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Theater hilft, sich der Realität zu stellen

Ein Theater der Opferperspektive

Theater und soziales Engagement gehören für Marina Schubarth zusammen. Vielen ukrainischen Künstlern konnte die Berliner Theaterleiterin zur Flucht verhelfen. Derzeit ist sie als Gastprofessorin auch in Leipzig zu erleben.

Marina Schubarth
Marina Schubarth (links) bei der Ernennung zur Gastprofessorin durch Eva Inés Obergfell, Rektorin der Universität Leipzig © Dimo Rieß

Geschichten, Biografien, Opfer-Schicksale vor dem Vergessen zu bewahren, darum geht es Marina Schubarth in ihrer Arbeit. Die gebürtige Ukrainerin leitet das Dokumentartheater Berlin, das vielfach ausgezeichnet wurde, unter anderem 2018 für „Akte/NSU“ und vergangenes Jahr für „Babyn-Jar. Ein Requiem“ über das Massaker der deutschen Wehrmacht 1941 auf ukrainischem Boden.

Jetzt ist die Ukraine, das so oft geschundene und unterdrückte Land, erneut Opfer. Schubarth hat ihre guten Kontakte in die alte Heimat genutzt, um fast 60 Künstler aus den umkämpften Gebieten zu retten, nach Deutschland zu holen. Kunst und soziales Engagement gehören für die ehemalige Balletttänzerin zusammen.

Theater hilft, sich der Realität zu stellen

„Die ersten Monate habe ich gedacht, dass ich niemals wieder meinen Beruf ausüben könnte“, sagt Schubarth. Jetzt ist sie jedoch wieder aktiv. Sie nähert sich der Kriegsgegenwart über Tagebucheinträge an. Aus dem Material entsteht die Produktion „Ukraine in Flammen“, die im Januar in Leipzig zu sehen sein soll.

Denn dieses Semester wirkt Schubarth als Gastprofessorin am Centre of Competence for Theatre der Universität Leipzig unter dem Titel „Geschichte(n) unter Beschuss. Vernichtungskrieg und Dokumentartheater“. Sie sagt: „Was in der Realität so grauenvoll ist, dass es unsere Vorstellungskraft übersteigt, kann durch Theater so gezeigt werden, dass wir den Blick nicht abwenden und uns der Realität stellen können.“

Die ersten Kriegsmonate habe ich gedacht, dass ich niemals wieder meinen Beruf ausüben könnte. Marina Schubarth, Leiterin des Dokumentartheaters Berlin und Gastprofessorin am CCT Leipzig

„Der Krieg begleitet die Menschen jede Minute“

In Leipzig wird sie in einem Artist Talk am 21. Dezember zusammen mit der ukrainischen Regisseurin und Choreografin Vlada Belozerenko, die aus Kiew anreist, auftreten. Im November erzählte sie bereits im Rahmen der euro-scene vom Alltag in der Ukraine, schilderte eine Opernpremiere, deren letzte Arie von Fliegeralarm übertönt wurde.

„Der Krieg begleitet die Menschen jede Minute“, sagt Schubarth. „Künstler versuchen mit allen Kräften, die Kunst zu erhalten.“ Theater, wie sie es versteht, klingt wie ein Gegenentwurf zum Krieg: „Es soll Menschen zusammenbringen, dass ihre Herzen miteinander sprechen.“

Termine mit Marina Schubarth gibt das CCT auf der Website bekannt unter
cct.gko.uni-leipzig.de/kalender

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