Zola Lewandowski: ... es eine sehr spannende Sportart ist und nie langweilig wird.

Wie fühlt es sich an, zu gewinnen?

Zola Lewandowski: Wenn ich einen Titel gewinne, dann mischt sich die Freude mit einer großen Entlastung und Erleichterung, da sich das harte Training ausgezahlt hat.

Welche drei Eigenschaften muss ein Spitzensportler mitbringen?

Zola Lewandowski: Für einen Spitzensportler zählen Ehrgeiz, eine hohe Belastbarkeit und ein gewisses Organisationstalent.

Hast du Vorbilder?

Zola Lewandowski: Nein, so direkt nicht. Allerdings bewundere ich gewisse Eigenschaften von einzelnen Sportlern.

Wie und wo entspannst du dich in Leipzig?

Zola Lewandowski: Entweder zu Hause bei meinen Katzen oder in einem der Parks oder an einem See zusammen mit meinen Freunden.

Mehr Infos: www.leipziger-kc.de

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