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"Eine Frage der Chemie" von Bonnie Garmus

„Haben Sie keine Angst vor Experimenten."

„Damals, im Jahr 1961, als Frauen Hemdblusenkleider trugen und Gartenvereinen beitraten und zahllose Kinder bedenkenlos in Autos ohne Sicherheitsgurte herumkutschierten; damals, bevor überhaupt jemand ahnte, dass es eine 68er-Bewegung geben würde, und erst recht nicht eine, von der ihre Teilnehmer die folgenden sechzig Jahre erzählen würden; damals, als die großen Kriege vorbei waren und die geheimen Kriege gerade begonnen hatten und die Menschen allmählich anfingen, neu zu denken und zu glauben, alles wäre möglich, stand die dreißigjährige Mutter von Madeline Zott jeden Morgen vor Tagesanbruch auf und war sich nur einer Sache ganz sicher: Ihr Leben war vorbei. Trotz dieser Gewissheit begab sie sich ins Labor um den Brunch für ihre Tochter einzupacken.“ So beginnt der hinreißende Roman Eine Frage der Chemie über Elizabeth Zott, eine hinreißende junge Chemikerin und alleinerziehende Mutter .

In einem südkalifornischen Forschungsinstitut begegnet Elizabeth dem brillianten Nobelpreiskandi- daten Calvin Evans und gerät mit ihm aneinander - wegen Bechergläsern Calvin verliebt sich spontan in ihren Verstand, braucht aber eine Woche, um Elisabeth unter den dreitausend Mitarbeitern des Instituts wiederzufinden. Elisabeth erwidert seine Gefühle zunächst nicht, sie braucht ihre Kraft, um sich in dieser Männergesellschaft zu behaupten und um das sein zu dürfen, was für Männer selbst- verständlich ist: berufstätig. Calvin und Elisabeth verstehen sich schließlich blind. Eine herzergreifende Liebesgeschichte beginnt und findet ein jähes Ende, als Calvin einem Herzinfarkt erliegt. Jetzt rächt sich, dass Elisabeth Calvins Heiratsantrag abgelehnt hat: sie ist ungewollt schwanger geworden, verliert ihren Job, ihre Freunde und muss hinnehmen, dass ihr Chef ihre Forschungen unter seinem Namen veröffentlicht. Elizabeth pariert die permanenten Demütigungen mit Vernunft und Rationalität und macht ihre Küche zum Labor. Ex-Kollegen müssen jetzt zahlen, wenn sie ihre Hilfe in Anspruch nehmen.

Dann trifft Elizabeth den verkrachten Fernsehproduzenten Walter Pine, der eine Hauptdarstellerin für seine billig produzierte Koch-Show sucht. Elisabeth ist attraktiv und kann kochen - aber sie lehnt es ab, in hautengen Tailleurs aufzutreten. Sie möchte ihren Laborkittel tragen, denn für sie handelt „Essen um sechs“ nicht vom Kochen, sondern von Chemie und Veränderung. Als TV-Star wird sie zwar nicht glücklich, aber sie verdient gutes Geld und kann ihre Zuschauerinnen ermutigen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen: „Verändern Sie nicht bloß den Speiseplan, sondern Ihre Rolle in der Welt!“ Doch das gefällt nicht allen... :

Elisabeth Zott ist eine witzige, rebellische Frau, die in die falsche Zeit hineingeboren und gerade deshalb zeitgemäß ist. Bonnie Garmus verhandelt Themen, die heute noch aktuell sind. Es geht um Anerkennung und Gleichberechtigung, um Sexismus und Mutterschaft und um die Frage, wie frau ein selbstbestimmtes Leben führt. „Eine Frage der Chemie“ von Elizabeth Zott ist eine hinreißende und überraschende Geschichte, die man in einem Rutsch verschlingt!

Bonnie Garmus: "Eine Frage der Chemie" | Piper Verlag | 2022 Aus dem Englischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann ISBN: 978-3-492-07109-3 | Hardcover | 464 Seiten | 22 €

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