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Klaus Tiefenbacher

Der Surf-Pionier

Klaus Tiefenbacher ist seit über 40 Jahren Windsurfer mit Hingabe und gilt in der Leipziger Szene als der Old-School-Surfer. Durch einen neuen Trend ist seine Leidenschaft neu entfacht.

Klaus Tiefenbacher
Nicht Geschwindigkeit, sondern Fahrspaß und -kunst stehen im Mittelpunkt: Klaus Tiefenbacher beim Wingfoilen © Surfshop24.de

Es ist windstill an diesem Herbsttag in Leipzig. Für Surfer ärgerlich, doch für ein Gespräch ganz praktisch. Denn dann ist Klaus Tiefenbacher nicht auf den Leipziger Seen, sondern in seinem Surf-Geschäft in Wachau anzutreffen. Einst wurden hier Fleisch- und Wurstwaren hergestellt, seit Beginn des Jahres hat der Surfshop24 auf 800 Quadratmetern hier sein neues Domizil. Überall im Laden hängen und stehen Surfbretter und Segel, Ausrüstung und Surfbekleidung. Während der Pandemie, berichtet der 54-Jährige, sei die Nachfrage nach Surf-Ausrüstung schlagartig gestiegen. Surfen – allein auf dem Wasser im Freien – war schließlich auch während des Lockdowns möglich. So entdeckten viele ihre Leidenschaft fürs Windsurfen (wieder).

Wind, Wasser und Sonne für Lebenskraft

Die entzündete sich bei dem Mann aus Giengen an der Brenz in der Schwäbischen Alb Anfang der 1980-er-Jahre, als Surfen als etwas Neues und Exotisches gerade erst aus den USA über den Atlantik schwappte. „Surfen war der erste Funsport, als es den Begriff noch gar nicht gab“, erzählt Tiefenbacher. Ab einem Alter von elf Jahren fuhr er mit seinem Vater an den Gardasee und nach Südfrankreich und lernte auf puristischen Brettern mit Holzgabelbäumen das Windsurfen. Vorher probierte er auch andere Sportarten aus. Durch das Surfen eröffnete sich für ihn eine neue Welt. „Das war eine völlig neue Lebenseinstellung, das klassische Hang Loose – immer locker bleiben“, sagt Tiefenbacher und spreizt Daumen und Zeigefinger zum Surfergruß. „Viele versuchen, das durch Yoga und Meditation zu erreichen. Für mich bedeutet es Freiheit, wenn ich auf dem Wasser bin. Das Spiel von Wind, Wasser und Sonne gibt einem so viel Lebenskraft.“
Nach Leipzig kam Tiefenbacher kurz nach der Wende. Nach seiner Banklehre warb ihn ein Gerüsthersteller ab und betraute ihn mit dem Vertrieb in den neuen Bundesländern. Plötzlich hantierte er als 23-Jähriger mit hohen Millionenbeträgen, weil der Bauboom im Osten einsetzte und ihm die Bauunternehmer die Gerüste aus den Händen rissen. Unter einer Million D-Mark verkaufte er keine Charge Gerüstteile.

Damals lernte Tiefenbacher die kleine Leipziger Surfszene kennen. „Es gab hier schon zu DDR-Zeiten Surfer, die hatten ihre 20 Kilogramm schweren Bretter selbst gebaut und Segel selbst genäht“, berichtet er. Der Cospudener See, der damals noch geflutet wurde, wurde Mitte der 1990er ihr Revier. Erstaunt stellte er fest, dass in der Leipziger Tieflandsbucht fast jeden Tag ein bisschen Wind wehte. Dazu nahmen die Planungen für Leipzigs Seenlandschaft Fahrt auf. Da er stets das neueste Material hatte und ohnehin zum Ansprechpartner in der Szene wurde, machte der Surf-Pionier sein Hobby zum Beruf. 2000 eröffnete er nebenberuflich seinen ersten Shop in der Jahnallee, dann zog er an den Hafen am Cospudener See.

Für mich bedeutet es Freiheit, wenn ich auf dem Wasser bin. Klaus Tiefenbacher

Ab Windstärke 5 ist geschlossen

Durch seine Scheidung machte er einen Cut im Leben und wurde 2005 hauptberuflich Surf-Unternehmer. 2008 gründete er den Vorläufer des Surfshops24. Nun brummt das Geschäft. „Ich merke, dass wir gerade eine Größe erreichen, bei der ich weniger aufs Wasser komme. Mein Ziel ist aber, dass ich ab vier Windstärken draußen bin“, sagt er in schwäbischem Dialekt. Ab fünf Windstärken ist das Geschäft ganz geschlossen, dann sind alle Mitarbeiter und potenziellen Kunden ohnehin surfen. Tiefenbacher zieht es nach wie vor an den „Cossi“, viele jüngere Leipziger Surfer an den Zwenkauer See. 50 bis 100 Tage im Jahr verbringt er auf dem Wasser, auch auf der Ostsee, wenn er etwa gemeinsam mit dem Deutschen Meister und Weltmeister Vincent Langer Privatkurse gibt.

Neuer Trend: Wingfoilen

Seit Kurzem ist Klaus Tiefenbachers Surf-Leidenschaft nach über 40 Jahren noch einmal neu entflammt. Der Old-School-Windsurfer betreibt aktuell mit Vorliebe das sogenannte Wingfoilen. Durch einen Hydrofoil, einen gewölbten Tragflügel unter dem Board, wird das Brett wie ein Flugzeug angehoben und ragt aus dem Wasser heraus. Dazu kommt ein Segel, das man ohne Mast oder Leinen in den Händen hält. „Das ist wie ein Schwebezustand im Wasser, ohne die Querkräfte des Windsurfens, etwas komplett Neues“, schwärmt Tiefenbacher. Nun müssen nur noch die Herbstwinde wehen, denn Surfen ist für Tiefenbacher und Co. ein Ganzjahressport.

Mehr Infos unter
www.surfshop24.de

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