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  • Interviews
Gespräch mit Klaus Petermann von der Lene-Voigt-Gesellschaft e.V.

Den größten Preis nehmen alle mit nach Hause

Klaus Petermann von der Lene-Voigt-Gesellschaft e.V. hat einiges zu erzählen © Lene-Voigt-Gesellschaft e.V.

Es ist zum Haareausraufen: Unsere schöne vielfältige sächsische Sprache kommt immer mehr unter die Räder, wird von dummdödeligen Comedians in den Dreck gezogen und von Unwissenden verballhornt. Dabei gehört Sprache zur Identität – und wenn wir die Sprache diskriminieren und verregeln, berauben wir Menschen ihrer Wurzeln. Die große deutsche Dichterin Lene Voigt wusste manch Verslein davon zu schreiben.

Nun gibt es in Leipzig seit 25! Jahren ein Gaggaudebbchen zu bestaunen, welches es schafft, Begeisterung bei jungen Menschen auszulösen. Denn immer, wenn das Leid am größten ist, beginnen sich kleine Graswurzelbeweger subversiv aufzulehnen. Klaus Petermann erläuterte Ahoi-Redakteur Volly Tanner, um was es geht:  

Ahoi: Guten Tag, Klaus Petermann. Du suchst mit Deinen Mitstreitenden der Lene-Voigt-Gesellschaft e.V. gerade Kinder und Jugendliche fürs Gaggaudebbchen. Was ist denn ein Gaggaudebbchen und was ist dieses Gaggaudebbchen, für das Du junge Menschen suchst?

Klaus Petermann: Im Jahr 1999 startete die Lene-Voigt-Gesellschaft e.V. ihren erfolgreichen Kinder- und Jugendrezitationswettbewerb „Gaggaudebbchen“.  Als Pendant zum Wettbewerb für die „Großen“ (also „De Gaffeeganne“) wetteiferten nunmehr Schüler und manchmal auch Vorschulkinder ums Gaggaudebbchen und brachten Texte von Lene Voigt auf die Bühne. Schon bald etablierte sich unser Wettbewerb zu einem großartigen Ereignis rund um die Dichtkunst von Lene Voigt und ist bis heute Beweis für die Beliebtheit unserer Mundart und der großen Bekanntheit von Lene Voigt. Gemeinsam mit Schulen, Lehrern, Eltern, den Schülern, Sponsoren und unseren Mitgliedern ist es uns gelungen, diese Tradition aufzubauen und fortzusetzen. All dies natürlich ehrenamtlich, so wie es dem Anspruch unseres Vereins, der Lene-Voigt-Gesellschaft e.V., entspricht. Viel Arbeit, Fleiß, Engagement und Freizeit bringen wir ein, um jedes Jahr ein erfolgreiches „Gaggaudebbchen“ auf die Bühne zu bringen. Der größte Lohn für uns sind die Kinder auf der Bühne, die mutig ihre Darbietungen vortrugen und stolz ihr „Siegerdäbbchen“ entgegennahmen. Natürlich wurden und werden immer alle Teilnehmer gewürdigt und erhalten kleine Geschenke. Zusammengefasst heißt dies nun: die Teilnehmer wetteifern ums „Gaggaudebbchen“ also auf hochdeutsch um eine Tasse für Kakao, eben ein Kakaotöpfchen.

Ahoi: Und wofür brauchst Du die jungen Leute? Was können oder sollen sie konkret tun?

Klaus Petermann: Schon von Anfang an waren die jungen Leute begeistert von unserem Wettbewerb, probten Texte und kleine Spielszenen, entwarfen Kostüme und allerlei Utensilien für ihre Präsentation. Teilweise wurden auch Vorentscheide gemacht, da sich sehr viele Schüler angemeldet hatten. Bei allem Spaß gibt es auch einen ernsteren Hintergrund, nämlich die Beschäftigung mit Lene Voigt, einer hervorragenden deutschen Dichterin und dem sächsischen Dialekt, einem wichtigen Kulturgut.

Ahoi: Wo findet denn die Veranstaltung zum Gaggaudebbchen dann statt? Und wo? Und kostet es Eintritt?

Klaus Petermann: Unser sächsischer Mundart-Wettbewerb findet am 28. Mai, 15.00 Uhr, im Kabarett-Theater SANFTWUT, 04109 Leipzig, Grimmaische Str. 2-4 statt. Der Eintritt ist frei. Über Spenden freuen wir uns natürlich sehr, da diese Veranstaltung aus Geldern der Lene-Voigt-Gesellschaft e.V. finanziert wird, unterstützt werden wir auch von Sponsoren, vor allem bei den Präsenten für die Teilnehmer.

Ahoi: Ich hörte von einem Siegerdebbchen. Oder gibt es mehrere? Was ist das denn und wo kommt es her?

Klaus Petermann: Es gibt „Siegerdebbchen“ für die drei Erstplatzierten, naja und das ist oft sehr schwierig, da die Teilnehmer ja oft von 6 bis 14 Jahre alt sind. Unsere Jury leistet da immer Großartiges. Aber den größten Preis nehmen natürlich alle mit nach Hause, nämlich einmal auf der Theaterbühne des Kabarett- Theaters „Sanftwut“ zu stehen und ein großes Publikum zu begeistern. Alle „Debbchen“ sind Unikate und werden hergestellt von Carola Mocker - http://camolita.de/herzlich-willkommen/.

Ahoi: Für den Wettbewerb gibt es ein Textheftchen extra für Minis „Lene für Gleene“. Wie kommt man an dieses heran? Und ihr seid auch an Schulen, hörte ich. Was macht ihr dort?

Klaus Petermann: „Lene für Gleene“ haben wir im letzten Jahr erstmals als Heftchen drucken lassen und so die Lehrer, Eltern und Schüler bei der Textauswahl unterstützt. In diesem Jahr ist unser Heftchen etwas umfangreicher geworden und bietet nunmehr auch die Verbindung zu unserer Homepage. Dort können zahlreiche Texte auch gehört werden, so dass sich jeder einen ersten Eindruck vom gesprochenen Sächsisch machen kann. „Lene für Gleene“ kann direkt bei der Lene-Voigt-Gesellschaft e.V. bestellt werden und ist kostenlos. Für das nächste Jahr planen wir ein gebundenes Buch „Lene für Gleene“, welches wir dann auch als Leseexemplare den Schulen zur Verfügung stellen wollen. Gern sind wir auch an Schulen unterwegs und präsentieren Lene Voigt, ihre Dichtkunst und jede Menge Informationen zu unserem wunderbaren Dialekt.

Ahoi: Jede Region hat ihre eigene Sprache - weltweit und auch hier bei uns. Das Sächsische verbindet Menschen und kündet von Heimat. Sprache heißt eben auch Zusammengehörigkeitsgefühl und Verständnis. Wer das Sächsische verunglimpft, verunglimpft auch die Menschen, die es sprechen. Ja, er diskriminiert. Dabei ist Sprache immer in Bewegung. Und erhaltenswert. Was könnt Ihr von der Lene-Voigt-Gesellschaft tun, damit Respekt und Achtsamkeit auch dem Sächsischen gegenüber erhalten bleiben? Wir sind ja nicht alle Walter Ulbricht!

Klaus Petermann: In zahlreichen Veranstaltungen, wie zum Beispiel auch bei der Sächsischen Lesebühne, wollen wir unseren Dialekt in seiner Schönheit und sprachlichen Vielfalt präsentieren, ihn als Kulturgut darstellen und uns etwas vom vielfach gehörten und gesehenen Klamauk distanzieren. Die Dichtung von Lene Voigt verdient große Wertschätzung, sowohl in ihrer literarischen als auch in ihrer historisch-gesellschaftlichen Bedeutung. Wir sollten ernster und sorgsamer mit ihrem Werk umgehen, mit angemessener Demut und literarischem Feingefühl ihre Werke interpretieren und rezitieren. Somit geben wir Lene Voigt den ihr gebührenden Platz in der Riege deutscher Dichter.

Ahoi: Danke für Deine Zeit und Deine Antworten, Klaus. Un nu: weidrmachn!

Klaus Petermann: Besten Dank un isch mache weidr!!

Weitere Infos zur Lene-Voigt-Gesellschaft e.V. unter: http://www.lene-voigt-gesellschaft.de/2023/unsere-neue-homepage/

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