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Premiere am 13. Mai

Der Tenor mit dem Anker

4.5.2023: Erstmals zeigt die Oper Leipzig Benjamin Brittens „Peter Grimes“ über eine Dorfgesellschaft an der rauen Küste. Die Titelpartie singt Brenden Gunnell – der selbst eine existenzielle Erfahrung mit dem Meer gemacht hat.

Brenden Gunnell
Macht eine gute Figur: Brenden Gunnell mit seinem selbst entworfenen Sakko © Kirsten Nijhof

Die Rolle verfolgt mich und ich verfolge sie“, sagt Brenden Gunnell über die Titelfigur in Benjamins Brittens Oper „Peter Grimes“. Dreimal hat er die Partie schon gesungen. Und sie hat ihn erst richtig zum Opernsänger gemacht, weil er eine Aufnahme mit Jon Vickers hörte.

„Das war das Stück, das mich am Konservatorium gepackt hat. Ich wusste: So eine Rolle will ich verkörpern. Und dann habe ich zehn Jahre daran gearbeitet.“ Auf Peter Pears hatte Britten die Komposition zugeschnitten. Später machte Vickers sie mit der Kraft des Heldentenors populär. „Ich finde, man muss beides können“, sagt Gunnell. „Das Träumerische, Poetische, Farbenreiche, das in der Musik liegt. Aber es ist auch schön, wenn man sich öffnen kann und die Seele förmlich herausschreit.“

In Brittens Musik erklingen die Wellen

Gunnell, in den USA aufgewachsen, zog es früh nach Europa. In perfektem Deutsch erzählt er von seinem ersten Engagement in Innsbruck. „Der Witz war: Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich kein Hochdeutsch spreche, sondern Tirolerisch.“

Die Alpen hat er längst hinter sich gelassen. Nicht nur sprachlich. Seine Wahlheimat zwischen den Engagements liegt in Sussex, England. „Ich gehe jeden Tag an den Strand“, sagt er. Dort hört er, was auch Britten hörte und in seine Kompositionen einfließen ließ: den Klang der Wellen. „Wenn Sturm ist, erklingt ein Interlude, wenn die Sonne scheint, ein anderes“, sagt Gunnell.

Peter Grimes? Die Rolle verfolgt mich und ich verfolge sie. Brenden Gunnell, Tenor

Im Sturm ruderte er um sein Leben

Seinen ersten England-Besuch bezeichnet er heute als Pilgerfahrt auf Brittens Spuren, zu dessen Wohnort Aldeburgh. „Ich durfte das Stück an dem Klavier einstudieren, an dem es Britten komponiert hatte. Das Stück steckt mir im Knochenmark“, sagt Gunnell, auf dessen Unterarm ein Anker-Tattoo prangt. Ein Bild, das mehr ist als Schmuck oder Liebesbekenntnis zum Meer.

„Ich hatte einen Bootsunfall in Schottland“, erzählt Gunnell. Der Motor fiel aus, Sturm und Ebbe zogen ihn aufs Meer und er ruderte acht Stunden um sein Leben. Erst in Sicherheit sah er den Anker im Bug. Gunnell: „Fünf Monate später habe ich meinen ersten ‚Grimes‘ gesungen. Auch dank dieser Partie konnte ich den Schrecken überwinden.“

Peter Grimes
Premiere: 13. Mai, 19 Uhr
www.oper-leipzig.de

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